Langenberg. Stefan Overkamp aus Langenberg beschäftigt sich beruflich mit Geodaten. Die sind oft frei zugänglich, er arbeitet das Material in einem Blog auf.
Dass die Karte auf dem Blog von Stefan Overkamp Langenberg zeigt, ist schnell klar: Das charakteristische Straßenmuster der Altstadt und der Verlauf der Bäche sind deutlich zu erkennen. Und dann sind da rote Linien und blaue Flächen.
„Ich habe eine Karte erstellt, die verschiedene Geodaten aus dem Hochwasserrisikomanagement des Landes NRW umfasst“, erläutert der Langenberger, der seit mehr als 20 Jahren beruflich mit solchen Geodaten zu tun hat.
Daten frei zugängig
Nur: Diese Daten sind zwar oft frei zugängig, „aber Otto-Normal-Verbraucher können da in der Regel erst einmal nicht viel mit anfangen.“ Und da komme er ins Spiel: Er nimmt das Zahlenmaterial und arbeitet es alltagstauglich auf. Unterstützung bekommt er von einer Hydrogeologin aus Langenberg.
So hat er auch diese Karte von Langenberg erstellt, auf der das Hochwasser von Mitte Juli dargestellt ist. Die roten Linien etwa markieren die festgesetzte Hochwasserlinie, die blaue Fläche – je nach aktiviertem Regler – das tatsächliche Hochwasser von Mitte Juli oder die vermutete Überschwemmungsfläche bei verschieden starken Hochwässern.
Seitenbäche nicht berücksichtigt
Dabei zeige sich, dass das Hochwasser vom 14./15. Juli „die Überschwemmungsgrenzen des so genannten HQ extrem (Jährlichkeit: 1000 Jahre) erreicht und durch weitere betroffene Gewässer teilweise sogar überschritten hat“, hat Stefan Overkamp festgestellt.
Denn für das Hochwasserrisikomanagement seien nur der Deil- und der Hardenberger Bach berücksichtigt worden. „Es gab aber auch Überschwemmungen abseits der Risikogewässer“, sagt Overkamp. Dadurch seien weitere Straßen im Stadtgebiet unpassierbar gewesen.
Straßen überschwemmt
Der Brandenberger Bach (am Bökenbusch) habe etwa die Vogteier Straße überschwemmt. Auch die Wewersbeek habe – „nach Erzählungen von Anwohnern“, so Overkamp – Bereiche an der Wilhelmshöher Straße, Weberstraße und Heeger Straße überschwemmt.
Der Felderbach hat zusätzlich die Bonsfelder Straße und der Eselssieper Bach die Bleibergstraße nebst Bahnübergang überströmt. „Es zeigt sich, dass eine Beschränkung auf die so genannten Risikogewässer Deilbach und Hardenberger Bach dem Hochwassergeschehen nicht mehr gerecht wird“, stellt Stefan Overkamp fest.
Für ihn, der auch im Verwaltungsrat der Technischen Betriebe Velbert (TBV) sitzt, sei daraus der Schluss zu ziehen, dass „die Einschätzung zu Starkregenereignissen sich ändern muss“. So seien etwa die TBV bislang davon ausgegangen, dass bei Starkregen in erster Linie das Kanalnetz überlastet sein werde. „Dass auch Gewässer betroffen sein könnten, ist nicht berücksichtigt worden“, sagt Overkamp.
Kritik am Flächennutzungsplan
Kritik übt Overkamp, der für die Grünen im Stadtrat sitzt, auf seinem Blog auch am Flächennutzungsplan: „In festgesetzten Überschwemmungsgebieten sollen bauliche Anlagen nicht errichtet oder erweitert werden“, sagt der Langenberger. „Dennoch hat der Flächennutzungsplan Velbert in Nierenhof die Wohnbaufläche bis an den Rand des Deilbaches erweitert.“
„Die Flächen liegen deutlich höher als der Deilbach“, zitiert Overkamp auf seinem Blog den Umweltbericht zum Flächennutzungsplan von Juli 2009 (S. 159). Und im BZA Langenberg habe die Verwaltung am 27. April 2016 dann darüber berichtet, „dass die Voraussetzungen geschaffen seien, dass auf dem Grundstück ,Im grünen Winkel’ in Ufer-/Bachnähe gebaut werden könne.“
Doch die gerade fertiggestellten Wohnhäuser am grünen Winkel sowie weitere Gebäude wurden dann doch vom Hochwasser vor vier Wochen überflutet.
Flächen für die Bäche schaffen
Und was soll nun passieren? Zum einen müssen auch die kleinen Nebenbäche der beiden Hauptgewässer in das Risikomanagement eingebunden werden. „Und dann müssen weitere Überschwemmungsflächen her“, sagt Stefan Overkamp. Am Deilbach etwa im Bereich von Haus Pax. Und am Hardenberger Bach könne in Höhe des Spargelhofes im Kuhlendahl auch eine Rückhaltemöglichkeit eingebaut werden.
Forschung unterstützen
Aufgrund fehlender Pegeldaten hat Stefan Overkamp mit Unterstützung aus der Bürgerschaft begonnen, das Hochwasserereignis mittels verorteter Fotos und Kartierung der aktuellen Überschwemmungsgrenzen zu dokumentieren.Wer mit eigenen Fotos helfen möchte, kann diese per Mail an geodaten-velbert@posteo.de senden, dazu noch Aufnahmeort (z. B. die Adresse) und Blickrichtung angeben. Wer Interesse hat, bei der Geodatenpflege mitzuwirken, kann sich ebenso melden.