Velbert. Jörg Sasse aus Velbert ist Steinmetz und Bildhauer. Er schafft individuelle Grabsteine. Der Wandel auf den Friedhöfen hat seine Arbeit verändert
Es liegt ein wenig Staub in der Luft, wenn man die Geschäftsräume und die Werkstatt an der Grünheide betritt. Es ist die Wirkungsstätte von Jörg Sasse. Der Steinmetz und Steinbildhauer hat seine Räume vor den Toren des Velberter Waldfriedhofes. Seine Werke allerdings sind nicht nur auf den Friedhöfen in der Schlossstadt zu finden, seine Kunden kommen auch aus dem Rheinland und vor allem aus Essen.
Velberter ist Handwerker und Künstler
Denn Sasse versteht sich als Handwerker im alten Sinn und auch als Künstler. „70 bis 80 Prozent der Grabsteine, die in Deutschland aufgestellt werden, kommen aus China und Indien. Die kann man sich in einem Katalog aussuchen und der Steinmetz bringt dann nur noch die Buchstaben für die Namen an oder meißelt sie ein“, erklärt Jörg Sasse. Er hingegen legt Wert darauf, einen Stein ganz individuell anzufertigen.
Die dazu notwendigen Steine kommen aus Deutschland oder höchstens aus Europa. „Es ist nicht besonders nachhaltig, Steine rund um die Welt zu transportieren. Außerdem werden viele durch Kinder bearbeitet“, so Sasse, der sich die Kinderarbeit in indischen Steinbrüchen mit eigenen Augen angesehen hat.
Die Schaukel auf dem Stein
Zu ihm kommen Kunden, die einen ganz individuellen Stein anfertigen lassen wollen, sei es für einen lieben Verstorbenen oder auch für noch Lebende, die selbst zu Sasse in die Grünheide kommen. So wie jüngst das Ehepaar aus dem Rheinischen, das keine Kinder hat und für seinen Tod vorsorgen will. Um den passenden Stein anzufertigen, hat Sasse sie nach den Besonderheiten in ihrem Leben befragt. Und dann habe die Frau erzählt, dass sich die beiden einst auf einem Spielplatz kennengelernt haben. Und so sitzen nun die beiden nebeneinander auf einer Schaukel, gemeißelt in den hellen Kalkstein. Sie durften den Papierentwurf mitnehmen und schauen, ob der geplante Stein wirklich zur Grabstätte passt.
Blumen für die Pflanzeliebhaberin
Eine andere Frau, die zu ihren Lebzeiten Blumen sehr liebte, bekommt Blumenranken auf ihren Stein. An aufwendigen Exemplaren arbeitet der Künstler auch schon mal 80 bis 100 Stunden, die haben dann natürlich auch ihren Preis.
Schlanke Stelen für Urnengräber
Den Wandel in der Begräbniskultur – mittlerweile handelt es sich bei der deutliche Mehrzahl der Bestattungen um Urnenbestattungen – bemerkt auch der Steinmetz. Schließlich ist auf den Urnengräbern deutlich weniger Platz für den Grabstein. Hierfür setzt Sasse dann auf schlanke Stelen oder auch kleine, liegende Steine. Für Paare gibt es dann sich ergänzende Steine, die zusammen ein Motiv, beispielsweise eine Blume, ergeben.
Wandel der Kultur
Auch für ganze Urnenfelder fertigt Sasse Konzepte an. Die Stelen auf dem Feld haben dann unterschiedliche Größen und oder es zieht sich ein Motiv über die alle Stelen des Feldes. „Die Gräber sollen ja nicht so eintönig gleich aussehen“, erklärt Sasse. Den Wandel in der Kultur bemerkt das Unternehmen gerade auch jetzt vor den stillen Feiertagen. Während vor einigen Jahren in den Tagen davor das Telefon nicht still stand, weil Hinterbliebenen noch schnell den Stein gereinigt oder befestigt haben wollten, bleibt es heutzutage relativ ruhig.
Die letzte Generation
Sasse leitet den Steinmetzbetrieb jetzt in der 4. Generation und es wird wohl die Letzte sein. „Ich habe eine Tochter, die nicht in meine Fußstapfen treten will“, sagt der Unternehmer. Der Beruf sei körperlich sehr anstrengend. Der Mann in den Fünfzigern legt deshalb Wert auf die körperliche Fitness, treibt viel Sport, joggt und rudert, um seine Muskelkraft zu erhalten.
Nachwuchs von Außen ist auch nicht in Sicht, einen Lehrling beschäftigt Sasse nicht. „Der letzte Bewerber redete nach 15 Minuten von der Work-Life-Balance. Das ist mit so einem künstlerischen Beruf unvereinbar“, erklärt Sasse, der am liebsten morgens vor acht und abends nach 18 Uhr schafft.