Velbert. Angriffe auf Politikerinnen und Politiker haben in jüngster Zeit aufhorchen lassen. Wie läuft der Wahlkampf in Velbert? Wir haben uns umgehört.

Plakate, Diskussionsrunden, Infostände: Seit einigen Tagen schon läuft der Wahlkampf für die anstehende Europawahl auf Hochtouren. Wer will, kann bereits jetzt per Briefwahl die Stimme abgeben, die Mitteilungen sind längst verschickt. Und die Stadt sucht weiter freiwillige Helferinnen und Helfer für den Tag der Abstimmung (siehe Infobox).

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Anders als etwa bei kommunalen Entscheidungen gibt es bei einer Europawahl keine Wahlkreise. Die einzelnen Kandidatinnen und Kandidaten für die insgesamt 96 Sitze, die Deutschland zustehen, stehen dementsprechend für ein recht großes Gebiet, sind zudem oft außerhalb der Parteien selbst kaum bekannt.

Den eigentlichen Wahlkampf vor Ort übernehmen die Stadtverbände

Daher fällt die Aufgabe des Wahlkampfes vor Ort auch den entsprechenden Stadtverbänden der Parteien zu. Die bekommen „natürlich“ Unterstützung durch die jeweilige Bundespartei, berichtet zum Beispiel Nico Schmidt, Stadtverbandsvorsitzender der CDU. „Die großen Plakate, Wesselmänner genannt, stellen wir nicht selber auf, da geben wir nur die Standorte durch.“

Um den Rest kümmern sich die Langenberger, Nevigeser und Velberter Mitglieder der Christdemokraten. „Dazu gehört auch, dass wir uns inhaltlich vorbereiten“, sagt Nico Schmidt. Dazu gebe es reichlich Material zum Durcharbeiten. „Das gehört nun mal dazu. Wenn wir am Stand stehen, müssen wir argumentieren können.“

Die Kandidatin für den Velberter Raum, Miriam Viehmann, bekommt die CDU vor Ort weniger zu Gesicht. „Ihr Gebiet ist aber auch riesig“, sagt Nico Schmidt. Sie wohne in Düsseldorf, sei aber vom Bergischen Land bis ins Rheinland hinein wählbar. „Wir können aber an Webinaren mit den jeweiligen Kandidatinnen und Kandidaten teilnehmen bzw. diese Angebote später online abrufen.“ Insgesamt, so sein Fazit, „fühlen wir uns ausreichend unterstützt“.

Grüne sehen sich Anfeindungen ausgesetzt

Ähnlich sieht es bei den Grünen aus, sagt Georg Greshake aus dem lokalen Parteivorstand. Auch hier gebe es ausreichend Möglichkeiten, sich inhaltlich zu informieren. Was der Langenberger aber besonders betont: „Die Grünen sind momentan der Lieblingsfeind vieler Leute. Deswegen haben wir auch die Möglichkeit, an Deeskalationsseminaren teilzunehmen.“

Beschädigte Wahlplakate sind ärgerlich, aber noch vergleichsweise harmlos. Der Velberter Grünen-Politiker Georg Greshake beklagt zunehmende Aggressivität gegenüber Politikern.
Beschädigte Wahlplakate sind ärgerlich, aber noch vergleichsweise harmlos. Der Velberter Grünen-Politiker Georg Greshake beklagt zunehmende Aggressivität gegenüber Politikern. © Grüne Velbert | Grüne Velbert

Es sei nicht einfach, Wahlkampf vor Ort, etwa am Stand in der Fußgängerzone, zu machen. „Zum Glück ist bislang noch niemand von uns körperlich angegangen worden. Aber die Beschimpfungen und Beleidigungen, die wir uns teilweise anhören müssen, sind schon heftig.“

Er habe durchaus bemerkt, dass die Aggressivität zugenommen habe. „Aber das betrifft nicht nur uns.“ Dabei seien es nur rund drei oder vier Prozent der Leute, die ausfallend werden, sagt Georg Greshake. „Aber die treffen einen schon damit. Das müssen wir aufarbeiten - und das tun wir auch.“

