Neviges. Ein Jahr nach der Flut kann der Heißmangel-Betrieb in Velbert-Neviges bald in den sanierten Laden zurückziehen. Doch ein Hindernis gibt es noch.

„Ette“ summt leise vor sich hin, Elke Grotegut streicht noch ein letztes Mal über den gestreiften Bettbezug, alle paletti, alles glatt. Nun noch zwei, dreimal falten, und schon ist der nächste Wäschekorb voll. Kurz vor elf ist es im Heißmangel-Betrieb Grotegut an der Weinbergstraße, die Sonne brennt auf das Zeltdach, dazu die Hitze, die „Ette“ abgibt, wie Familie Grotegut ihre unverwüstliche gute, alte Miele-Mangel nennt. „Manchmal haben wir hier 40 Grad, das können Sie dann kaum aushalten“, sagt die 56-Jährige. „Wird Zeit, dass die drüben fertig werden.“ Die Flut hatte zum Umzug in das Partyzelt gezwungen. Vor einem Jahr, in der Nacht zum 15. Juli, als nach dem Starkregen der Hardenberger Bach über die Ufer trat, da strömte die braune Brühe in das 400 Jahre alte denkmalgeschützte Schieferhaus. Verwüstete das Ladenlokal im Erdgeschoss, beschädigte die Treppe hoch zur Wohnung der Familie.

Handwerker gehen ein und aus

Stunden, die Elke Grotegut nie vergessen wird. Eine patente, resolute Frau, die anpackt statt zu klagen, mit ihrem Ehemann und den Töchtern den Betrieb sofort wieder auf die Beine stellte. Seit einem Jahr gehen drüben Handwerker ein und aus, heute sind es Maurer, Fliesenleger, Elektriker. „Ich mach hier gerade ein 24 Stunden Praktikum, und das zuhause“, meint Tochter Doreen mit Galgenhumor. Sie studiert Bauingenieurwesen weiß seit der Flutnacht: „Wichtig ist, die Telefonnummern von allen Kunden zu haben.“ Damit die, sobald es wieder möglich war, ihre Wäsche abholten.

Die Flutnacht ist unvergessen

Rundum saniert. Die frei gelegten Balken verleihen dem Raum in dem 400 Jahre alten Haus einen besonderen Charme.
Rundum saniert. Die frei gelegten Balken verleihen dem Raum in dem 400 Jahre alten Haus einen besonderen Charme. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Schnell die Wäschekörbe auf das oberste Regalbrett gestellt, und hoch in die Wohnung im ersten Stock – das war der erste Reflex, als die Groteguts am 14. Juli letzten Jahres gegen 18 Uhr sahen „wie immer mehr Wasser aus dem Gully kam“, erinnert sich Elke Grotegut. Ihre Mitarbeiterin Kerstin Wassenhofen weiß noch: „Um 19 Uhr bekam ich eine Whats App: ,Wir saufen ab’.“ Und die Groteguts? Bewahrten Ruhe. „Wir haben uns nach oben verzogen und bei Kerzenschein abgewartet.“ Gegen 1.30 Uhr, da wagten sie sich raus in den Schlamm, war auch höchste Zeit für Sammy, die zwölfjährige Hündin, die normalerweise abends ihre letzte Gassi-Tour macht. „Ja, dann ging alles ganz schnell.“

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Die Feuerwehr rückte an, am nächsten Morgen stand schon ein Container vor der Tür, auch die Technischen Betriebe Velbert seien fix vor Ort gewesen. Drei Monate stand der Betrieb still, dann kauften die Groteguts das Partyzelt, machten es sturmfest, die Firma Wohlgemuth reparierte für rund 2000 Euro Mangel „Ette“, die Stammkunden brachten wieder ihrer Tischtücher und Bettwäsche. Und jetzt sehnt Elke Grotegut bei steigenden Temperaturen mehr und mehr den Umzug in ihren Betrieb herbei.

Haus war gut versichert

Land unter: So sah die Weinbergstraße am Abend des 14. Juli 2021 aus.
Land unter: So sah die Weinbergstraße am Abend des 14. Juli 2021 aus. © Unbekannt | Thomas Bellers

„Ich hoffe mal, so Ende August. Der Boden ist neu, der Anstrich, die Elektrik ist fast fertig.“ Die vor Jahren nachträglich eingezogene Zwischendecke war so morsch, dass sie komplett weg musste – dadurch sind jetzt die alten Balken frei gelegt und geben dem Raum besonderen Charme. Warum der Umzug trotzdem noch ein paar Wochen dauert: „Wir bekommen eine neue Treppe hoch zu unserer Wohnung. Das wird stauben, und solange die nicht fertig ist, stelle ich keine Wäsche in das Haus“, sagt Elke Grotegut, die jeden Tag froh ist, nie am falschen Ende gespart zu haben. „Eine Elementarversicherung für ein denkmalgeschütztes Haus, das war all die Jahre richtig teuer.“ Eine Investition, die sich gelohnt habe. „Insgesamt ist das inzwischen ein sechsstelliger Betrag.“

Lob für das Denkmalamt

Nicht nur mit der Versicherung klappe die Zusammenarbeit hervorragend, ein dickes Lob gibt es auch für die Untere Denkmalbehörde der Stadt Velbert: „Frau Holota-Fernau hat immer Tipps, die kann man fragen, die hilft weiter. Und die haben ja wahrlich ordentlich zu tun, allein in Langenberg.“ Bevor der Betrieb zurückzieht in die frisch renovierten Räume, wird „Ette“ noch schick gemacht. „Dann lassen wir sie lackieren, das hat sie dann verdient.“