Neviges. Seit 2018 gibt es den Verein „Nevigeser machen das“. Er wurde von Matthias Gohr nach dem ersten kleinen Dorffest gegründet.
Feierabend. Ralph Groß steigt auf sein Trimm-Dich-Rad im Hobbyraum und beginnt zu strampeln. Der kaufmännische Angestellte trägt ein rotes Poloshirt. Darauf gestickt: drei stilisierte Figuren mit dem Slogan: „Nevigeser machen das“.
Normalerweise würden er und Matthias Gohr, Gründer des „Vereins Nevigeser machen das“ (NMD) jetzt in einem Café in der Altstadt zusammensitzen und neue Aktionen für das Jahr planen. Stattdessen hat Ralph Groß die Videokonferenz gestartet. „Corona eben“, sagt er schulterzuckend.
Dorffest als digitales Hintergrundbild
Der digitale Hintergrund von Matthias Gohr: Eine Momentaufnahme aus vergangener Zeit, auf der sich Menschen lachend zuprosten, tanzen und sich freuen, sich im Zentrum des Dorfes zu treffen. „Eine Aufnahme von unserem dritten Dorffest“, erinnert sich Gohr melancholisch. „Das kleine Dorffest ist das Herzstück unserer Vereinsarbeit“, er verbessert sich: „Nur durch die Feier, die erstmals im Juli 2017 stattfand, ist unser Verein überhaupt entstanden.“ Die Gründung erfolgte am 10. April 2018. Der dritte Geburtstag von NMD konnte nur virtuell gefeiert werden.
Feste feiern ist in der Pandemie nicht möglich
Ralph Groß auf seinem Trimm-Dich-Rad nickt. „Das war eine absolut grandiose Veranstaltung. Ganz Neviges war da, egal ob jung oder alt und ob arm oder reich und wir haben alle ausgelassen miteinander gefeiert. Diese Form von Zusammenhalt, das ist genau das, was unser Dorf braucht.“ Neviges – als einer von drei Ortsteilen Velberts – werde oft „stiefmütterlich behandelt“, findet er.
„Viele wissen gar nicht, wie viele Unternehmen wir hier haben und wie lebenswert es hier ist“, Ralph Groß lacht – „bis auf die Nevigeser natürlich.“ Dann ergänzt er: „Ich hab schon immer gesagt, Nevigeser sind wie Lachse, sie kehren immer zu ihrem Geburtsort zurück.“
Ins Dorf eingeheiratet
Dabei ist der 59 Jährige „nur ins Dorf eingeheiratet“, wie er schmunzelnd verrät. Und dennoch, auch er ist ein Teil des Dorfes und freut sich, mit dem Verein aktiv etwas zum Wir-Gefühl beitragen zu können. „Derzeit ist das natürlich schwieriger als sonst“, verrät Gohr, der hauptberuflich technischer Angestellter im Bereich Versorgung bei den Wuppertaler Stadtwerken ist.
„Ich bin Nevigeser durch und durch – von Geburt an“, also seit 44 Jahren. „Das Wort ,machen’ in unserem Vereinsnamen wird bei uns groß geschrieben. Wir möchten für Taten und nicht für Worte stehen und das ist durch Corona natürlich erschwert“, erklärt er. „Momentan leisten wir eher Hintergrundarbeit“, bestätigt Gohr, „zuhören ist einfach wichtig“. Die beiden anderen nicken. „Den Einzelhändlern geht es schlecht, sie sind einfach froh, wenn jemand ein offenes Ohr für sie hat.“
Derzeit eher Hintergrundarbeit
Die kleinen, inhabergeführten Läden konnten sich bei den Dorffesten sonst stets präsentieren. Hinter ihren Geschäften stehen Menschen – echte Nevigeser, keine anonyme Handelskette. „Wir wollen da sein“, sagt Ralph Groß und schluckt. „In guten wie in schlechten Zeiten, das ist wie bei einer Ehe“. Und genau daher mache der Verein weiter. Eben jetzt in schlechten Zeiten.