„Wir brauchen Zuversicht“

Andererseits, auch das möchte der Grünen-Politiker betonen, „gibt es jede Menge tolle Gespräche. Auch wenn die Leute gegensätzliche Ansichten haben. Ich habe das Gefühl, dass ein großer Teil sich einfach mal austauschen möchte.“ Er selbst bleibe dabei immer optimistisch: „Wir brauchen - etwa wenn es um den Klimawandel geht - Zuversicht und müssen die auch vermitteln.“

Schwarzmalerei findet der Langenberger „nicht in Ordnung und unfair gegenüber der jüngeren Generation. Wenn wir wollen, dass die wählen gehen, dann dürfen sie keine Zukunftsängste haben.“ Er sei sich sicher: „Wenn wir auch nur ein wenig bewegen können, dann sollten wir das tun. Ich bin zuversichtlich und genau deswegen mache ich Wahlkampf für Europa.“

SPD setzt auf Gespräche, weniger auf Plakate

Matthias Gohr ist Parteivorsitzender der SPD Velbert. Auch er ist gerade mitten im Wahlkampfstress.
Matthias Gohr ist Parteivorsitzender der SPD Velbert. Auch er ist gerade mitten im Wahlkampfstress. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Auch die Sozialdemokraten können sich aus „einem großen Portfolio“ bedienen, das die Bundespartei an Material für den Wahlkampf zur Verfügung stellt, sagt Matthias Gohr. Er ist Vorsitzender des Ortsvereins Velbert. „Wir verfahren allerdings nach dem Motto ‚weniger ist mehr‘“, fährt er fort. „Ich glaube, die Bürger wären überfrachtet, wenn sie nur noch rote Plakate zu sehen bekommen.“

Dazu kommen die Ehrenamtlichen: „Seit dem Europafest Anfang Mai sind wir an jedem Samstag im Stadtgebiet präsent.“ Wahlkampf auf der Straße also, ganz klassisch, wie die anderen auch. Die Vorfälle in Dresden und Essen, sagt Matthias Gohr, habe man natürlich auch in Velbert diskutiert und besprochen.

„Aber persönlich angegangen worden sind wir hier nicht.“ Es habe aber Sachbeschädigung an Plakaten gegeben, „die bringen wir auch zur Anzeige. Das finde ich verwerflich und das ist auch kein Jugendstreich.“ Doch auch er hat festgestellt, ähnlich wie Georg Greshake, dass sich Gespräche lohnen. „Oft fangen wir ganz weit weg voneinander an, inhaltlich. Aber je mehr wir reden, desto mehr nähern wir uns an.“

Stadt sucht Wahlhelferinnen und -helfer

Für die Europawahl am Sonntag, 9. Juni, sucht die Stadt Velbert Wahlhelferinnen und -helfer. Die ehrenamtliche Tätigkeit kann von jeder Person übernommen werden, die zum Zeitpunkt der Europawahl mindestens 16 Jahre alt ist und die deutsche Staatsangehörigkeit oder die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedsstaates der EU besitzt. Wohnort sollte idealerweise Velbert sein.

Jeder Interessierte kann sich online anmelden: https://inforeg.velbert.de/olav/wahlhelfer?mbom=1 oder auch bei Alexander Hemsing vom Projektteam Wahlen: wahlhelfer@velbert.de oder 02051 26-2566.

Die Helferinnen und Helfer treffen sich am Wahltag um 7.30 Uhr im jeweiligen Wahlraum. Die Wahl dauert von 8 bis 18 Uhr, wobei die Helfenden entweder eine Schicht von 8 bis 13 Uhr oder von 13 bis 18 Uhr übernehmen. Im Anschluss erfolgt ab 18 Uhr die Ergebnisermittlung. Als Dank gibt es ein sogenanntes Erfrischungsgeld in Höhe von 25 Euro.