Velbert. Seit einem Jahr liefert die Tafel Niederberg in Velbert auch aus. Nun zieht sie Bilanz. Warum das Modell in ganz Deutschland Schule machen könnte.
Am Tafelstandort an der Mettmanner Straße ist der Transporter mit frischer Ware am Samstagmittag angekommen. Große Plastiksäcke mit Brot und Brötchen werden in den Verkaufsraum gewuchtet. Eine Gruppe junger Frauen zieht sich Einweghandschuhe über und beginnt damit, die Ware zu verteilen. „Wir sind so was die Bäckereiverkäuferinnen, wir packen die Tüten mit den Brötchen. Dabei kann man ein bisschen quatschen, während die Jungs die Gemüsekisten schleppen“, beschreibt Lana Salnoski die Aufgabenverteilung der „Saturday Suppliers“.
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Um die Ehrenamtler, die meistens 65 Jahre und älter sind, zu schützen, wurden zu Beginn der Pandemie im vergangenen Jahr die Tafelstandorte geschlossen und für Härtefälle ein Lieferdienst eingerichtet. Die Tafel Niederberg wollte schon seit längerem einen Hauslieferdienst auf die Beine stellen, durch Corona wurde der vor einem Jahr ganz schnell umgesetzt. „Ich hatte keine Lust, meine Bachelorarbeit zu schreiben und wir hatten alle nichts zu tun, da haben wir beschlossen, was Sinnvolles zu machen“, beschreibt Sabrina Kaufmann die Lage vieler Studenten im Frühjahr 2020.
Eine tolle Truppe hat sich gefunden
Die Tafel-Koordinatorin Tanja Högström ist begeistert: „Das funktioniert super. Die komplette Organisation wird allein gemeistert und die Truppe wächst und wächst.“ An jeden zweiten und vierten Samstag im Monat kommen sie zusammen, sammeln bei verschiedenen Lebensmittelläden in der Umgebung die Ware ein und teilen sie am Tafel-Standort bedarfsgerecht auf die Kunden auf. „An den Kisten sind Schilder, auf denen Besonderheiten vermerkt sind, zum Beispiel ob Kinder oder Haustiere dabei sind, ob Allergien vorliegen oder kein Schweinefleisch gewünscht ist“, so Sabrina Kaufmann. „Die Leute sind mega-dankbar, wir kriegen direkt ein Feedback“, freut sich Lisa Lohmann über die Reaktion der Kunden.
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Die Freude an der Arbeit ist Tanja Högström nicht verborgen geblieben: „Es herrscht eine gute Stimmung, es hat sich sogar ein Liebespaar gefunden. Ein Student ist nach Stuttgart verzogen, aber kommt einmal im Monat, weil er den Zusammenhalt so schätzt.“ Mit den Samstags-Lieferanten hat die Bergische Diakonie als Träger Neuland betreten. Demnächst wird ein Video gedreht, das anderen Tafeln in Deutschland das Niederbergische Modell vorstellt. Sollten nach der Tour Sachen übrig bleiben, werden diese an Sozialeinrichtungen abgegeben.
Fast alles kann verwertet werden
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Es wird fast alle verwertet: „Der Partyservice Linke in Langenberg kocht aus Gemüse Eintöpfe und aus Obst Marmeladen, die dann an unsere Tafelgäste in Dosen oder Gläser ausgegeben werden. Mahlzeiten an den Standorten dürfen noch nicht durchgeführt werden“, verweist Tanja Högström auf die aktuelle Lage. „Die Kunden beteiligen sich mit zwei Euro für jeden Erwachsenen und 50 Cent pro Kind an der Lieferungen. „Damit kriegen wir nicht einmal die Fahrzeugenkosten rein, wir sind auf Spenden angewiesen, das ist aber schwierig in Zeiten der Pandemie“ klagt die Tafel-Koordinatorin, die sorgenvoll auf einen der vier Transporter blickt: „Der kriegt immer mehr Kinderkrankheiten, der muss bald ersetzt werden. Es wäre schön, wenn wir 1000 Familien hätten, die zehn Euro im Monat spenden.“
Inzwischen hat die erste Freitagabendtafel statt gefunden. „Viele Menschen mit geringen finanziellen Mittel haben haben mittags keine Zeit wegen Minijobs, Kinderbetreuung oder anderem, deshalb haben wir die Freitagabendtafel von 17 bis 19 Uhr eingeführt. Die fand jetzt zu ersten Mal statt, der Zuspruch war verhalten, es ist noch nicht so publik“, bedauert Tanja Högström, die hofft, dass jeder, der berechtigt ist, sich registrieren lässt.
Das ist die Tafelkarte
Zur Tafel dürfen Rentner, Menschen in Grundsicherung, Erwerbslose, Studierende, Kurzarbeiter, Geringverdienende mit entsprechenden Nachweisen. Eine Tafelkarte kann im Tafel-Büro in Velbert, Mettmanner Straße 53, dienstags von 9 bis 13 Uhr und donnerstags von 9 bis 13 Uhr und 14 bis 16 Uhr, unter 02051/4170042 beantragt werden. Weitere Infos unter www.tafel-niederberg.de