Velbert. Die neue Bibliothek Velbert bietet echten Mehrwert. Sie wird zum Wohnzimmer der Stadt. Mit verschiedenen Welten auf drei Ebenen und vielem mehr.

Die Regale im Ladenlokal Friedrichstraße 115 sind gähnend leer. Alle schon restlos ausgeräumt. Die Velberter Zentralbibliothek zieht seit der vergangenen Woche wieder an ihren alten Standort ins umgebaute und auch inhaltlich neu konzipierte Forum Velbert. Bei oberflächlicher Betrachtung ist es ein Zurück, bei genauerem Hinschauen jedoch mehr als ein bloßer Umzug, nämlich fast so etwas wie ein Erstbezug. Die Bibliothek Velbert hat nicht nur viel mehr Platz und Luft als früher. Sie ist auch hinsichtlich Gehalt und Inhalt so viel mehr als die Vorgängerin.

„Die meisten, die zum ersten Mal hierher kommen, sind beeindruckt und geflasht“, berichtet Ulrike Motte. Und sagt das hörbar stolz. Nachvollziehbar.

Zukunftskonzept made in Velbert

Die Atmosphäre spricht für sich. Warum soll eine Bibliothek nicht auch gemütlich sein?
Die Atmosphäre spricht für sich. Warum soll eine Bibliothek nicht auch gemütlich sein? © FUNKE Foto Services | Hanna Becker

Die Leiterin der Bibliothek hat mit ihrem Team ein Zukunftskonzept geschrieben und in 2019 vorgelegt, in dem sie gemeinsam das Ganze als Bildungs- und Kultureinrichtung völlig neu gedacht haben. „Es ist einfach ein tolles Ergebnis. Wir sind dankbar, dass wir die Chance bekommen haben, dieses visionäre Konzept umzusetzen“, sagt Motte und erwähnt fast in einem Atemzug die prägende Rolle des hinzugezogenen niederländischen Architekten Aat Vos (Büro „Includi“, Groningen), dessen Handschrift tatsächlich schon auf den ersten Quadratmetern – es waren vormals keine 800 und sind jetzt 1863 – unverkennbar ist.

Ein Plädoyer für die Gemütlichkeit

Vos hat einen Namen als Spezialist für Bibliotheks-Design, und er bricht eine Lanze für die Gemütlichkeit. Sein Credo lautet: „Wir brauchen gute dritte Orte, die allen offenstehen und die

Gestatten? James Bond. Diese beiden genau so genannten Elemente lassen sich fast mühelos rangieren und drehen – und haben ein interessantes Doppelleben.
Gestatten? James Bond. Diese beiden genau so genannten Elemente lassen sich fast mühelos rangieren und drehen – und haben ein interessantes Doppelleben. © FUNKE Foto Services | Hanna Becker

Gemeinschaft voranbringen.“ Die Rolle dieses dritten Ortes – nach dem Zuhause und dem Arbeitsplatz –, der für die Menschen und ihre lokale Gemeinschaft identitätsstiftend sein soll, hat in Velbert nunmehr die Bibliothek. Und das ist so unglaublich viel mehr als reingehen, Buch aussuchen, entleihen, einpacken, weggehen, fertig.

Hochwertig mit viel Atmosphäre

Erinnerungsfoto zum Rundgang mit der WAZ auf dem Spielnetz (das eigentlich für Kinder gedacht ist). Von links: Maike Schwehn, Ulrike Motte und Martina Saint-Martin.
Erinnerungsfoto zum Rundgang mit der WAZ auf dem Spielnetz (das eigentlich für Kinder gedacht ist). Von links: Maike Schwehn, Ulrike Motte und Martina Saint-Martin. © FUNKE Foto Services | Hanna Becker

„Ich bin begeistert, allein schon dies hochwertige Mobiliar“, schwärmt eine Besucherin, die aus beruflichen Gründen da ist. Wirklich wertig, anheimelnd gemütlich, aber nicht die Bohne schwülstig oder plüschig, das ist der erste Eindruck. Die pointierte, unterschiedliche Beleuchtung sorgt für Atmosphäre. Eichenregale – „Nix von der Stange“ – vom Boden bis fast an die Decke, mobile Exemplare bis hin zu „James Bond“: zwei richtig große Elemente, jeweils auf einer Seite mit Sitzen und auf der anderen mit Klassiker-Literatur, die sich nahezu kinderleicht um die eigene Achse drehen lassen und sogar zum Raumteiler taugen. Teppiche, Sofas und Tische fehlen noch. „Die Ausstattung ist schon ein Sahnestück“, strahlt Martina Saint-Martin (Kinderbibliothek). Die Jugendlichen, kündigt sie an, würden nun als Zielgruppe noch wichtiger.

