Velbert. Alle Planvorhaben sollen künftig auf den Prüfstand. Den stellt das Klimafolgenanpassungskonzept dar. Es ersetzt in Velbert nicht den Klimaschutz.

Die Hitzeperioden werden künftig häufiger und länger, die Stürme nehmen zu und werden heftiger, Trockenperioden sind dann ebenso keine Seltenheit wie Starkregen mit Überflutungen. Jedes Phänomen für sich ist schon eine ernste Angelegenheit, und auch Velbert wird absehbar davon insgesamt betroffen sein und getroffen werden. Aber die Stadt ist zumindest nicht völlig wehrlos. Und zwar dann, wenn sie z. B. das vorhandene, natürliche Kühlsystem klug nutzt (und schützt), und wenn sie ganz fix das beachtet, ernst nimmt und umsetzt, was aktuell den Rat und seine Gremien beschäftigt: das Klimafolgenanpassungskonzept der Stadt Velbert.

Klimaschutz in Velbert unverzichtbar

Soviel vorweg: Das umfangreiche Konzept, von dem jetzt der Entwurf der rund 200 Seiten umfassenden Endfassung vorliegt, „heißt nicht, dass wir auf Klimaschutz verzichten können oder sollten“. Das betonte Dr. Monika Steinrücke im Ausschuss für Klima und Umwelt sehr eindrücklich. Sie ist Geschäftsführerin des Büros „K.Plan Klima.Umwelt & Planung GmbH“ (Bochum) und Projektleiterin. Als weiteres Büro ist die „Projektgesellschaft für Klima, Nachhaltigkeit und Kommunikation - EPC“ (Berlin) daran beteiligt. Steinrücke sprach die verstärkten Extreme des Klimas an und mahnte: „Das wird sich noch verschärfen und auch wir werden mit den Folgen zu kämpfen haben.“

Alle Vorhaben kritisch filtern

Auch im Herminghauspark zieht so langsam der Frühling ein. Der Stellenwert solch schützenswerter „Klima-Oasen“ wie Parks, Kleingärten und Friedhöfe kann gar nicht hoch genug angesetzt werden.
Auch im Herminghauspark zieht so langsam der Frühling ein. Der Stellenwert solch schützenswerter „Klima-Oasen“ wie Parks, Kleingärten und Friedhöfe kann gar nicht hoch genug angesetzt werden. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Das Konzept stellt die Unterstützung empfindlicher/verletzlicher Bevölkerungsgruppen bei der Bewältigung von Hitzewellen in den Vordergrund, es bearbeitet aber ebenfalls die Felder Starkregen, Trockenheit und Sturm. Steinrücke wünscht sich letztlich bzw. appelliert, sämtliche Planvorhaben vor Ort durch eine Art „Filter“ zu schicken, um als Ergebnis jeweils einen klimawandelangepassten, durch Maßnahmen optimierten Plan zu bekommen.

Funktion der Flächen schützen

„Das bedeutet schmerzliche Einschnitte, das muss Konsequenzen haben“, folgerte Rainer Hübinger. „Wir müssen klimarelevante Flächen aus den Bebauungsplänen herausnehmen“, so der SPD-Mann. Das Konzept zu beherzigen bedeute nicht nichts tun zu dürfen, stellte daraufhin die Geografin jedoch klar. Entscheidend sei, die Funktion(en) der jeweiligen Fläche zu erhalten. Also etwa den wichtigen Kaltluftzufluss nicht zu blockieren oder zu unterbrechen, erklärte Steinrücke und legte dar, dass die Oberflächentemperaturen außerhalb mitunter zig Grad unter der Temperatur dicht besiedelter und bebauter Bereiche liegen. Mit ihren durch die Sonne „aufgetankten“ Dächern, Fassaden etc. von Gebäuden, Trottoirs, Asphaltstraßen und womöglich auch noch Schottergärten.

Parks, Kleingärten und Friedhöfe sind wahre Oasen

Der Beigeordnete Jörg Ostermann würdigt das Konzept. Man habe nunmehr eine qualitativ bessere und validere Grundlage, sagt er.
Der Beigeordnete Jörg Ostermann würdigt das Konzept. Man habe nunmehr eine qualitativ bessere und validere Grundlage, sagt er. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Immerhin konzentrieren sich Monika Steinrücke zufolge die Hitzeareale in Velbert „auf relativ überschaubare Bereiche“. Umso wichtiger seien schützenswerte „Klima-Oasen“ wie Parks, Kleingärten und Friedhöfe. Bei neuen Wohnungsbauvorhaben müsse man auf jeden Fall sehr aufgelockert planen, mit viel Grün und Bäumen; Gewerbegebiete einfach alten Stils gingen natürlich nicht. Die Dächer gehörten unbedingt begrünt und möglichst für Photovoltaik genutzt, zumal der Ertrag solcher Anlagen bei Gründächern messbar höher sei.

Handlungskarte und Maßnahmenkatalog

Strukturell gliedert sich das gesamte Papier in drei Blöcke. Wobei das „Warum?“ (Gründe, Anlässe etc.) und das „Wo?“ (Lage der Hitzeareale, Überflutungsbereiche etc.) eher schnell abgehakt sind. Interessant und ambitioniert wird’s beim „Womit?“. Darin stecken nämlich eine Menge Aufgaben und Arbeit – wohlgemerkt auch im Bestand und nicht nur bei neuen Projekten. Denn dort finden sich eine Handlungskarte mit Empfehlungen zur Klimafolgenanpassung, ein umfangreicher Katalog möglicher Maßnahmen sowie ein Controllingkonzept.

Flächennutzungsplan mit dem Konzept verschneiden

„Wir haben jetzt eine qualitativ bessere und validere Grundlage“, lobt Jörg Ostermann das Anpassungskonzept und verweist darauf, dass bei der Bauleitplanung in Velbert die Berücksichtigung von Klima-Aspekten bereits Praxis sei. „Wir werden den bestehenden Flächennutzungsplan mit dem Konzept verschneiden“, kündigt der Fachdezernent an.

>>> Schlussrunde nach den Sommerferien

Die Politik kann jetzt mit dem Entwurf der Endfassung dieses Konzeptes arbeiten und ihn bei Bedarf zum Beispiel auch ergänzen.

Nach dieser Sichtung soll es dann in der Sitzungsrunde nach den Sommerferien beschlossen werden und damit Gültigkeit bekommen.