An Rhein und Ruhr.. Weil zuviel Stein der Umwelt schadet: Viele Kommunen streiten über gepflasterte Vorgärten. Die erste Stadt hat jetzt ein Verbot ausgesprochen.
Pflaster statt Rasen, Steinplatten statt Blumenbeete – ist das schön, ist das praktisch? In vielen Städten in NRW wird kontrovers über Vorgartengestaltung diskutiert. Um dem Trend versiegelter Vorgärten entgegenzuwirken, werden Forderungen nach Reglementierung laut und in den Stadträten diskutiert – so etwa jüngst in Oberhausen, Kamp-Lintfort, Dortmund oder Moers.
Komplett gepflasterte oder gekieste Beete vor den Häusern sollen per Satzung verboten werden, forderte jüngst Gabi Kaenders, Ratsfrau der Linken in Moers, in einem Antrag an den Rat. Die Verwaltung soll eine Vorgartensatzung erarbeiten. Ziel sei ein Verbot von Pflasterflächen, Stellplätzen und der ausschließlichen Auslage von Kies. Ausnahme: Parkgelegenheiten für Gehbehinderte. Die Regelung soll aber nicht rückwirkend für bereits umgestaltete Gärten gelten. In der Nachbarstadt Kamp-Lintfort kommt eine ähnliche Forderung von den Grünen; Dortmund hat eine entsprechende Vorschrift in die Bebauungspläne für Neubaugebiete aufgenommen.
Stein und Asphalt vorm Haus:„Die Gärten des Grauens“
Den Trend zum steinernen Vorgarten gibt es tatsächlich: „Wir merken das ganz deutlich in den klassischen Neubausiedlungen“, bestätigt Karl Jänike, Fachreferent beim Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau. Sobald ein Schottergarten da sei, breite sich das Phänomen aus – vor allem in den Städten sei es ein Thema. Da geht es dann auch schon mal darum, in dicht besiedelten Vierteln einen Parkplatz vor dem Haus zu schaffen. Und weil die Zufahrt frei gehalten werden muss, hat der Hausbesitzer so einen Zusatz-Parkplatz am Bürgersteig für sich geschaffen – oft zum Ärger der Nachbarn.
Unter Naturschützern laufen diese Steingärten unter den wenig schmeichelhaften Bezeichnungen „Gärten des Grauens“ oder „Steinwüsten“. Karl Jänike sieht zwei Gründe für die steigende Begeisterung an grauen Vorgärten: Einerseits sei es ein gestalterischer Aspekt. Minimalismus ist in Mode, da passt ein Schottergarten mit einer Solitärpflanze in der Mitte eben gut hinein. Es sei aber ein Trugschluss, dass Kies- und Steingärten weniger pflegeintensiv seien. Auch Folien halten das Unkraut nicht auf. Allerdings sei ein versiegelter Boden ökologisch bitter für die Insektenwelt, weil er Biene, Falter, Käfer & Co. nichts zu bieten haben.
„Es ist auch nicht gut für das Mikroklima in der Stadt“, ergänzt Monika Steinrücke, Expertin für Klimatologie am Geographischen Institut der Ruhr-Uni Bochum. Ein oder zwei steinerne Gärten in einer Einfamilienhaus-Siedlung seien nicht dramatisch. Wenn sich aber eine ganze Straße umstelle, merke man das schon. Die Steine speichern die Hitze im Sommer viel länger.“ Deshalb kühlt es auch nachts nicht richtig ab.“ Besonders die Städte heizen deswegen auf.
Wilhelm Deitermann, Sprecher des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz bekräftigt, dass die Vorgartengestaltung fürs Stadtklima eine Rolle spiele. Zudem hätten Steingärten ökologisch wenig Wert , forcierten gar das Abnehmen der Artenvielfalt. Allerdings seien auch ein getrimmter Rasen und nicht-heimische Pflanzen schlecht für die Biodiversität.
Politisch scheint das Thema „Vorgartenversiegelung“ noch nicht so recht über die kommunale Ebene hinausgekommen zu sein. Die Landesvorsitzende der Grünen, Mona Neubaur, erklärte auf NRZ-Nachfrage: „Auch Vorgärten können ökologisch wertvolle Lebensräume sein, deshalb begrüßen wir es, wenn sich Bürger Gedanken über die Gestaltung machen.“ Städte könnten Förderprogramme starten, um auch hier die Vielfalt der Tier- und Pflanzenarten zu fördern. Neubaur: „In der Landwirtschaft hat dieser Ansatz dazu geführt, dass immer mehr Ackerränder mit Wildblumen bepflanzt werden.“
>> INFO: Die Initiative „Rettet den Vorgarten“
In den Vorgärten liegt nicht nur in NRW, sondern deutschlandweit einiges im Argen. Der Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau hatte deshalb bereits vor zwei Jahren die Initiative „Rettet den Vorgarten“ gestartet, die mit Veranstaltungen vor Ort, aber im Internet für grüne Vorgärten wirbt.
>>> Die Facebook-Seite "Gärten des Grauens" sammelt die schaurig-schönsten Beispielse für Stein- und Schottergärten.