Velbert. Nach turbulenten Zeiten sieht sich WKW/Erbslöh in Velbert-Neviges auf dem richtigen Weg nach vorne. Die IG Metall reagiert weniger euphorisch.

Gerade einmal acht Monate ist es her: Im Dezember 2022 demonstrierten rund 400 Beschäftigte von WKW und Erbslöh vor dem Werksgelände in Velbert-Neviges. Eine ihrer Forderungen: mehr Geld. Denn als das Unternehmen gut zwei Jahre zuvor in der Krise steckte, hatte die Belegschaft nicht nur auf die Hälfte von Urlaubs- und Weihnachtsgeld verzichtet, sondern auch zugestimmt, dass die Löhne selbst bei einem deutlich höheren Tarifabschluss nur um 0,5 Prozent steigen.

Der Vorwurf von IG Metall und Belegschaft damals: „Das so in Velbert eingesparte Geld wird zum Stopfen von Löchern an ausländischen Standorten verwendet.“ Zusätzliche Schärfe erhielt die Diskussion dann im Frühjahr 2023, als der neue Vorstandschef Dr. Wolfgang Braun nach übereinstimmender Darstellung von IG Metall und Betriebsräten über eine Verlagerung der Produktion – oder zumindest Teilen davon – ins Ausland gesprochen haben soll.

Intensive Verhandlungen zwischen WKW und IG Metall Velbert

Wie ist die Situation einige Monate später? Nach intensiven Verhandlungen haben sich Arbeitgeber und IG Metall mittlerweile auf ein Eckpunktepapier zur Standort- und Beschäftigungssicherung geeinigt. Neben zwei Inflationsausgleichsprämien in diesem und im kommenden Jahr erhalten Beschäftigte demnach 2024 in zwei Schritten insgesamt zwei Prozent mehr Lohn – bei einer Beschäftigungssicherung bis 2027.

Unternehmen sieht sich „auf dem Weg nach vorne“

Also alles wieder gut? Aus Sicht des Unternehmens schon. So jedenfalls liest sich eine Pressemitteilung, die kürzlich verschickt wurde. Man habe in den vergangenen zwei Jahren trotz des schwierigen Marktumfelds, der Auswirkungen der Corona-Pandemie und des Kriegs in der Ukraine die Restrukturierung erfolgreich umsetzen können, heißt es unter der Überschrift „WKW auf dem Weg nach vorne“.

„Wir haben sämtliche vorgesehene Maßnahmen wie geplant realisieren können.“ Darüber hinaus habe man eine Vielzahl an Neuaufträgen akquirieren können, heißt es von Dr. Jörg Schumacher. Er ist so genannter „Chief Restructing Officer“, kurz CRO, der Unternehmensgruppe. Seine Aufgabe ist es, das Unternehmen an der Seite der Geschäftsführung durch die Restrukturierungsphase zu führen.

WKW sieht „enorme Marktchancen im internationalen Umfeld“

„Für uns gibt es enorme Marktchancen, vor allem im internationalen Umfeld, wie beispielsweise in den USA“, so Vorstandschef Dr. Wolfgang Braun. WKW habe in den vergangenen Jahren mit eloxierten – also in einem bestimmten Verfahren oberflächenbehandelten – Trittbrettern für Pick-up-Fahrzeuge ein vielversprechendes Marktsegment erschließen können, das weitere Wachstumsmöglichkeiten biete. Auch im Industriegeschäft habe WKW mit einem Großauftrag für Akku-Gehäuse von E-Bikes die Erweiterung und Umstellung des Produktportfolios erfolgreich umsetzen können.

Ein Punkt in der Pressemitteilung lässt besonders aufhorchen: „Für den nächsten Wachstumsschritt wird nun ein zusätzlicher Investor gesucht“, ist dort zu lesen. Finanzvorstand Carsten Ringelmann: „Der Einstieg eines Investors ermöglicht uns die Erschließung weiterer Marktpotenziale und bietet diesem wiederum die Möglichkeit, an den Chancen zu partizipieren.“

Der 1. Bevollmächtigte und Geschäftsführer der IG Metall Velbert, Hakan Civelek, ordnet die Situation bei WKW in Neviges als „weiterhin kritisch“ ein.
Der 1. Bevollmächtigte und Geschäftsführer der IG Metall Velbert, Hakan Civelek, ordnet die Situation bei WKW in Neviges als „weiterhin kritisch“ ein. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

IG Metall bewertet die Situation als weiterhin kritisch

So euphorisch ist Hakan Civelek, Geschäftsführer der Gewerkschaft IG Metall in Velbert, nicht: „Wir ziehen an einem Strang und schauen gemeinsam – aber eben auch kritisch – in die Zukunft.“ Nach wie vor würden die WKW-Beschäftigten weniger verdienen als in anderen Unternehmen – es gebe also keinen Grund zum Jubeln, so der Gewerkschafter.

Gewerkschaft will Entwicklung konstruktiv begleiten, aber genau hinschauen

Dass man aktuell einen Investor für den nächsten Wachstumsschritt suche, bedeute eben auch, ordnet Civelek ein, „dass es aus eigener Kraft nicht gelingt“. Und jedes Kind wisse doch, wie es aktuell in der Branche aussehe, so der IG-Metall-Chef weiter: Die Umsätze seien oft zwar hoch, die Gewinne aber niedrig. „Es ist wenig lukrativ: Welcher Investor gibt da viel Geld?“, fragt sich Civelek. „Und was hat er dann mit dem Unternehmen vor?“ Die IG Metall werde die Entwicklung konstruktiv, aber gleichzeitig auch sehr kritisch begleiten, so Civelek.