Langenberg. Bei den Apotheken brodelt es: Sie planen einen Protesttag Mitte Juni. Auch zwei Apotheker aus Velbert-Langenberg wollen sich daran beteiligen.

Als „Frontalangriff“ empfinden Ulrike Kuhlendahl und Arndt Backhaus, was die aktuelle Bundesregierung gerade mit Blick auf die Apotheken veranstalte. „Es ist inzwischen kurz nach zwölf“, mahnen die beiden Apotheker aus Langenberg. Und haben eine ganze Liste mit Dingen zusammengestellt, die ihrer Meinung nach „gewaltig schief laufen“.

Der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht habe, sei der Entwurf des Lieferengpassgesetzes gewesen, „ein Schlag ins Gesicht der Apothekerinnen, Apotheker und ihrer Teams“, heißt es dazu in einer Pressemitteilung des Apothekerverbands Nordrhein, dem auch die beiden Langenberger angehören.

Lange Liste mit Kritikpunkten

Doch zurück zur Liste: „Seit zehn Jahren stagniert unser Honorar, theoretisch sogar schon seit 2004“, sagt Arndt Backhaus. „Noch vor einem Jahr ist uns von der Politik versprochen worden, dass mehr für uns getan werden müsse.“ Weil Corona gezeigt habe, wie wichtig Apotheken seien. „Doch jetzt ist erst einmal der Kassenabschlag erhöht worden.“ Was im Prinzip einer Honorarkürzung gleichkäme.

Dazu komme, dass es keinerlei Inflationsausgleich gebe, „ausufernde, blödsinnige Bürokratie und absurde Abrechnungsmethoden der Krankenkassen“, zählt der Langenberger Apotheker weiter auf. Gleichzeitig explodierten auch bei den Apotheken die Kosten, etwa beim Strom, der EDV oder Pharmatechnik.

Nachwuchs meidet Apotheken

„Uns fehlen, wie anderen Branchen auch, die Fachkräfte“, geht die Mängelliste weiter. „Junge Leute gehen nicht mehr in Apotheken, sondern zu den Krankenkassen oder in die Pharmaindustrie.“ Zu unattraktiv sei der Job geworden. Allein das Schulgeld für die Ausbildung sei ein großes Hindernis.

Bundesweit wollen Apotheker am 14. Juni gegen die Politik der Bundesregierung protestieren. Dazu werden viele Apotheken geschlossen bleiben, wahrscheinlich auch in Velbert-Langenberg. Wahrscheinlich deswegen, weil zunächst noch einige Rechtsfragen geklärt werden müssen.
Bundesweit wollen Apotheker am 14. Juni gegen die Politik der Bundesregierung protestieren. Dazu werden viele Apotheken geschlossen bleiben, wahrscheinlich auch in Velbert-Langenberg. Wahrscheinlich deswegen, weil zunächst noch einige Rechtsfragen geklärt werden müssen. © dpa | Oliver Berg

Damit einher ginge die zunehmende Zahl von Apothekenschließungen. Berichte, wonach jede Vierte vor dem Aus stünde, bestätigt Arndt Backhaus: „Ja, das ist absolut realistisch.“ Allein 2022 verschwanden 393 Betriebe von der Landkarte, in diesem Jahr sind es jetzt schon wieder 129. Erstmals seit 40 Jahren gibt es deutschlandweit weniger als 18.000 Apotheken.

Apotheker haften für Herstellerrabatt

„Das mag hier, im Ballungsraum zwischen Ruhrgebiet und Rheinschiene, noch nicht so ganz auffallen“, sagt der Langenberger. „Aber es gibt Gegenden in Deutschland, vor allem auf dem Land, da müssen Sie 40, 50, 60 Kilometer bis zur nächsten Apotheke fahren.“

Was beide Apotheker auch störe, sei die Haftung für den Herstellerrabatt. Knapp zusammengefasst: Geht der Hersteller pleite, haften die Apotheken gegenüber den Krankenkassen für die entstandenen Kosten. „Je nach Medikament, etwa bei Krebstherapien, können da heftige Summen zusammenkommen.“

Ärger über Krankenkassen

Und dann wäre da noch das so genannte Retax-Verfahren: Ist das Rezept fehlerhaft und wird von der Krankenkasse nicht akzeptiert, haften die Apotheker. Diese Verfahren können sich aber über bis zu zwei Jahre ziehen. Das bedeutet: Das Rezept ist längst abgerechnet und dann müssen die Apotheker nachzahlen.

Fehlerhaft sind aber manchmal auch schon Rezepte, die der Patient oder die Patientin gefaltet haben und auf denen dann das Datum nicht mehr eindeutig lesbar ist. Wo ist das Problem, könnte man meinen. „Das Problem liegt darin, dass die Rezepte oft maschinell ausgelesen werden. Ein Mensch würde trotz Knick im Rezept das Datum lesen können, der Computer eben nicht.“

Protesttag am 14. Juni

Nun reicht es den Apothekerinnen und Apothekern, sie wollen demonstrieren. „Es wird am 14. Juni zahlreiche Protestaktionen in ganz Deutschland geben“, kündigen die beiden Langenberger an. Auch in Düsseldorf ist eine große Demonstration geplant, der Apothekerverband Nordrhein rechnet allein aus seinem Beritt mit rund 4000 Teilnehmenden.

Unter strengen Vorgaben dürfen Apothekerinnen und Apotheker Medikamente auch selbst herstellen. Den Engpass bekommen sie damit natürlich nicht in den Griff.
Unter strengen Vorgaben dürfen Apothekerinnen und Apotheker Medikamente auch selbst herstellen. Den Engpass bekommen sie damit natürlich nicht in den Griff. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann Funke Foto Services

Zuvor muss jedoch die Rechtslage geklärt werden, denn: Apotheken sind gesetzlich verpflichtet, zu bestimmten Zeiten zu öffnen. Protestaktionen müssen genehmigt werden, sowohl von der Apothekenkammer als auch der zuständigen Behörde, im Kreis Mettmann wäre das die Amtsapothekerin.

Langenberger Apotheker machen mit – wenn Rechtssicherheit besteht

„Dazu laufen nun in allen Bundesländern Gespräche“, sagt Arndt Backhaus. Ziel: Apothekerinnen und Apotheker sollen an den Protesten teilnehmen, ohne rechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen. „Und einen Notdienst wird es ohnehin geben.“

Ulrike Kuhlendahl und Arndt Backhaus jedenfalls wollen sich beteiligen, sobald die Rechtssicherheit da ist. „Und deswegen geben wir den Termin jetzt schon bekannt, damit unsere Kundinnen und Kunden entsprechend planen können.“ Schließlich, so betonen die beiden ausdrücklich, „protestieren wir ja nicht gegen die Patientinnen und Patienten bzw. die Ärztinnen und Ärzte.“

>>>Medikamentenengpass<<<

Das Bundesgesundheitsministerium führt eine Liste mit Wirkstoffen und Medikamenten, bei denen Lieferengpässe gemeldet worden sind (hier klicken). Diese Liste umfasst mittlerweile 488 Einträge.

Unter bestimmten Vorgaben dürfen Apothekerinnen und Apotheker Medikamente auch selber herstellen. Qualitätsmängel können hier aber besonders fatale Folgen haben.

Dementsprechend streng sind die gesetzlichen Rahmenbedingungen für ihre Herstellung und Kontrolle: Es bedarf nicht nur einer behördlichen Erlaubnis, sondern vor allem eines umfassenden, durchgängigen Qualitätssicherungssystems (Quelle: Deutsche Apothekerzeitung).