Velbert. Auf ein neues Fahrrad müssen Zweiradfans momentan teils ein Jahr warten. Und auch Reparaturen können teils Wochen dauern. Warum das so ist.

Christian Tüller hat in seiner Fahrrad-Werkstatt wieder einmal alle Hände voll zu tun. Gerade ist er dabei das Zubehör eines Fahrrads zu befestigen – in diesem Fall Beleuchtung und Schutzbleche. Seit der Corona-Pandemie hat es einen regelrechten Boom für Fahrradhändler wie ihn gegeben, da wieder mehr Menschen angefangen haben, mit dem Fahrrad unterwegs zu sein und sich um ihre Räder zu kümmern.

Das Team erweitert

„Jetzt im Sommer gibt es natürlich für uns sowieso nochmal mehr zu tun“, erzählt der Inhaber des Fahrradgeschäfts Zweirad Tüller. Aufgrund der zahlreichen Kundschaft hat der Fahrrad-Experte sein Team sogar auf mittlerweile sieben Mitarbeiter erweitert. Und trotzdem hat sein Laden sowie die meisten anderen Fahrradshops in Deutschland aufgrund der weltweiten Pandemie mit einem großen Problem zu kämpfen, denn obwohl es an der Nachfrage nicht mangelt, stockt es aktuell erheblich am Angebot.

Globale Lieferengpässe

Manche Bauteile für die Räder sind im Moment nicht leicht zu bekommen.
Manche Bauteile für die Räder sind im Moment nicht leicht zu bekommen. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Ursache dafür sind globale Lieferengpässe, die neben der Fahrradbranche auch viele weitere Geschäftsbereiche aktuell vor Schwierigkeiten stellen. Diese kommen aufgrund wochenlanger Stilllegungen vieler Produktionsstätten vor allem in Asien zustande. Von einem Shutdown in Malaysia waz vor kurzem beispielsweise ein Werk von „Shimano“ betroffen. Das japanische Unternehmen ist weltweiter Marktführer für Fahrradkomponenten. In dem Werk in Malaysia produziert Shimano vorwiegend Scheibenbremsen und Kassetten sowie Halbfertigerzeugnisse für andere Produktionsketten. Wenn diese nicht geliefert werden können, hat das also weltweite Auswirkungen.

Einige Modelle können nicht mehr bestellt werden

Für seinen Fahrradshop in Velbert heißt das nun schon seit einiger Zeit: „Wir können bestimmte Fahrradmodelle einfach gar nicht mehr anbieten oder bestellen. Die Lieferungen verspäten sich zum um Monate.“ Wenn er heute ein Model bestellt, käme es voraussichtlich im nächsten Sommer erst an, berichtet er. „Auf der anderen Seite sind wir nun auch auf eine viel kleinere Auswahl an Modellen vonseiten der Hersteller angewiesen.“

Auf der Suche nach Ersatzteilen

Ähnlich sieht die Situation in Bezug auf die Beschaffung von Ersatzteilen aus. Er und seine Mitarbeiter schauen täglich nach anderen Lieferanten, die kurzfristig immer mal wieder etwas in ihrem Sortiment anbieten können. „Da stürzen sich dann natürlich gleich mehrere Händler darauf“. Die Bestellungen auf Vorrat erinnern den Shop-Besitzer an die Hamsterkäufe zu Beginn der Corona-Krise „als alle auf einmal Toilettenpapier gebunkert haben, um sicherzugehen“, erzählt er. Das sorge allerdings dafür, dass die Engpässe noch einmal verstärkt werden.

Kunden nach Hause geschickt

Noch hat Christian Tüller eine ganze Reihe von Rädern vorrätig, doch der Nachschub stockt.
Noch hat Christian Tüller eine ganze Reihe von Rädern vorrätig, doch der Nachschub stockt. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Bei Reparatur-Anfragen müssen Tüller und seine Mitarbeiter nicht selten Kunden wieder nach Hause schicken, da schlichtweg keine Ersatzteile für bestimmte Räder mehr vorhanden sind. Trotz der Situation ist der Fahrradhändler zuversichtlich und sagt: „Wir haben zum Glück noch sehr viele Fahrräder im Laden und auch sehr viel vorbestellt“.

Von den Engpässen betroffen ist in Velbert auch das Fahrradgeschäft „Bike Special Parts Franke“. Miteigentümerin Ursula Franke ist sich sicher: „Die Situation wird definitiv bis Ende des nächsten Jahres noch so bleiben. Wir hoffen natürlich, dass es ab dann wieder besser wird. Aktuell kann man das allerdings noch nicht abschätzen“.

So hat Corona die Fahrradbranche positiv beeinflusst

Nach Angaben des Zweirad-Industrie-Verbandes wurden 2020 rund eine Million Räder mehr verkauft als im Jahr zuvor. Das ist eine Steigerung von rund 35 Prozent.Im Schnitt gaben die Deutschen fast 1000 Euro für ein neues Rad aus, mehr als doppelt so viel wie im Jahr 2010. Grund dafür sind auch die gestiegenen Verkäufe von teureren E-Bikes.

Kunden zeigen Verständnis

Dass das Ganze am Ende auch erstmal bei der Kundschaft ankommen muss, weiß man auch beim E-Bike-Anbieter „e-motion Technologies Premium Shop Velbert“: „Natürlich erklären wir unseren Kunden die Lage, da kommt uns dann meistens auch Verständnis gegenüber“, sagt Shop-Leiter Michael Wiegel. Aufgrund der Produktions- und Lieferprobeleme seien vielerorts zu Beginn des Jahres die Preise für Fahrräder um rund fünf Prozent gestiegen, so Wiegel weiter. Die Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) erwartet, dass die Preise in Zukunft sogar um 10 bis 15 Prozent wachsen.