Langenberg. Ob Pastor Jansen aus Velbert-Langenberg sich hat vorstellen können, was er mit der Gründung einer Frauengruppe vor 125 Jahren in Gang setzte?
„Zweck dieses Vereins ist die Beförderung des christlichen Familienlebens und guter Kindererziehung nach dem Willen Gottes und im Geiste unserer heiligen Kirche.“ So steht es in der Satzung des „Vereins christlicher Mütter“, der am Palmsonntag 1898 in Langenberg von Pastor Jansen gegründet worden ist.
An diesem Sonntag feiert der Verein nun sein 125-jähriges Bestehen – allerdings unter dem inzwischen längst gebräuchlichen Namen kfd (seit 1968). Das Kürzel steht für „Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands“, „und wenn der Pastor gewusst hätte, was er damit ausgelöst hat, hätte er sich das vielleicht noch mal überlegt“, sagt Marlies Michels lachend.
Frauen Raum für Gespräche bieten
Sie ist die aktuelle Vorsitzende des Ortsverbandes und betont, „dass die kfd schon immer politisch aktiv gewesen ist.“ Nur habe das der Pastor damals gar nicht im Sinn gehabt. „Es ging darum, die Frauen aus dem Haushalt zu holen, ihnen Raum zu geben sich zu treffen und auszutauschen.“ Im Prinzip ein guter Gedanke, findet Marlies Michels, „aber die eigentliche Idee war natürlich, die Frauen im Sinne der Kirche ,einzunorden’.“
Das fand im Rahmen von Tee- oder Kaffeekränzchen statt, „bei denen die Frauen dann auch Erziehungs- oder Ehetipps bekommen haben“, erläutert die Vorsitzende – und kann sich ein herzliches Lachen nicht verkneifen.
„Allerdings waren diese Gesprächskreise für die Frauen trotzdem unglaublich wichtig“, sagt die aktuelle kfd-Vorsitzende Marlies Michels. „Hier konnten und durften sie über Themen sprechen, die zu Hause einfach tabu waren.“
So sei es zum Beispiel um die Aufklärung der Kinder gegangen, um den Umgang mit vorehelichem Sex, um Verhütung. Die Recherche in den Chroniken habe sie schon sehr bewegt. „Da hatten Frauen endlich einen Raum, in dem sie über die eigenen Probleme ungefiltert sprechen konnten.“
Chroniken spiegeln wider, wie sich die Rolle der Frau verändert hat
Was die Chroniken auch widerspiegeln: Wie sich die Rolle der Frau in den 125 Jahren geändert hat. „Das fängt mit Kleinigkeiten an“, erzählt die kfd-Vorsitzende: „Kaffeekränzchen sind heute gar nicht mehr möglich, weil die meisten Frauen berufstätig sind.“
Auch hätten sich die Inhalte der Gespräche geändert, „schließlich können wir Gott sei Dank jetzt in anderem Rahmen über die vorgenannten Themen sprechen“, ergänzt Monika Pennekamp, ebenfalls im kfd-Vorstand. Stattdessen engagiere sich die kfd nun beim Synodalen Weg, setze sich für die Aufklärung der Missbrauchsfälle ein und fordere die Gleichberechtigung der Frau.
„Und dass nicht erst seit Kurzem“, sagt Marlies Michels. Schon 1999 forderte der Bundesverband den Zugang für Frauen zu allen kirchlichen Ämtern und die Segnung von gleichgeschlechtlichen Ehen. „Wir waren immer schon sehr progressiv.“
Manch einer Frau ist die kfd zu progressiv
Was naturgemäß nicht allen gefällt: „Es gibt auch Frauen, denn wir zu offen, zu progressiv sind. Die treten dann aus.“ Gleichzeitig gehören zu den Mitgliedern auch evangelisch getaufte Frauen oder solche, die zwar aus der Kirche ausgetreten sind, die Arbeit der kfd aber weiter unterstützen wollen.
„Den Glauben kann einem ja niemand nehmen“, stellen die beiden Vorstände fest. „Und Glaube hat ja auch nicht zwingend etwas mit der Institution Kirche zu tun.“ Deswegen ermutigen sie interessierte Frauen auch dazu, der kfd beizutreten.
„Manche sagen: Ich kann mich nicht einbringen, ich schaffe das zeitlich nicht“, sagt Marlies Michels. Aber das sei egal, denn: „Je mehr Mitglieder wir haben, desto größer ist auch unser politisches Gewicht. Und das finde ich einen ganz wichtigen Aspekt.“
Spaß und Feiern gehören auch dazu
Bei all den ernsten Themen kommt aber auch der Spaß nicht zu kurz, „die kfd hat immer schon gerne gefeiert und das wird auch weiterhin so sein“, erzählt sie. Etwa bei Frauenkarneval an Weiberfastnacht. „Darüber“, sagt die Ortsverbandsvorsitzende Marlies Michels, „gewinnen wir übrigens immer wieder neue Mitglieder.“
>>>(Kirchen-)Politisches Engagement der kfd<<<
Die kfd engagiert sich sowohl kirchenintern als auch auf politischer Ebene – etwa für das erste Bundeserziehungsgeldgesetz (1986), den Leitfaden zur Gründung eines Frauenhauses (1992) oder dafür, dass Mädchen als Ministrantinnen eingesetzt werden (1994).
Schon seit 1999 steht auf der kfd-Agenda, dass Frauen auch priesterliche Aufgaben übernehmen dürfen. „Aber das ist ein langer Weg“, sagt die Langenberger Vorsitzende Marlies Michels. „Die Päpste sind nicht so begeistert davon, was da so im kleinen Deutschland passiert.“