Langenberg. Elke ist 56 Jahre alt und nutzt das Angebot des betreuten Wohnen im Wendepunkt Langenberg. So lernt sie, ihrem Alltag wieder Struktur zu geben.
Der Verein Wendepunkt bietet in Langenberg auch die Möglichkeit des betreuten Wohnens an. Elke, 56 Jahre alt, ist eine der Frauen, die das Angebot in Anspruch nimmt – und die sich bereit erklärt hat, ihre Geschichte zu erzählen.
Die gelernte Krankenschwester durchlief zunächst von 2014 bis 2016 die ehemalige Reha des Wendepunktes, dann wechselte sie in die Tagesstätte der Sozialpsychiatrischen Gesellschaft Niederberg (SGN/gehört nicht zum Wendepunkt), lebte gleichzeitig aber schon im betreuten Wohnen des Wendepunktes. Aktuell ist Elke nur noch im betreuten Wohnen untergebracht und bewirbt sich für Arbeit in der Behindertenwerkstatt NWA.
Hilfe stand sofort zur Verfügung
Nach der Reha hat die 56-Jährige eine Wohnung bekommen, doch ihr wurde klar, dass sie noch das betreute Wohnen benötigt, da sie zuvor von morgens bis abends in einem „Schutzrahmen“ war, mit vorgegebenem Ablauf.
„Man hatte sofort Hilfe, wenn man es brauchte und deshalb war es mir wichtig, dass ich auch das betreute Wohnen bekomme, zumindest zwei Mal in der Woche“, erzählt sie. Und weiter: „Ich habe in den zwei Jahren Reha wirklich Hilfe erfahren, es ging vorher gar nicht mehr.“
Starke Antriebsstörungen
Zuvor habe sie in der Nähe ihrer Eltern in Niedersachsen gewohnt und sei dann ich in die Klinik gekommen. „Danach hab’ ich gesagt: ,So, jetzt geh ich in die Reha, bis es besser wird’. Bei mir waren es depressive Episoden.“
Elke litt an sehr starken Antriebsstörungen. „Ich habe mich nicht mehr um mich selbst, um meine Wohnung gekümmert. Ich bin praktisch mehr oder weniger vermüllt und hatte nichts mehr geschafft und nur so vor mich hin gelebt. Und irgendwann ging’s dann eben gar nicht mehr, was mir meine Familie bestätigte. Ich selbst hab dann auch gesehen, dass ich einen Klinikaufenthalt brauche.“
Gemeinschaft und Gespräche
Die Krankenkasse unterstützte ihre Anliegen – und die Gemeinschaft in der Reha habe ihr sehr geholfen. „Das Nicht-alleine-Leben in der Reha hat mir sehr geholfen. Es gab ja eine vorgegebene Struktur, nach der ich leben konnte, aber ohne Eigenverantwortung.“
Aufgrund ihrer Antriebsstörungen war Elke oft sehr erschöpft und eine feste Struktur sowie Gespräche und gemeinschaftliche Aktivitäten – freiwillige Teilnahme an einer Wander- oder Volleyballgruppe – halfen ihr. „Auch das alltägliche Leben wieder zu erleben, zu lernen auf sich selbst zu achten, das Zimmer aufzuräumen und das Arbeiten in verschiedenen Gruppen, wie etwa einer Haushaltsgruppe waren hilfreich.“
In diesen Gruppen wurde etwa in der Küche mitgearbeitet oder geputzt – „Aktivitäten, die ja für andere normal sind, für uns aber nicht. Und ich hatte netterweise ein eigenes Zimmer.“
Betreutes Wohnen „ist wichtig“
Inzwischen wohnt Elke alleine, ist selbstständig, in einer eigenen Wohnung mit Mietvertrag: „Für mich ist das betreute Wohnen dennoch wichtig“, sagt sie, „ich wollte das, um einfach nicht wieder in alte Muster zu ,versacken’“, betont sie. Sie müsse zwar nicht lernen, wie man den Haushalt führt, aber sie bräuchte jemanden „so ein bisschen zur Kontrolle“, dass sie die Sachen auch mache.
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Mit der Zeit sie sich selbst anders gesehen, auch das Selbstwertgefühl nahm zu: „Gespräche sind auch ganz wichtig. Das gibt mehr Sicherheit und man kann besser das Positive sehen.“ Durch diese Rückkoppelung habe sie erkannt, sagt Elke, dass nicht alles nur negativ ist.
„Das ist auch immer noch aktuell, weil ich auch immer noch aktuell ein paar Sachen habe, an denen ich arbeiten will.“ Und dann zu hören, „guck mal, das hat sich doch verändert“, oder „das ist doch viel besser geworden“, baue sie auf.
Endlich wieder Teilzeit arbeiten
Für die Zukunft wünsche sie sich, „wieder Teilzeit zu arbeiten und das betreute Wohnen nicht mehr zu benötigen.“ Sie wolle aber nichts übers Knie brechen, sagt die 56-Jährige: „Das wird aber noch ein bisschen dauern, denke ich. Da geb’ ich mir selbst auch Zeit, aber das ist so mein Ziel. Selbstständiger zu werden.“ Nur als Krankenschwester möchte sie nicht mehr arbeiten. „Das war sogar mit ein Grund für meinen Burnout.“
Deswegen bewirbt sie sich bei der NWA: „Es gibt dort auch Mitarbeiter und man kann auch Gespräche führen, wenn es einem nicht gut geht. Es gibt also nicht diesen Druck, dass man alles schaffen muss, aber es ist ein Arbeitsverhältnis. Ich muss hingehen, wenn ich krank bin, einen Krankenschein holen – wie in einem normalen Arbeitsverhältnis.“ Sie wolle das ausprobieren und schauen, „ob ich das schaffe.“
Hilfe früh in Anspruch nehmen
Elke war 20 Jahre lang Krankenschwester, bezeichnet sich selbst als „echte Powerfrau“. Sie habe viel gemacht, gerne gemacht und hatte eigentlich ein gutes Leben. „Aber sich dann einzugestehen, dass das alles nicht mehr ist und dann wirklich zu sagen, ich brauche Hilfe, ich brauche ganz doll Hilfe, und die in Anspruch zu nehmen, das würde ich jedem raten und ich würde jedem raten, sich das eher einzugestehen, als ich es mir eingestanden habe.“
Sie sei froh, dass es psychiatrische Einrichtungen wie die SGN und den Wendepunkt gibt: „Denn je länger man wartet, desto schwieriger wird’s dann auch.“ Abschließend fasst sie zusammen: „Betreutes Wohnen hat mir unheimlich geholfen, ohne wäre es gar nicht gegangen.“