Langenberg. Die Langenbergerin Nina Reddig bietet jedes Jahr ihre Festivalakademie an – die nun mit dem Konzert des Kammermusikkurses ihren Abschluss fand.

Fährt man auf den Hof Fahrenscheidt, dann ist man schon gleich in poetischer Stimmung, beeindruckt von der schwungvollen Niederbergischen Landschaft, den grünen Matten, gerade noch der Verfärbung durch die Trockenheit entgangen, mit grasenden Kühen, den hohen Bäumen, die sich für ihr buntes Herbstlaub vorbereiten, und gelangt an den idyllisch gelegenen, liebevoll gepflegten Öko-Hof.

Das ist der Ort, den sich Nina Reddig ausgesucht hat für ihren Kammermusikkurs der Festival-Akademie in Vorbereitung zu dem mit Spannung erwarteten Langenberg-Festival. In der Abgeschiedenheit einer ländlichen Stille – wie sie sagt, in „geschützter Umgebung“ – sollten junge Musiker sich gruppieren zu gemeinsamem Musikerlebnis, zum sich Finden im Führen und Zuhören, zum Experimentieren und Erfahren.

Verschiedene Konstellationen

So waren verschiedene Konstellationen zusammengestellt: Duo, Trio, Quartett, Quintett, Oktett – in allen kammermusikalischen Besetzungen konnten sich die jungen Musiker beweisen. Ein Morgenstern-Gedicht war sozusagen programmatisch an den Anfang gestellt. „Die Geige sang, ich will das Glück“.

Gleich zu Beginn ein anspruchsvolles Werk: Mendelssohns Oktett, in dem sich zwei Streichquartette die musikalische Hand reichen. Es war direkt anrührend, wie sich die jungen Musiker mit Verve und Leidenschaft der Musik hingaben, voller Überzeugungskraft und Gestaltungswillen. Jeder an seinem Pult mitgerissen von der Gewalt der Musik und dem Bestreben, ein gemeinsames Werk zu vollbringen. Ein Jubel ohnegleichen.

Zur „Abkühlung“ Bach

Eltern und Freunde lauschten der Aufführung des Kammermusikkurses der Festival-Akademie zum Langenberg-Festival auf dem Hof Fahrenscheidt.
Eltern und Freunde lauschten der Aufführung des Kammermusikkurses der Festival-Akademie zum Langenberg-Festival auf dem Hof Fahrenscheidt. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Danach zur „Abkühlung“, aber nicht ohne eindringlichen Reiz, ein Duo mit Geige und Cello mit zwei Inventionen von Johann Sebastian Bach. Eigentlich für Klavier komponiert, eignen sich die zweistimmigen Stücke ganz ausgezeichnet für zwei Solo-Instrumente. Eine Zwiesprache, die bei einer raffinierten kompositorischen Wechselwirkung durchaus seelische Tiefen erreicht. Der erste Satz aus Beethovens Streichquartett op 59,1, ein bei Cellisten bevorzugtes Werk, schloss sich dem an.

Es war sicher nicht notwendig, dass Nina Reddig das Publikum um Nachsicht für etwaige „Unperfektheiten“ bat, wobei bei drei Tagen Probenarbeit eine „Perfektion“ auch für Profis schwer zu erreichen sein dürfte. Aber sollten solche Phänomene aufgetreten sein, könnte das allenfalls einem Fachpublikum aufgefallen sein. Von der Darstellung war das Publikum auf jeden Fall hell begeistert. Und nichts aber auch gar nichts deutete auf unperfekte Stellen.

Ein Dvorak-Trio brachte dann eine heitere Note in die eher schwergewichtigen Stücke. Schwergewichtig war nämlich das folgende phänomenale Streichquintett von Brahms, in dem die Leiterin Nina Reddig und ihr Kompagnon Johannes Gehring mitwirkten und die jungen Musiker noch einmal zur Hochform auflaufen ließen.

Freude am Musizieren

Nina Reddig (l) leitet den Kammermusikkurs der Festival-Akademie zum Langenberg-Festival auf dem Hof Fahrenscheidt in Velbert-Langenberg.
Nina Reddig (l) leitet den Kammermusikkurs der Festival-Akademie zum Langenberg-Festival auf dem Hof Fahrenscheidt in Velbert-Langenberg. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Was außer dem perfekten Zusammenspiel, dem Augenkontakt untereinander, der Wucht der Darstellung und vieler anderer Merkmale guten Musizierens besonders auffiel und begeisterte, war die Freude am Musizieren, die jedem Mitspieler im Gesicht stand. Einzelne Namen zu nennen wäre ungerecht, da es sich ja um ein gemeinsames Schaffen handelte und jeder an seinem Platz Bestes leistete und mit Energie und Können zum Gelingen beitrug.

Aber einer sollte doch wegen herausragender Leistung erwähnt werden. Ein gerade ins Jünglingsalter gelangter Geiger spielte die erste Violine im Oktett von Mendelssohn mit überraschendem Gestaltungs-und Führungswillen, mit traumhafter Sicherheit in den oberen Lagen, mit einer reifen Tongebung und Selbstverständlichkeit in der Erfassung des Mendelssohnschen Melos. Eine besondere Begabung vielleicht, aber vielleicht auch einfach begeisterte Hingabe an die Musik.

Dieser schöne und erlebnisreiche Abend fand dann seinen Abschluss mit einer Serenade von Dvorak, wobei das gesamte Ensemble mitspielte. Nicht ohne Hinweis von Nina Reddig auf das kommende Kammermusikfestival vom 3. bis zum 6. November im Saal der Vereinigten Gesellschaft, für das Nina Reddig auch „Hinreißendes“ versprach.

Das Langenberg-Festival 2022

„Geheimnisvolle Offenbarungen“ ist das Motto des 8. Langenberg Festivals vom 3. bis zum 6. November. Alle Veranstaltungen finden in der Vereinigten Gesellschaft (VG) statt.

Los geht es am Donnerstag, 3. November, um 19 Uhr mit dem so genannten Appetizer, es folgen Konzerte in unterschiedlicher Besetzung.

Der Eintritt zu allen Veranstaltungen ist frei, Nina Reddig und ihr Team würden sich aber über eine Spende freuen. „Orientierung soll unser sonst üblicher Abendkassenpreis von 28 Euro pro Konzert bieten.“