„Die Stadt hat einige Fördermittel zugesagt, und das schon für 2020, also bleiben wir am Ball.“ Es geht um Verschönerungsmaßnahmen des Ortes oder aber auch die Errichtung von Komfortzonen. „Sitzgelegenheiten fehlen im Ortskern“, sagt Gohr „und wir freuen uns, dass wir als Verein ernst genommen und gehört werden“, so konnten sie unlängst die Problematik bei einem Ortsrundgang mit den städtischen Altstadtmanagern angehen.
Und das Team des Vereins wurde im vergangenen Jahr für die wenigen städtischen Veranstaltungen, die stattfinden konnten, als Kooperationspartner angefragt. „Da geht es nicht nur darum, dass wir Servicepartner sind und beispielsweise den Ausschank übernehmen, sondern wir können auch an der Umsetzung mitwirken. Das freut uns natürlich sehr und gibt auch Kraft, um weiterzumachen“, so Gohr.
Vielleicht eine kleine Party feiern statt eines kleinen Dorffestes
Und so planen die Vereinsmitglieder trotz Corona weiter – wie derzeit so viele online. Was ist da möglich? „Mit Präsenzveranstaltungen sind wir einfach vorsichtig“, sagt Matthias Gohr. „Auch mit Hygienekonzepten und Auflagen wäre es einfach schwierig ein Fest zu veranstalten, dass eben dafür bekannt ist, dass wir keinen Abstand halten müssen. Daher denken wir, dass es auch in diesem Jahr kein Dorffest in diesem Sinne geben wird.“
Gohr denkt kleiner: „Wir sind spontan – eine Party vielleicht, wenn Corona es zulässt, einfach nur mal ein bisschen in kleiner Runde zusammensitzen.“
Stadtführung, eventuell digital?
Derzeit denkt das Team aber über Alternativprogramm nach. Beispielsweise Führungen von Nevigesern für Nevigeser: „An jedem Windrad, an dem wir vorbeifahren, steckt ein Teil von uns“, schwärmt Ralph Groß. „Die Zahnräder werden alle hier produziert. Eine Betriebsführung, vielleicht digital, um auch ein wenig Leben auf unserer Homepage zu bringen.“ Auch andere große ortsansässige Firmen, zu denen die Vereinsmitglieder einen guten Draht haben, könnten ihre Türen öffnen.
Und ein digitales Dorffest? Matthias Gohr nickt, Ralph Groß scheint skeptisch. „Man müsste prüfen, wie das funktioniert“, sagt er „online ist es nun einmal einfach nicht das Gleiche, aber machbar ist es natürlich.“
„Auf jeden Fall machen wir weiter“
Weiter macht der Verein auf jeden Fall, ob mit oder ohne Dorffest. „Wir wollen ja auch nicht in Vergessenheit geraten“, sagt Groß. „Das ist natürlich einfach schwierig, wenn man so wenig agieren kann.“ Deswegen wollen sie jetzt mit einer neuen Aktion die Verbundenheit der Nevigeser unter Beweis stellen. „Mit Aufklebern an den Geschäften der Einzelhändler“, so Gohr. „Und wir werden uns auch Gedanken um unser Merchandising machen. T-Shirts, Becher mit unserem Logo, all das ist ja nach wie vor gefragt“ – und unterstützt den lokalen Einzelhandel, da alles in Neviges geplottet wird.
„Von Nevigesern für Nevigeser eben“, sagt Gohr. Und dann ist es ein bisschen, als wenn die Drei – wie bei einem echten Treffen – die Zeit vergessen haben. „Essen ist fertig, ich muss dann mal“, sagt Groß, rutscht vom Rad und winkt in die Kamera. Nevigeser machen das eben – auch während Corona. Aber alle wünschen sich natürlich eins: Endlich wieder „so richtig was machen können: mit in-den-Arm-nehmen und ohne Corona-Regeln.“
Dorffest auch für dieses Jahr geplant
Das erste Dorffest wurde 2017 auf der Brunnenplatte in der Nevigeser Fußgängerzone gefeiert. Der Verein wurde am 10. April 2018 gegründet und feierte seinen dritten Geburtstag somit nur virtuell.In Planung ist das 4. Kleine Dorffest trotz Corona: Sollte es stattfinden dürfen, hat der Verein als Termin den 26. Juni ab 14 Uhr festgelegt.Auf der Homepage www.nevigeser-machen-das.de gibt es alle aktuellen Informationen zum Verein.