Langenberg. Eine 94-Jährige aus Bochum besucht das Bürgerhaus in Velbert-Langenberg. Warum dieser Ausflug so besonders war und wer ihn ganz besonders machte.
Am Ende kommen Eva Weiß Tränen der Rührung. Vor ihr erhebt sich die Bühne des Bürgerhauses in Langenberg, eine Bühne, auf der sie einst selbst einmal musiziert hat. Nun ist sie 94 Jahre alt und durch Zufall noch einmal an diesen Ort zurückgekehrt.
Kurze Rückblende: Isolde Marx ist Vorsitzende des Vereins „Bücherstadt Langenberg“ und in dieser Eigenschaft bietet sie immer wieder Führungen durch die historische Altstadt an. Ein Wegpunkt: das Historische Bürgerhaus. „Erst erzähle ich etwas zur Geschichte, dann gehen wir mit der Gruppe auch rein und schauen uns das Haus an“, berichtet die Langenbergerin.
Besuch der älteren Dame in Velbert-Langenberg
Kürzlich dann habe sie mit einer Gruppe vor der „guten Stube Langenbergs“ gestanden und wollte gerade in die Geschichte eintauchen, „als eine ältere Dame mit Rollator, begleitet von einem jungen Mann direkt auf uns zu kam.“
Die beiden hätten sich unter die Gruppe gemischt, dann habe die Dame sich vorgestellt und begonnen, zu erzählen. Eva Weiß heiße sie, sei 94 Jahre alt und komme aus Bochum. Ihr Enkel – der junge Mann – habe ihr eine Reise in die Vergangenheit geschenkt, also einen Ausflug nach Langenberg.
Fünf Jahre pendeln zwischen Bochum und Langenberg
Denn: „Mit der Stadt Langenberg verbinde ich Erinnerungen, die mein Leben prägten.“ Von 1972 bis 1977 habe sie im „Orchester des Bürgerhauses Langenberg“ Geige gespielt, „unter der hervorragenden Leitung von Rudolf Flicker“.
Fünf Jahre lang sei sei mit ihrem Mann und zwei weiteren Streichern von Bochum aus zu den Proben für die regelmäßig stattfindenden Konzerte nach Langenberg gefahren. „Die Verbindung Langenberg-Bochum bestand schon länger“, fährt Eva Weiß fort. „Die Bochumer Symphoniker gastierten nämlich regelmäßig in der kulturell interessierten Stadt Langenberg.“
Langenberger retten Bochumer Musiker
Und im März 1973 seien es Langenberger Bürger gewesen, „die unsere Bürgerinitiative zur Erhaltung des Bochumer Orchesters, dessen Fortbestand ernsthaft gefährdet war, tatkräftig unterstützten.“ So habe etwa die Firma Colsman die Unterschriftenformulare gedruckt. Ein Mitglied der Familie habe auch im Orchester gespielt, so sei der Kontakt entstanden. „So erreichten wir in zehn Wochen 19.000 Unterschriften und die Fusionspläne waren vom Tisch.“
Inzwischen sei sie 94 Jahre alt, „und noch immer denke ich voll Dankbarkeit an die lebendige, liebenswerte Stadt.“ Und deswegen sei sie auf Nostalgietour mit ihrem Enkel – und habe sich sehr gefreut, auf die Gruppe von Isolde Marx zu treffen.
Helfende Hände für die betagte Besucherin
„,Meine’ Gruppe“, erzählt nun Isolde Marx, „hat die Dame direkt herzlich aufgenommen.“ So herzlich, dass sie Eva Weiß wortwörtlich unter die Arme greifen, damit sie die Tour durch das Bürgerhaus miterleben kann – „und gleich empfand ich die Liebenswürdigkeit Langenbergs“, schreibt Eva Weiß später in einem Dankesbrief an Isolde Marx.
Denn die Gruppe hilft der betagten Besucherin nicht nur die Treppe zum Eingang hinauf, „sie leistete auch Hilfe, wenn die anderen Treppen für mich zu beschwerlich wurden“, sagt Eva Weiß. Die Bochumerin ist begeistert, hört den Ausführungen von Isolde Marx zu Umbau und Sanierung des Veranstaltungshauses zu – und muss natürlich auch selbst Anekdoten von früher zum Besten geben.
Zum Abschluss des Rundgangs schließlich geht es in den großen Saal, Eva Weiß nimmt Platz vor der Bühne, um durchzuschnaufen. „Und da hat sie dann das ein oder anderer Tränchen verdrückt“, erzählt Isolde Marx und lächelt dabei. „Es war“, schreibt Eva Weiß in ihrem Brief, „ein beglückendes Wiedersehen mit dem Langenberg, das ich vor 50 Jahren kennenlernte.“