Langenberg. Heimatforscher Jürgen Lohbeck hat jetzt die Geschichte des Vereins-Lazarettzugs Langenberg aufgearbeitet und dabei viel Neues entdeckt.
Wen er mit seinem neuesten Buch, dem nunmehr sechsten Band in der Reihe „Velbert im Quadrat“ des ortsansässigen Scala-Verlags , erreichen und als Leser gewinnen wolle? Jürgen Lohbeck nennt zunächst „den allgemein Geschichtsinteressierten“, zudem den „besonders am Ersten Weltkrieg“ Interessierten und schließlich „die Eisenbahnfreunde“. Sie alle können sich nun in die Geschichte des „Vereins-Lazarettzugs Y 3 Langenberg/Rheinland und seine Rolle im Ersten Weltkrieg“ vertiefen. Den haben damals engagierte und spendable Langenberger aufs Gleis gestellt.++Sie möchten keine Nachrichten aus Velbert mehr verpassen? Dann bestellen Sie unseren kostenlosen Newsletter. ++
Ausbesserungswerk der Eisenbahn erforscht
Sechster Band der Reihe „Velbert im Quadrat“
In der Reihe „Velbert im Quadrat“ sind bisher erschienen „Langenberger Stimmungen“, „Velberter Höhepunkte“, „Schloss und Beschlag“, „Mariendom Neviges“ und „Bleibergquelle Velbert“.
Von dem neuen, sechsten Band gibt es 500 Exemplare . Erhältlich ist Jürgen Lohbecks reich bebildertes Buch im Scala-Shop , Werdener Straße 45, 02051 98510 , und im Buchhandel (152 Seiten, 24,80 Euro ).
Fündig geworden und auf das Thema gestoßen ist der Heimatforscher bei seiner Beschäftigung mit dem ehemaligen Eisenbahnausbesserungswerk , das er nahezu ein Jahr lang erforscht und dokumentiert hat: „Dazu kommt noch was“, kündigt er an. „Das Werk hatte eine extrem wichtige wirtschaftliche Bedeutung“, erzählt der 58-jährige Wahl-Langenberger. Es erstreckte sich in Tallage etwa vom heutigen S-Bahn-Haltepunkt bis in Höhe des Hotels „Deutsches Eck“, hatte zu Hochzeiten 500 Beschäftigte und wurde 1930 geschlossen. Die letzten Schlagzeilen im Zusammenhang mit dem ehemaligen Werk gab es 1996, als der denkmalgeschützte und weithin einzigartige Lokschuppen abgerissen wurde.
Gefühle, Empfindungen und Berührendes
Das Thema des Buchs – es ist Lohbecks neuntes – sei keine Neuentdeckung, „aber eine sensible Aufarbeitung, bei der ich doch viel Neues entdeckt habe.“ Lohbeck ist daran gelegen, sachlich zu schreiben, aber dabei auch zu warnen „und den Wahnsinn von Kriegen“ aufzuzeigen. Deshalb bekommen auch dieses Mal Gefühle und Empfindungen Platz, gibt es viel Berührendes. Nicht zuletzt dank des Foto- und Feldpost-Nachlasses des Assistenz-Zugarztes Dr. August von Oy.
Scheindorf dem Vergessen entrissen
„Das Buch ist schon sehr emotional“, sagt die Verlegerin Dr. Jutta Scheidsteger, und biete auch viel Nachdenkliches, gerade jetzt für die Vorweihnachtszeit. Sie erinnert überdies an Lohbecks Erstling „Das vergessene Scheindorf“, mit dem alles angefangen habe: „Das hat ja so viel ausgelöst, das war phänomenal.“
Zug umfasste 38 Wagen
Der Zug selbst – 450 Meter lang, 38 Waggons und 80 Achsen – gehörte der damaligen Königlichen Eisenbahngesellschaft Elberfeld, die 1915 mit der Stadt Langenberg einen Vertrag schloss. Es folgte eine Extra-Sammlung, bei der im ersten Anlauf 48.500 Reichsmark zusammenkamen, die noch auf 52.500 aufgestockt wurden: „Das reichte.“ Praktisch alle namhaften Langenberger hätten in die Tasche gegriffen. Vereinszug hieß der Y 3 – ein militärischer Ordnungsbegriff –, weil es im Gegensatz zu den zumeist von Stiftungen unterstützten und finanzierten eben auch rein staatliche gab.
Vor dem ersten Start Liebesgaben gesammelt
Mit dem gespendeten Geld wurden die Waggons im Frühjahr 1915 im Werk vor Ort umgebaut und ausgestattet. Es gab u. a. spezielle Kranken-, Arzt-, Apotheken-, Depot-, Küchen- und Gepäckwagen. Vor der ersten Fahrt am 19. März unter dem Zeichen des Roten Kreuzes an die damalige Westfront nach Charleville in Nordfrankreich, als im Tal hunderte Bürger den Zug verabschiedeten, wurden in der Bevölkerung noch so genannte Liebesgaben gesammelt: Küchengeräte, Bettwäsche, Lebensmittel, Tabak, Zigarren und vieles mehr. An Bord waren dann 48 Menschen, „die meisten freiwillig und viele dem DRK angeschlossen“ wie Krankenpfleger und Ärzte, um todkranken und schwerverwundeten Soldaten zu helfen. Eine der Helferinnen war Käthe Landgrebe, die nach dem Krieg in leitender Funktion im Krankenhaus von Langenberg arbeitete und „eine bekannte Persönlichkeit war“.
Bombenangriff bei der 80. Fahrt
Die Bilanz in Zahlen: Der Lazarettzug legte 120.000 Kilometer zurück, machte 94 Fahrten und holte 23.732 Verwundete in die Heimat zurück. 1919 wurde er – wiederum in Langenberg – abgerüstet. Als traurigen Meilenstein hebt Jürgen Lohbeck die 80. Fahrt hervor: Am 10. August 1918 gab es in Frankreich einen Bombenangriff auf den Zug. Sieben Pfleger und etliche verwundete Soldaten seien ums Leben gekommen.