Langenberg. Ungewöhnliche Klänge in der Eventkirche Velbert-Langenberg: Violinistin Nina Reddig hatte zur „Wintersession“ des Langenberg Festivals geladen.
„Flow my tears“, dieses Zitat aus einem Lied von John Dowland wählte Nina Reddig zum Thema ihres Konzertes am vergangenen Sonntag in der Eventkirche. „Fließet meine Tränen“ – was kann man auch anderes empfinden in dieser Zeit angesichts der vielen Kriegs-und Erdbebenopfer und unserer Hilflosigkeit.
Geige, Laute und Cello – das war die sensible Instrumentenkombination für ein Lamento, das mit einer Bachsonate begann, die für das Trio umgeschrieben worden war, und deren erster Satz schon Tränen andrängen ließ, so innig empfunden war der Vortrag.
Renommierter Lautenist zu Gast
Nina Reddig hatte sich den renommierten Lautenisten Andreas Arend eingeladen, der als Theorben- und Lautenspieler in weiten Musikkreisen gefragt ist, und der für sich ein neues Instrument aus der Lautenfamilie entwickelt hat, das er „Lyra Polyversalis“ nannte, weil es „vielverwendbar“ ist - zum Zupfen , Streichen, Schlagen. Und an diesem Abend konnte er die ganze Reichweite seiner Instrumentenbeherrschung (Laute, Lyra, Gitarre) zur Entfaltung bringen.
Mit eingeladen war der junge Cellist Luca Benedikt Miedek, der das Trio sensibel abrundete. Bei der erwähnten Bachsonate übernahmen Laute und Cello den Cembalopart, und es ergab sich ein ganz besonderer Klangreiz: Die Laute ist zwar nicht so durchdringend wie der Cembaloklang, aber mit der weichen Tongebung von Violine und Cello ergab sich eine Zusammenwirkung, die den Charakter der Sonate noch deutlicher werden ließ.
Altenglische Texte
Im Zentrum des Konzerts standen Lautenlieder von John Dowland, für die die Violine den Gesangspart übernommen hatte. Hier zeigte sich Nina Reddig dem Komponisten seelenverwandt. Hingabe , überspringender Impetus und kunstvolle Ausschmückung waren eins.
Die zunächst vorgetragenen altenglischen Texte der Lieder konnte man nicht recht verstehen, aber sie waren entbehrlich, da Reddig die Lieder dermaßen eindrücklich vortrug, dass man sich fantasieren konnte, was sie aussagen. Das sind Botschaften über die Liebe, die über vierhundert Jahre hinweg nichts an Reiz und Wirkung verloren haben.
Spanische Rasanz
Im selben Melos blieb man bei einer Suite von Manuel de Falla für Violine und Gitarre, jetzt aber mit spanischer Rasanz gespickt. Die insgesamt sehr poetischen Stücke schwankten zwischen zartem Hauch, dem das Publikum gespannt lauschte und sich entladender Spielfreude, die das Publikum mit sich riss.
Eine Verbindung zwischen älterer und neuerer Musik gelang mit Heitor Villa-Lobos‘ Aria nach Bach („Bachianas brasilieras“), um dann schließlich wieder in spanisches Temperament zu verfallen mit einem Stück, das Andreas Arend für sein Instrument zusammen mit Violine und Cello bearbeitet hatte.
Interessante Programmgestaltung
Um die Begeisterung des Publikums wieder zu beruhigen, gab es als Zugabe noch ein Andante aus einer Violinsonate von Bach – diesmal wieder interessant instrumentiert, wobei die Lyra gestrichen und das Cello gezupft wurde. Nina Reddig lässt sich immer etwas einfallen.
Bei diesem Konzert war der Publikumsstrom so groß, dass viele abgewiesen werden mussten. Ein Beweis, wie sehr Nina Reddig nicht nur durch ihr Können, sondern auch durch ihre interessante Programmgestaltung überzeugt. Die als „Wintersession“ bezeichnete Veranstaltung will auf das nächste von Reddig initiierte „Langenberg-Festival“ im September hinweisen. Man kann sich schon darauf freuen.
>>>Das Langenberg Festival 2023<<<
Das Langenberg Festival ist ein von der Violinistin organisiertes, mehrtägiges Festival für klassische Musik. zum Festival gehört auch eine Akademie für junge Musikerinnen und Musiker.
In diesem Jahr richtet Nina Reddig die Veranstaltung bereits zum neunten Mal aus – und zwar vom 31. August bis zum 3. September. Motto: „Hoher Himmel, tiefe Erde“.