Kreis Mettmann. Die wachsenden Energiekosten, zumal beim Gas, berühren nicht nur private Haushalte. Auf den Kreis-Etat rollen Mehrbelastungen in Millionenhöhe zu
Die schon gehörig in die Höhe gekletterten und absehbar noch weiter steigenden Energiekosten – und hier vor allem die Gaspreise – stellen nicht nur viele private Haushalte sowie Industrie und Gewerbe vor massive Probleme. Sie haben auch gravierende Folgen für den Haushalt vom Kreis Mettmann. So glaubt Christian Schölzel, dass aufs Jahr bezogen schnell eine Mehrbelastung von zwölf Millionen Euro zusammen kommen kann. Der Kreis bezahle schließlich für die Kunden des Jobcenters „ME-aktiv“ die Heizkosten, erklärt der Kreis-Kämmerer. Jegliche Mehrausgabe ist zudem zumindest potenziell auch ein ernstes Thema für die zehn kreisangehörigen Kommunen. Denn die von ihnen – also auch von Velbert und Heiligenhaus – aufgebrachte Kreis-Umlage ist die einzige ernstzunehmende Einnahmequelle des Kreises. Heuer sind’s immerhin stattliche 389 Millionen.
18.000 Bedarfsgemeinschaften im Kreis Mettmann
Derzeit leben im Neanderland 18.000 so genannte Bedarfsgemeinschaften. Sie bestehen im Schnitt aus zwei Hilfe-Empfängern – Stichwort „Hartz IV“ –, so dass es insgesamt um 36.000 Menschen geht. Der Kreis zahlt ihnen die Kosten für die Unterkunft. Pro Bedarfsgemeinschaft flössen im Monat 473 Euro, in denen rein rechnerisch 53 Euro fürs Heizen steckten, so Schölzel. Im schlimmsten Fall müsse man von einer Verdoppelung dieser 53 Euro ausgehen, kalkuliert er – und kommt so fix auf die eingangs genannte Millionensumme. Wichtig hierbei festzuhalten: Der Bund erstattet mehr als 60 Prozent der Unterkunftskosten.
Pandemie hinterlässt Spuren
Der Kreis fährt für 2022/2023 einen Doppelhaushalt. „Wir rechnen bisher damit, dass der Etatplan 2022 noch passt“, antwortet der Kämmerer auf Nachfrage, „aber nächstes Jahr wird es relativ schwierig.“ Im laufenden könne die Finanzplanung also insgesamt aufgehen, wenn auch im Detail „mit vielen Verschiebungen“. Vor allem in den Bereichen Personal und Soziales. Dazu gehörten trotz Erstattungen von Bund und Land rund zwei Millionen Mehrausgaben für die Corona-Nachverfolgung, ferner Steigerungen bei der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung sowie Mehraufwand für Integrationshelfer. Letzteres sei durchaus auch infolge der Pandemie durch das verbreitete Home-Schooling verursacht.
Flüchtlinge haben zwei Alternativen
Ukrainische Kriegsflüchtlinge haben seit Juni die Wahl, ob sie Leistungen nach dem Asylbewerber-Leistungsgesetz beanspruchen – das läuft über die Sozialämter der Städte –, oder ob sie die Grundsicherung für Arbeitslose (Hartz IV) in Anspruch nehmen und somit Jobcenter-Kunden werden. Dann ist der Kreis gefragt.
Nachfolger von Martin M. Richter
Christian Schölzel hat das Amt seit Januar inne. Zuvor war der 43-Jährige Kämmerei-Leiter (seit 2019) und Abteilungsleiter (ab 2011). Angefangen beim Kreis Mettmann hat er 1998 als Azubi. Sein direkter Vorgänger als Kreis-Kämmerer war für mehr als ein Jahrzehnt der langjährige Kreis-Direktor Martin M. Richter.
Sozialhilfekosten steigen an
Abgesehen davon, dass ab Oktober auch noch die Gasumlage zu berappen ist, erwartet die Kämmerei für 2023 „wahrscheinlich steigende Sozialhilfekosten“. Schölzel geht davon aus, dass mehr Ukraine-Flüchtlinge in der Krankenhilfe landen, Grundsicherung für Arbeitslose bzw. Hilfe zum Lebensunterhalt beziehen. Aktuell leben zwischen 4000 und 5000 ukrainische Staatsbürger im Kreis Mettmann; für 2023 kalkuliert man etwa 1000 neue Bedarfsgemeinschaften von Ukrainern.
Riesenbelastung in Sicht
Sämtliche vorgenannten Themen addiert, ergeben schon einen Mehraufwand von acht bis neun Millionen Euro. Und es bleibt abzuwarten, wie viel davon kompensiert sind. Eine ganz andere, noch unbekannte Größe sei darüber hinaus der Tarifvertrag für Angestellte der Kommunen, der zum 1. 1. neu verhandelt werde. Christian Schölzel schwant: „Das wird ne Riesenbelastung; es ist nicht auszuschließen, dass da was auf uns zukommt.“ Die Beamten-Gehälter seien erst später im weiteren Verlauf des Jahres dran: „Da haben wir noch ein bisschen Aufschub.“
Sozialhilfe größter Ausgabe-Posten
Sozialhilfe-Aufwendungen sind mit 272 Millionen in 2022 ohnehin schon der größten Ausgabe-Brocken im Kreis-Etat, dicht gefolgt von der Umlage an den LVR (210). Das Personal schlägt mit knapp 84 Millionen zu Buche. Beim Blick auf das Etat-Volumen rangiert der Aufwand bei 696 und der Ertrag bei 672 Millionen Euro. Darin stecken neben der bereits erwähnten, dreistelligen Kreis-Umlage ein außerordentlicher Ertrag aus der Corona-Bilanzierungshilfe (7,4) und 15,5 Millionen aus den Rücklagen des Kreises.
Kämmerer kündigt Nachtragshaushalt an
Zum Jahresende, so kündigt Kreis-Kämmerer Christian Schölzel an, wolle man einen Nachtragshaushalt für 2023 einbringen.
Dabei beabsichtige der Kreis 17,5 Millionen Euro Überschüsse aus den Vorjahren und explizit aus 2020 an die kreisangehörigen Kommunen weiterzugeben. „Wir müssen aber auch der veränderten Kostensituation Rechnung tragen.“