Am Forum steht das Fragment einer Säule in der sich ein Auge verbirgt. Was es mit dem Pfahl auf sich hat und wer ihn dort hingestellt hat.

Da guckt doch einer! Manchmal merkt man ja, wenn man beobachtet wird, spürt den Blick eines anderen auf sich. Und vielleicht werden auch Menschen, die in die Stadtbücherei oder in das Deutsche Schloss- und Beschlägemuseum gehen, dieses Gefühl haben: Tatsache! Auf dem kleinen Platz, auf dem die Trattoria Salento ihre Gäste bewirtet, steht eine steinerne Säule – und in die hat jemand, ganz oben, ein Auge eingehauen.

Die Iris ist eine Öffnung, die durch die gesamte Säule führt und durch die man hindurchschauen, sein eigenes Auge also zum Auge der Steinsäule machen kann.

Velberter Geheimnisse

Die Geschichte entstammt dem Buch „Velberter Geheimnisse – Spannendes aus dem Niederbergischen mit Kennern der Stadtgeschichte“. Es ist im Verlag Bast Medien in Kooperation mit der WAZ erschienen.

Es hat 192 Seiten, kostet 19,90 Euro und ist erhältlich in den Geschäftsstellen der WAZ, in Buchhandlungen und online unter www.bast-medien.de (portofreier Versand).

Geheimnis auf der Spur

Auch Heinz Schemken, ehemaliger Bürgermeister der Stadt Velbert, schaut hindurch. Nachdem ihm die Säule auf der Geheimnissuche für dieses Buch aufgefallen war, wollte er unbedingt herausfinden, was es damit auf sich hat. Dem Geheimnis auf die Spur zu kommen, war nicht ganz einfach, aber Schemken ließ nicht locker – und landete mit des Rätsels Lösung in seinem unmittelbaren Freundeskreis. „Ich habe nämlich herausgefunden, dass mein Freund Gerd Sasse, der inzwischen leider verstorben ist, diese Säule vor einigen Jahren fand – wie Bildhauer eben manchmal zu Steinen kommen.“

Gerd Sasse, der 2017 verstorben ist,  hat die Säule am Forum gestaltet.
Gerd Sasse, der 2017 verstorben ist, hat die Säule am Forum gestaltet. © Heinz-Werner Rieck

Neue Blickwinkel

Der Künstler hatte dann auch gleich eine Idee, was er mit der Säule – bei der es sich übrigens um eine alte Feldwalze handelt – machen könnte, und meißelte ein Auge ein. „Er wollte dem Einzelnen neue Blickwinkel eröffnen, den Menschen, die hier hindurchblicken, eine Perspektive geben“, schildert Schemken. Eine Perspektive, die übrigens genau auf den Mittelpunkt des Forumsplatzes gerichtet war. Gerd Sasse war ein echter Velberter Junge.

Zum Steinmetz ausgebildet

1937 wurde er in der Stadt geboren, 2017 tat er hier seinen letzten Atemzug. Und in den 80 Jahren dazwischen lag ein bewegtes Leben, ein Leben, das der Kunst gewidmet war. In Düsseldorf ließ er sich zum Steinmetz ausbilden, ebendort, wo auch der Schriftsteller Günter Grass in die Lehre gegangen war, es folgten Jahre der Wanderschaft, Sasse verdingte sich in verschiedenen Orten im In- und Ausland. In Holland war er, in Italien arbeitete er mit Carrara-Marmor, dann kam er nach Deutschland zurück und besuchte die Fachschule in Mayen in der Eifel. Dort legte er auch seine Meisterprüfung als Steinbildhauer und staatlich geprüfter Steintechniker ab, um ab 1960 freiberuflich zu arbeiten und an verschiedenen Ausstellungen beteiligt zu sein.

Sasse erhielt zahlreiche Auszeichnungen

Für sein Werk erhielt Gerd Sasse zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem den Staatspreis NRW sowie die Goldmedaille der Bundesgartenschau in Bonn. Und immer noch, auch im fortgeschrittenem Alter, reiste er viel: Die Jahre zwischen 1981 und 1991 waren das Jahrzehnt, in dem er an zahlreichen internationalen Bildersymposien teilnahm und dafür zum Beispiel auch nach Italien fuhr. Auch in Velbert, seiner geliebten Heimatstadt, hat Gerd Sasse viel ausgestellt. „Man hat ihn hier sehr geschätzt, und mir persönlich war er ein guter Freund“, sagt Heinz Schemken.

Das Auge erinnert nun an den Bildhauer: Wenn man durch die Säule schaut, ist man dem für Velbert so bedeutenden Künstler und seinem besonderen Blick auf die Dinge ganz nah.