Velbert. Dass der Ordnungsdienst Peter Kranz einen Platzverweis erteilt hat, kann niemand nachvollziehen. Weitere Betroffene meldet sich.
Ein 75-jähriger Rentner, der friedlich auf einer Bank sitzend seinen Kaffee trinkt und dann von zwei Mitarbeitern des Velberter Ordnungsamtes mit Platzverweis von dort vertrieben wird: Diese in der vergangenen Woche in der WAZ veröffentlichte Geschichte hat viele Leser-Reaktionen (eine Auswahl davon ist am Ende dieses Textes zu finden) hervorgerufen – und ist kein Einzelfall.
Das hat der Velberter Rentner Peter Kranz erlebt
Es war für Peter Kranz ein liebgewonnenes Ritual, seit der Platz am Weißen Stein an der oberen Friedrichstraße im vergangenen Jahr umgestaltet wurde: Nach dem Einkauf im nahen Supermarkt setzte sich der 75-Jährige, der früher für eine Krankenkasse gearbeitet hat, auf eine der Bänke in der Anlage, um dort vor dem Heimweg nach Birth unter freiem Himmel und an der frischen Luft noch einen Kaffee zu trinken.
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So auch am 6. März gegen 17 Uhr. „Es waren keine Kinder auf dem angrenzenden Spielplatz und ich saß ganz entspannt auf der Bank. Plötzlich kamen zwei Mitarbeiter des Ordnungsdienstes zielgerichtet auf mich zu und forderten mich auf, aufzustehen und den Platz zu verlassen.“ Peter Kranz verstand die Welt nicht mehr: „Ich habe aus meiner Sicht nichts Verbotenes getan, nicht geraucht, keinen Alkohol getrunken, keine Kinder angesprochen.“
Darf man nur als Begleitperson von Kindern auf der Bank sitzen? Laut Velberter KOD ja
Die Mitarbeiter des Kommunalen Ordnungsdienstes (KOD) hätten ihm recht barsch erklärt, so berichtet es Kranz, dass er sich an dem Spielplatz nur als Begleitperson eines Kindes unter 14 Jahren aufhalten dürfe, sonst nicht. Als er nicht sofort aufgestanden sei, seien die KOD-Mitarbeiter näher gekommen: „Das habe ich als bedrohlich empfunden“, so der Betroffene, der selbst einen schwerstbehinderten – mittlerweile erwachsenen – Sohn hat.
Platz in Velbert soll „Aufenthaltsqualität für verschiedene Gruppen bieten“
„Ich habe das nicht verstehen können, weil bei der Neueröffnung des Spielplatzes immer die Rede davon war, dass es ein Aufenthaltsort für alle Generationen sein soll.“ Und in der Tat: Nachzulesen in der WAZ vom 9. Mai 2023 wird Dennis Schieferstein von den Technischen Betrieben Velbert (TBV) zitiert, dass der neue Platz „Aufenthaltsqualität für verschiedene Gruppen bieten“ solle – „zum einen natürlich für Kinder, die aber mit ihren Eltern beim Innenstadtbesuch hier meist nur kurz verweilen würden, dann aber auch für Velberter, die in den umliegenden Firmen arbeiteten und den Platz zum frische Luft schnappen und essen in der Mittagspause benutzen würden“.
Und auch in einer Ausschuss-Vorlage der Stadtverwaltung ist nachzulesen: „Neben ihrer Funktion als Spielplatz erfüllt die Anlage auch den Zweck einer Freifläche zum Aufenthalt in der sonst dicht bebauten Umgebung.“
Velberter fühlte sich „wie einen Verbrecher“ behandelt
„Die Ordnungsdienst-Mitarbeiter haben hingegen stur darauf beharrt, dass das nicht erlaubt wäre und auf die Spielplatzsatzung und Straßenverordnung der Stadt verwiesen“, so Peter Kranz. „Ich habe ja aber überhaupt nicht auf dem Spielplatz gesessen, sondern laut Beschilderung dahinter. An dem Ort, der doch genau dafür gedacht sein soll.“ Am Ende habe er sich wie ein Verbrecher gefühlt, als er begleitet von den KOD-Mitarbeitern den Platz habe verlassen müssen – „obwohl ich nichts Schlimmes getan habe“.
Eine Mail, die er im Anschluss an die Stadt geschickt habe, sei einfach nicht beantwortet worden.
Als sich die WAZ einschaltet, antwortet die Stadt indes zeitnah: „Wir bedauern sehr, dass es zu diesem Vorfall auf dem Spielplatz am Weißen Stein gekommen ist. Die Aussage von Herrn Schieferstein, dass der Spielplatz eine Aufenthaltsqualität für verschiedene Gruppen bieten soll, ist natürlich weiterhin gültig“, heißt es aus der Pressestelle des Rathauses.
Stadt Velbert entschuldigt sich für „unangebrachte Reaktion“ des Ordnungsdienstes
In der Vergangenheit sei es auf dem Spielplatz am Weißen Stein zu unangenehmen Situationen mit alkoholisierten Personen gekommen, die die Sicherheit der Kinder, für die der Spielplatz primär gedacht sei, gefährdet hätten. Der KOD habe seitdem verstärkt darauf geachtet, dass der Spielplatz nur noch von Kindern bis 14 Jahren und deren Begleitungen besucht werde. „Gefährliche Situationen für die Kinder sollten damit vermieden werden“, so Pressereferentin Pia Meißner, die dann aber auch klar sagt: „Ein 75 Jahre alter Mann, der auf einer Bank sitzt und einen Kaffee trinkt, birgt natürlich keinerlei Gefahr für die Kinder. Die Reaktion der Mitarbeitenden war unangebracht und der Kommunale Ordnungsdienst wird sich bei Herrn Kranz für das unschöne Erlebnis entschuldigen.“ Natürlich dürfe der Betroffene auch in Zukunft seinen Kaffee auf der Bank sitzend trinken.
Update: Viele Reaktionen und eine weitere betroffene Velberterin
Die WAZ-Berichterstattung über das, was Peter Kranz erlebt hat, hat zahlreiche Reaktionen hervorgerufen – unter anderem auf Facebook. „Sehr unschön“, schreibt dort beispielsweise Gerd Schlenther. Das Ordnungsamt solle lieber öfter mal am ZOB kontrollieren. Dort seien gerade abends oft Personen unterwegs, die stark alkoholisiert Passanten und Menschen, die auf ihren Bus warten, anpöbeln würden.
„Unfassbar“, findet Kerstin Roth das KOD-Verhalten. „Da gibt es in Velbert ja wohl wichtigere Dinge zu ahnden.“ Etwas differenzierter sieht es Sarah Eithoff: „Die Rentner an dem Spielplatz stören mich nie, aber die Jugendlichen, die alles vollmüllen, schon eher, da dürfte das Ordnungsamt gern mal was gegen machen.“
Und: Eine weitere Betroffene hat sich in der Reaktion gemeldet: „Mir ist das fast 1:1 passiert“, sagt sie - immer noch aufgelöst vom Erlebten. „Das war eine ganz schreckliche Situation, die ich so nicht noch einmal erleben möchte.“ Auch sie hofft nun auf eine Entschuldigung seitens der Stadt Velbert.