Velbert. Die Stadt Velbert will den Umbau von Schotter- zu Grüngärten fördern. Doch könnte die zur Verfügung gestellte Summe nicht ausreichen.

Das Land kommt direkt mit der Peitsche: Nordrhein-Westfalen will gesetzlich – per Landesbauordnung – gegen Schottergärten vorgehen. Die Stadt Velbert aber probiert es zuerst mit Zuckerbrot: Wer bereit ist, seinen Schottergarten in eine grüne Oase umzuwandeln, soll 1000 Euro Zuschuss bekommen. Wird der Garten zusätzlich entsiegelt, warten 2000 Euro. Insgesamt stehen Fördermittel in Höhe von 50 000 Euro für die Aktion zur Verfügung, es könnten also zwischen 25 und 50 Haushalte belohnt werden.

Kosten von bis zu 100 Euro pro Quadratmeter

Insekten, Vögel und andere Gartentiere finden hier wenig bis keine Nahrung, kritisiert der NABU.
Insekten, Vögel und andere Gartentiere finden hier wenig bis keine Nahrung, kritisiert der NABU. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Tausend Euro? Das ist auf den ersten Blick viel Geld. Doch richtig viele Quadratmeter lassen sich damit nicht wiederbeleben. Der Langenberger Grün- und Landschaftsbauer Christian Prager sagt, eine gut ausgeführte Wiederbelebung beziehungsweise Rekultivierung von Schottergärten koste, je nach Aufwand und Größe, zwischen 37 und 100 Euro pro Quadratmeter. Im Optimalfall könnten mit den 1000 städtischen Euro also 27, im teuersten Fall aber nur zehn Quadratmeter renaturiert werden. Und das Ganze ist durchaus aufwändig. „Alles beginnt mit dem Rückbau des Schotters“, erklärt Prager.

Wiederbelebung des toten Bodens

„Bei kleineren Vorgärten wird er händisch sortiert und zur Entsorgung verladen, bei größeren Flächen kommt ein Minibagger zum Einsatz.“ Der nächste Schritt ist die Wiederbelebung des toten Bodens, der wegen des Fehlens von Sauerstoff und Sonne abgestorben ist. Das gelingt durch tiefgründiges Aufreißen. „Das anschließende Umgraben bietet die Möglichkeit, Sand, Lava, Perlite und Kompost einzuarbeiten.

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Ebenfalls sollte das Einbringen eines Bodenaktivators sowie Dünger aus natürlichen Rohstoffen wie Hornspäne oder Rizinusschrot erfolgen“, erklärt der Experte. Schließlich sollte eine „flächige Pflanzung durch Bodendecker und Solitärstauden“ vorgenommen werden. „Dabei gilt die Regel: lieber ein paar Pflanzen mehr als zu wenig“, sagt Prager. Und: unbedingt Rindenmulch aufbringen. „Das unterdrückt den Konkurrenzdruck von Wildkräutern.“

Kontroverse Diskussion

Christian Prager, Geschäftsführer von Grün und Grau (hier bei einem Ortstermin auf einem frisch renovierten Spielplatz), rät dazu, beim Umbau einen Experten heranzuziehen.
Christian Prager, Geschäftsführer von Grün und Grau (hier bei einem Ortstermin auf einem frisch renovierten Spielplatz), rät dazu, beim Umbau einen Experten heranzuziehen. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Doch warum werden die Schottergärten überhaupt so kontrovers diskutiert? Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) führt eine ganze Reihe von Nachteilen ins Feld. So fänden etwa Insekten, Vögel und andere Gartentiere weder Nahrung noch Lebensraum, zudem heize sich der Schotter im Sommer stark auf. Gerade in Innenstädten – Velbert hat einen Versiegelungsgrad (Betonierung) von 65 Prozent – drohen sowieso schon Hitzeinseln. „Dies verursacht eine gesundheitliche Gefährdung “, sagte Viviane Pape, Klimaschutzmanagerin der Stadt Velbert, bereits vor einigen Monaten dieser Zeitung. Kämen da noch zahlreiche Schottergärten hinzu, hätte das einen weiteren Temperaturanstieg zur Folge.

Was für den Schottergarten spricht

Doch es gibt Menschen, die die vermeintliche Einfachheit der steinernen Gärten schätzen. Eine Velberterin, die sich mit ihrem Ehemann für das Anlegen eines solchen Gartens entschlossen hat, erklärt: „Wir haben uns dafür entschieden, weil das Ganze pflegeleichter ist. Wir haben einen recht bergigen Garten und wenn man älter wird, ist das Rumkraxeln darin nicht so gut.“ Weil sie aber von einigen ökologischen Nachteilen dieser Gartenform weiß, hat die Frau bewusst versucht, der Natur einen Platz zwischen den Steinen zu geben. „Wir haben Löcher in die Folie gemacht, die unter den Steinen liegt. Da haben wir Bäume und Beete gepflanzt. So ist nicht alles voller Steine, aber die Pflege ist für uns trotzdem einfacher.“

Zu wenig Parkplätze geplant?

Bliebe noch die Frage, ob die Stadt ihr teures Investment in die Renaturierung nicht an einigen Stellen sogar selbst hätte verhindern können. Vor einiger Zeit schrieb uns eine Nevigeser Leserin, zum Thema Schottergärten falle ihr direkt ein Neubaugebiet in ihrem Stadtteil ein. Im Telefonat mit dieser Redaktion präzisierte sie: „Die Leute haben dort alle Schotter im Vorgarten, weil sie darauf ihre Autos abstellen.“ Sie hätte sich gewünscht, sagte die Frau, die Stadt hätte in dem Neubaugebiet für ausreichend Parkplätze an der Straße gesorgt.

Hilfe vom Experten nötig

Wer seinen Schottergarten zurückbauen will, sollte das Projekt gut durchdenken und unbedingt mit einem Landschaftsgärtner darüber sprechen, sagt Experte Prager.

Das Ganze ist viel komplexer, als es auf den ersten Blick scheint. Es reiche auf keinen Fall, einfach nur die Steine abzutragen. Stattdessen seien viele verschiedene Maßnahmen nötig, um wieder blühendes Grün am Haus zu sehen.