Hattingen. Ihr Partner soll sie gewürgt, verprügelt und bedroht haben. Doch vor Gericht in Hattingen schweigt die junge Frau. Der Prozess wird eingestellt.
Zwei Fälle von häuslicher Gewalt wurden jetzt vor dem Amtsgericht Hattingen verhandelt. In beiden Fällen sollen Streits zwischen dem Angeklagten und seiner Freundin in der gemeinsamen Wohnung eskaliert sein. Doch beide Beteiligten zeigen sich vor Gericht wenig auskunftsbereit, auch direkte Zeugen gibt es nicht.
„Ganz normale Auseinandersetzung“ eskalierte
Was sich zu den beiden fraglichen Tatzeitpunkten – im Juli und November 2020 – also wirklich in der Wohnung im Stadtteil Welper abgespielt hat, bleibt bis zuletzt ungewiss. Der Angeklagte (30) will sich zunächst gar nicht äußern, so dass zuerst die Lebensgefährtin und zugleich Geschädigte gehört wird.
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Den Streit in der Nacht zum 30. Juli beschreibt die 21-Jährige als „eine ganz normale Auseinandersetzung, die man als Paar schon mal hat“. Dabei sei es um den Bierkonsum des Angeklagten gegangen. Warum der Streit eskaliert sei und was genau dabei passiert ist, will sie aber nicht verraten – „dann müsste ich mich selbst belasten.“
Verletzungen der Nacht sind attestiert
Attestiert sind allerdings ihre Verletzungen aus dieser Nacht: Neben mehreren Hämatomen im Gesicht, an Hals und Oberkörper hatte sie auch einen blutenden Riss am Ohr. Laut Anklageschrift soll der Angeklagte seine Freundin aufs Bett geworfen, sie gewürgt und mit den Fäusten auf sie eingeprügelt haben. Außerdem habe er ihr gedroht, sie eines Tages „kalt zu machen“.
Dazu passt, was zwei Zeugen zu berichten haben: Ein Lkw-Fahrer, der in der fraglichen Nacht aus Blankenstein nach Welper unterwegs war, erinnert sich, dass die Frau vor ihm „auf die Straße gesprungen“ sei. „Hilfe! Hilfe! Mein Freund will mich umbringen. Er hat mir das halbe Ohr abgerissen“, soll die Geschädigte gerufen haben. Dabei habe sie nur eine Socke getragen, mit der Hand ihr Ohr bedeckt, am Hals konnte er rote Spuren entdecken. Kurz danach kam bereits die – durch ihn alarmierte – Polizei.
Noch genauer erinnert sich eine der Beamtinnen vor Gericht an den Zustand der jungen Frau: Von Verletzungen und Blut im Gesicht spricht sie, von dem Riss am Ohr und Würgemalen am Hals. „Auch das Make-up war verschmiert, sie war völlig aufgelöst.“
Geschädigte gibt sich selbst die Schuld
Bei der Verhandlung ist davon nichts mehr zu merken. Sie habe den Streit im Juli angefangen, betont die 21-Jährige noch. Und auch – auf Rückfrage des Verteidigers –, dass sie unter einer Borderline-Störung leidet und zu den Zeitpunkten beider Streits ihre Tabletten nicht genommen habe.
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Überdies habe sie im November zwar selbst die Polizei gerufen, jedoch nicht etwa zu ihrem Schutz, sondern aus Sorge um ihren – erneut alkoholisierten – Partner. „Er ist mir ja schon mal zusammengebrochen“, führt sie aus und beschreibt den fraglichen Abend so: „Er hat ein bisschen zu viel getrunken und wollte ein Bett aufbauen. Das habe ich ihm verboten, weil er zu betrunken war. Dann wurde er sauer.“
Verfahren wird eingestellt
Zeugen gibt es zu diesem Vorfall nicht, abgesehen von einem der Polizisten, der an diesem Abend im Einsatz war. „Die Wohnung war relativ unordentlich, überall lagen verschiedene Möbelteile“, erinnert er sich noch, aber sonst an wenig.
Am Ende wird das Verfahren eingestellt. Auch weil sich das Verhältnis der beiden Hattinger mittlerweile entspannt habe, wie die Verteidigung ausführt. Schließlich leben beide jetzt gemeinsam in Bayern. Der Angeklagte muss 1500 Euro an ein Frauenprojekt zahlen.
§153a StPO
Die Strafprozessordnung (StPO) kennt mit § 153a das „Absehen von der Verfolgung unter Auflagen und Weisungen“. Demnach kann das Gericht (mit Zustimmung von Staatsanwaltschaft und Angeklagtem) das Verfahren vorläufig einstellen bis der Angeklagte bestimmte Auflagen erfüllt hat.
Diese müssen das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung beseitigen und dürfen der Schwere der Schuld nicht entgegenstehen. In Frage kommt zum Beispiel, dass der Angeklagte einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung oder der Staatskasse zahlen muss.
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