Kreis Mettmann. Zum Schutz vor häuslicher Gewalt arbeitet die Caritas im Kreis Mettmann auch intensiv an der Therapie der Täter. Auch das sei Prävention.

Häusliche Gewalt sei allgegenwärtig und Strafen allein seien laut Caritasverband selten das geeignete Mittel, zumal gerade im sozialen Nahfeld Täter und Opfer oft weiterhin zusammenblieben. „Hier helfen Aufklärung, Beratung und Training weiter. Durch die Arbeit mit Tätern und Täterinnen soll der Kreislauf von häuslicher Gewalt durchbrochen werden, indem Gewaltausübende Verantwortung übernehmen und ihr gewalttätiges Verhalten beenden“, teilt der Verband mit. Jährlich steigende Klientenzahlen bestätigten die Bedeutung der Täterarbeit der Caritas-Fachstelle für Gewaltprävention mit ihrer spezialisierten Beratungsstelle im Kreis Mettmann.

Profis informieren und beraten

Bei aller Methodenvielfalt – im Kreis Mettmann hat sich der vom Caritasverband angewandte Ansatz durchgesetzt: „So ungewöhnlich es im ersten Moment klingen mag, Täterarbeit ist auf lange Sicht der nachhaltigste Opferschutz“, erläutert Thomas Rasch, verantwortlich für den Bereich Integration und Rehabilitation bei der Caritas. In der „Fachberatung gegen häusliche Gewalt“ beschäftigt der Kreis-Caritasverband Profis, die informieren, beraten und therapeutische Angebote für Einzelne und Gruppen haben.

Täter sind in der Regel Männer

Schlagende – in der Regel – Männer brauchen Hilfe, sind sich Experten landesweit einig. Häusliche Gewalt sei in den allermeisten Fällen erlernt, nicht angeboren – also könne der Täter auch etwas daran ändern, wenn er denn wirklich wolle. „Zugegeben, das klappt nicht von heute auf morgen. Lässt sich ein Klient auf die Zusammenarbeit mit uns ein, bleibt er in aller Regel ein Dreivierteljahr oder länger im Programm“, bestätigt Andreas E. Smolka. Der Familientherapeut und ausgebildete Trainer für Täterarbeit bei häuslicher Gewalt spricht aus jahrelanger Erfahrung.

Bundesweit verbindliche Standards

Am bundesweit verbindlichen Standard zur Arbeit mit Tätern häuslicher Gewalt der BAG TäHG und des Bundesfamilienministeriums, an dem sich die Täterarbeit betreffend auch das Gewaltschutzkonzept des Kreises orientiert, hat er maßgeblich mitgearbeitet. „Keine Frage, Opfer von häuslicher Gewalt brauchen Hilfe und Unterstützung. Wenn sich aber dauerhaft etwas ändern soll, muss es auch für die Täter eine Hilfestellung geben. Nach der ersten Ohrfeige, der ersten Beleidigung, den ersten wüsten Beschimpfungen oder der Beschlagnahme des Handys der Partnerin öffnet sich oft eine Spirale der Gewalt, aus der es kein Entrinnen mehr gibt. Wer im häuslichen Bereich Gewalt ausübt, löst einen unheilvollen Kreislauf aus. Wir helfen da wieder heraus“, verspricht Smolka.

Mehr Menschen kommen freiwillig

Ein Ziel der Arbeit mit Tätern ist es, den Kreislauf der Gewalt zu durchbrechen, damit eine nicht genehme SMS der Frau, ein unbedachtes Wort oder eine Ungeschicklichkeit im Haushalt nicht erneut zu einem Gewaltausbruch führen.
Ein Ziel der Arbeit mit Tätern ist es, den Kreislauf der Gewalt zu durchbrechen, damit eine nicht genehme SMS der Frau, ein unbedachtes Wort oder eine Ungeschicklichkeit im Haushalt nicht erneut zu einem Gewaltausbruch führen. © dpa | Sebastian Gollnow

Etwa die Hälfte der Klienten käme mit einer Auflage der Justiz, doch erlebt Smolka zunehmend, dass Männer – aber auch Frauen – freiwillig in die Beratungsstelle kommen. Diese „Selbstmelder“ würden durch ausgelegte Flyer, Tipps von Freunden oder Jugendämtern auf das Hilfsangebot aufmerksam. Auf sie warte neben Einzelgesprächen am Ende der soziale Trainingskurs in der Gruppe. Häusliche Gewalt sei dabei weder eine Frage der gesellschaftlichen Stellung, Herkunft noch Religion. Der Hilfsarbeiter schlage seine Freundin oder Ehefrau ebenso oft wie der Akademiker oder Verwaltungsangestellte. „Häufig fällt es in einem Mietshaus nur eher auf als in den nicht einsehbaren Eigenheimen am Speckgürtel der Städte“, stellt die Caritas fest. Auch sei die Hemmschwelle einen persönlich bekannten Nachbarn, womöglich jemanden in einer gehobenen Position anzuzeigen höher als in einem Hochhaus die Polizei zu alarmieren, wenn die Hilferufe aus der Nachbarwohnung mal wieder nicht zu überhören seien.

Gewaltkreislauf durchbrechen

„Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen fällt oft schwer, ist aber erlernbar“, weiß auch Alexander Lajios, der als zertifizierte Fachkraft ebenfalls zum Team der Beratungsstelle gehört. Verantwortungsübernahme sei notwendig, damit der Gewaltkreislauf überhaupt unterbrochen werden könne, damit eine nicht genehme SMS der Frau, ein unbedachtes Wort oder eine Ungeschicklichkeit im Haushalt nicht erneut zu einem Gewaltausbruch führe. Etliche hundert bekannt gewordene Fälle häuslicher Gewalt im Kreis Mettmann Jahr für Jahr sprächen eine deutliche Sprache. „Es gibt keine Rechtfertigung für häusliche Gewalt, es gibt aber Hilfen, die es anzunehmen gilt, damit die aktuelle oder spätestens die nächste Partnerin vor Übergriffen geschützt ist“, appelliert Andreas E. Smolka.

Runder Tisch und Kontakt

Auch am Runden Tisch gegen häusliche Gewalt des Kreises Mettmann sitzt der Caritasverband gemeinsam mit Justiz, Verwaltung und anderen Institutionen, etwa dem Frauenhaus. Der Information und Sensibilisierung von Multiplikatoren wie Lehrern, Ärzten oder Mitarbeitern sozialer Dienste wird eine große Bedeutung beigemessen.

Die kreisweit zuständige Beratungsstelle der Caritas gegen häusliche Gewalt hilft unabhängig von Geschlecht oder sexueller Orientierung. Die Beratungsstelle ist unter 02104 79493335 oder per E-Mail an gewaltfrei@caritas-mettmann.de erreichbar. Weitere Infos: www.caritas-taeterarbeit.de.