Diese Bibliothek kann viel mehr

Einfach mal selbst was machen: Der Makerspace wird u. a. mit 3 D- Druckern, Nähmaschinen und Schneideplotter ausgestattet.
Einfach mal selbst was machen: Der Makerspace wird u. a. mit 3 D- Druckern, Nähmaschinen und Schneideplotter ausgestattet. © FUNKE Foto Services | Hanna Becker

Die Bibliothek hat beide Ebenen des ehemaligen Schloss- und Beschlägemuseums hinzugewonnen. Im UG liegt die Wissenswelt, im EG die Lesewelt und im OG die Kinderwelt mit dem „Polli & Olli-Land“. Alles

Oder auch einfach nur gemütlich lesen: Zum Beispiel in diesem Leseraum mit Blick in die Innenstadt.
Oder auch einfach nur gemütlich lesen: Zum Beispiel in diesem Leseraum mit Blick in die Innenstadt. © FUNKE Foto Services | Hanna Becker

barrierefrei und mit Fahrstuhl. „Es ist ein absoluter Neuanfang, und wir freuen uns über unsere Mitbewohner“, sagt Ulrike Motte. Sie räumt ein, anfangs mit dem Begriff „Wohnzimmer der Stadt“ etwas gefremdelt zu haben. Ganz offenbar haben sich die Chefin und ihr um zwei auf zwölf Köpfe gewachsenes Team (nicht alle Vollzeit) damit mehr als bloß angefreundet, sondern sind sie von der Idee echt überzeugt und leben das: „So eine Bibliothek kann mehr“, betont Motte, nennt Aspekte wie Aufenthalt, Austausch, ungestörtes Lernen, Wissenserwerb, Wissensweitergabe – sowohl gemeinsam als auch alleine – sowie „gemeinsam zum Tun und Handeln kommen“.

Selbst was machen – mit und ohne Anleitung

Maike Schwehn ist ein neues Gesicht im Team. Die Nevigeserin kommt aus der Jugendarbeit, hat ihren Master in Medienpädagogik und wird hauptsächlich den Makerspace und die Gaming Box betreuen. Ersterer dreht sich ums Machen, soll zum Selbsttun animieren und verführen, mit Textilien, Basteln und Malen, mit 3 D-Druckern und Schneideplotter etc. Mit und ohne Anleitung. Es gibt separate Räume, eine Bühne, vier Lernstudios zum gemeinsamen Lernen und Üben und und und. Am besten, einfach mal ab dem 18. August reinschauen, aber mit viel Neugier und genügend Muße.

Der Mietvertrag für die Räume der ehemaligen Zentralbibliothek in der Fußgängerzone Friedrichstraße geht bis Ende des Jahres. Zurzeit prüft die Stadt eine etwaige weitere Nutzung. Konkrete Angaben aus dem Rathaus gab’s auf WAZ-Anfrage aber noch.Weitere Fotos aus der neuen Bibliothek sehen Sie auf waz.de/velbert.

>>> Öffnungszeiten werden schrittweise ausgedehnt

Die Bibliothek Velbert öffnet im Forum Velbert neu am Freitag, 18. August, um 14 Uhr. In der Anlaufphase werden die Räume vorgestellt, wird der Medienrücklauf abgewickelt – gibt’s auch schon erste Veranstaltungen: vom Bilderbuchkino über Aktionen mit den Vorlesepaten bis zur Autorenlesung mit Jörg Hilbert („Ritter Rost“).

Die Öffnungszeiten sind anfangs nahezu unverändert mo 14 - 18, di, do und fr 10 - 18 sowie sa 10 - 14 Uhr. Sie werden sukzessive auf die Abendstunden und den Sonntag ausgeweitet. In den Randzeiten wird auch Wachpersonal eingesetzt.