Velbert. Das NRW-Gesundheitsministerium sieht offenkundig aktuell keinen Bedarf für eine solche Einrichtung in Velbert. Das Krankenhaus protestiert.
Das Helios Klinikum Niederberg kämpft wieder um seine Frühchen-Versorgung. Als einziges Krankenhaus im Kreis Mettmann verfügt das Velberter Krankenhaus neben der Geburtshilfe über eine Kinderklinik mit perinatalem Schwerpunkt. Jetzt droht der Klinik eine Aberkennung des Versorgungsauftrags für Risikoschwangere und Frühgeborene (Level III).
Velbert mit der höchsten Geburtenzahl im Kreis Mettmann
Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales in NRW sieht offenkundig aktuell keinen Bedarf für die frühgeburtliche Versorgung im Kreisgebiet mit knapp 500.000 Einwohnern – das verdeutliche, so teilt die Klinik mit, der Ende Dezember zugestellte Feststellungsbescheid, der vorbehaltlich der Entwicklung in den anderen Regionen erteilt wurde. Hier ist Velbert die Stadt mit der höchsten Geburtenzahl im Kreis Mettmann, in dem das Helios Klinikum Niederberg die größte Geburtshilfe sowie die einzige perinatale Schwerpunktversorgung vorhält.
Das sagt das Ministerium
Das Ministerium erklärt dazu, dass im Vergleich zu anderen Krankenhäusern, die diese Leistungen anbieten, das Klinikum nach den Festlegungen des Krankenhausplanes weniger geeignet sei, die Leistungen durchzuführen. Daher habe es im Rahmen der Auswahlentscheidung keinen Versorgungsauftrag erhalten. „Im Übrigen ist im naheliegenden Helios-Universitätsklinikum Wuppertal ein Angebot mit perinatalem Schwerpunkt und Perinatalzentrum Level 1 und 2, sodass hier eine umfassende hoch spezialisierte Versorgung für diese wichtige Patientengruppe Frühgeborene vorhanden ist.“ Die Versorgung von Frühgeborenen sei eine hoch spezialisierte Versorgung, die in herausragender Qualität angeboten werden muss. Hierzu sei eine hohe Expertise vonnöten, die – wie in der Spitzenmedizin üblich – nur durch eine entsprechend hohe Zahl behandelter Patientinnen und Patienten gewährleistet werden könne, daher die Notwendigkeit der Konzentration.
Kampf gegen die Schließung schon 2020
Bereits im Jahr 2020 sollte die Neonatologie am Klinikum geschlossen werden. Damals hatte es eine breite Protestbewegung und Unterschriftenaktion gegeben. Die Stadtspitze und die Velberter CDU-Ratsfraktion intervenierte bei NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU), ebenso wie der christdemokratische Landtagsabgeordnete MartinSträßer. Schließlich blieb die Einrichtung erhalten.
Adrian Borner, Geschäftsführer des Helios Klinikums Niederberg, warnt nun vor den Folgen der jüngsten Entscheidung aus Düsseldorf: „Dies würde bedeuten, dass wir in Velbert künftig keine Frühgeborenen und Risikoschwangerschaften mehr versorgen dürfen und dadurch gezwungen wären, die Neugeborenen-Intensivstation zu schließen. Leidtragende wären ausgerechnet diejenigen Schwangeren, die unsere Fürsorge am meisten brauchen.“
„Ernsthafte Bedrohung für die Kinderklinik“
Borner sieht darin auch eine ernsthafte Bedrohung für die Kinderklinik am Standort. Zu dieser Einschätzung kommt auch der Kreis Mettmann in einer Stellungnahme: Dem Helios Klinikum Niederberg den Status des perinatalen Schwerpunkts zu entziehen, würde auch die Existenz der einzigen Kinderklinik im Kreis Mettmann drastisch beeinflussen und wäre wenig zielführend, heißt es. Ferner hebt der Kreis hervor, dass die enge Verknüpfung der Leistungsbereiche Pädiatrie, Geburtshilfe und frühgeburtliche Versorgung bei der Planung dringend berücksichtigt werden müsse, um eine plausible und bedarfsgerechte Versorgung zu gewährleisten und weist auf eine drohende Unterversorgung durch längere Weg- und Transportzeiten hin.
Schwächung der Angebote für Geburtshilfe befürchtet
Dabei erfülle das Helios Klinikum alle erforderlichen Qualitätskriterien und verfüge über eine etablierte Struktur, die von den Einwohnern im Kreis geschätzt wird. Borner: „Die vorläufige Nichtzuweisung könnte gravierende und möglicherweise irreversible Effekte auf die Patientenversorgung und das hochqualifizierte Personal haben.“
Denn: Stehen nicht mehr die für einen perinatalen Schwerpunkt erforderlichen Strukturen zur Verfügung, wenden sich zuerst die mobilen Patientinnen anderen Einrichtungen zu. Zugleich wendet sich spezialisiertes Personal aus fachlicher Sicht attraktiveren Standorten zu. Beides bewirkt in einem Dominoeffekt eine Schwächung der Angebote der Geburtshilfe.
Belastung für weniger mobile Frauen
Das Nachsehen hätten weniger mobile Patientinnen, denen dann das Angebot in Wohnortnähe fehlt. Was bedeuten würde, dass gerade diese Familien im Ernstfall einen langen Fahrtweg mit ungünstigen Verbindungen zu einem der Krankenhäuser in Kauf nehmen müssten, die im Radius von 30 Kilometern noch frühgeburtliche Schwangerschaften und Risikopatientinnen behandeln dürften. Auch eine Verlegung oder die primäre Vorstellung in den Geburtskliniken Wuppertal, Essen und Düsseldorf würde für diese Familien eine zusätzliche Belastung darstellen. „Es ist daher nicht nur widersprüchlich, sondern zutiefst besorgniserregend, dass eine solche Entwicklung in Anbetracht der bereits bestehenden Probleme in deutschen Kinderkliniken scheinbar so leichtfertig hingenommen wird. Und es geht völlig an den Bedürfnissen in der Region vorbei“, sagt Prof. Stefan Wirth, langjähriger Chefarzt der Kinder- und Jugendmedizin in Wuppertal und Velbert.
Klinik will Leistungen weiter anbieten
Das Klinikum beabsichtigt, seine Leistungen bis zur endgültigen Entscheidung weiterhin anzubieten und hofft auf eine positive Lösung dieses Konflikts, auch unter Einbeziehung der Kommunalpolitik und der Öffentlichkeit. Ab sofort ist nach Auskunft des Ministeriums eine Abrechnung mit den gesetzlichen Krankenkassen nicht mehr möglich.