Neviges. Die drei Abbés der Glaubensgemeinschaft St. Martin bringen frischen Wind nach Neviges. Davon konnten sich schon die Messdiener überzeugen.
Sie sind überwältigt „von der Herzlichkeit der Menschen hier“, sagt Abbé Thomas, und denkt ganz kurz nach, bis er auf deutsch die richtigen Worte findet. „Was mich beeindruckt hat: Sie kommen zu uns, sprechen uns auf der Straße an. Das ist gut, denn wir wollen für die Menschen da sein.“ Am 1. September haben die drei Geistlichen der französischen Glaubensgemeinschaft St. Martin die Nachfolge der Franziskaner angetreten und haben sich schon bestens eingelebt. Damit sich das Trio in dem großen Kloster – zu den besten Zeiten der Franziskaner wohnten hier fast 30 Brüder – nicht so verloren vorkommt, wurde für sie ein kleiner Trakt abgegrenzt und frisch renoviert. „Wir haben ein gemeinsamen Wohnzimmer und eine Küche. Und natürlich hat jeder ein eigenes Zimmer“ erzählt Abbé Thomas (45), der die Pfarrei leitet. Nicht zu vergessen die Waschküche, in der Vikar Abbé Ignace (45) manchmal ordentlich Krach macht. Doch dazu später.
Mit Messdienern Ball gespielt
Was alle Drei – Kaplan Abbé Phil ist mit 33 Jahren der Jüngste im Bunde – an ihrem neuen Lebensmittelpunkt schätzen, dürfte manchen Nevigeser überraschen: „Hier ist so viel Leben, das ist sehr schön“, meint Abbé Ignace. „Das Kloster liegt nicht in der Wüste, sondern mitten im Dorf. Man macht das Fenster auf, ist mittendrin.“ Und genau das möchten sie auch sein, mitten drin in Neviges, immer ansprechbar für die Menschen „hier im Dorf“, wie Abbé Thomas sagt. Alle drei haben sich schon mit den Messdienern zu einem ersten Gespräch getroffen, und letzten Freitag schaute Abbé Phil bei der ersten Messdiener-Runde nach der Corona-Zwangspause vorbei. Wer Freitagabend an der Glocke vorbeiging, der staunte nicht schlecht: Da flitzte der Zwei-Meter-Mann wieselflink mit dem Ball durch die Gegend – diese Neuigkeit war schnell rum im Dorf.
Musik und Chöre fördern
Feierliche Einführung am 27. September
In einer Messe im Dom am Sonntag, 27. September, 15 Uhr, werden die Abbes feierlich eingeführt. Der christliche Sender EWTN überträgt den Gottesdienst via Internet.
Die Gemeinschaft Sankt Martin ist kein Orden, sondern eine Vereinigung päpstlichen Rechts. Sie wurde 1976 gegründet in einem franziskanisch geprägtem Kapuzinerkonvent. Das Mutterhaus ist in Evron in Westfrankreich.
„Ja, da war ordentlich Action, da hat Abbé Phil richtig mitgemacht“, erzählt Simone Tüsselmann, Mitglied der Messdiener-Leiterrunde. „Die bringen frischen Wind hier herein. Ich meine, die Franziskaner waren auch sehr herzlich und haben viel gemacht. Aber sie waren natürlich erheblich älter.“ Auf seine eindrucksvolle Premiere bei den Messdienern angesprochen, sagt Abbé Phil nur breit lächelnd. „Ja, ich habe wohl da ein bisschen mitgespielt.“ Ziemlich sportlich ist auch Abbé Ignace unterwegs, der sämtliche Hausbesuche – letztens war er bei einem Trauerfall in Tönisheide – mit dem Fahrrad erledigt. Sport ist ihm wichtig, und dann natürlich seine Musik. „Das ist ein Teil des Lebens. Es gibt hier eine wunderbare Orgel, ich habe auch schon gute Chöre gehört.“ Er könne sich vorstellen, all das noch mehr zu fördern, auch mal gemeinsam Musik zu machen. Abbé Ignace selbst spielt Cello und Posaune. „Er übt immer unten in der Waschküche“, wirft Abbé Thomas gut gelaunt ein, dabei bläht er fröhlich die Backen.
Veranstaltungen im Hof des Klosters
Ja, die Drei strotzen nur so vor Optimismus. Neviges empfinden sie als „ein kleines Paradies inmitten von Großstädten“, wie es Abbé Thomas nennt. Sie freuen sich darauf, künftig wieder mehr Messen anzubieten, und zwar zu Uhrzeiten, die möglichst gut in den Alltag der Menschen passen. Davon soll dann auch die Gastronomie profitieren, sagt Abbé Phil, der das kulinarische Angebot hier prima findet: „Ich war schon in Polen, Italien und Vietnam.“ Allen Dreien ist wichtig, einfach für ihre Gemeinde da zu sein, Präsenz im Ort zu zeigen. Man wolle Neviges noch lebendiger machen, so schwebt es den Dreien vor. Abbé Thomas: „Zum Beispiel mit schönen Veranstaltungen im Kloster-Innenhof.“
Ein junges Trio
Zu den drei Abbés: Leitender Pfarrer ist Abbé Thomas Diradourian, geboren 1976 in Paris. Er war unter anderem Wallfahrtsleiter in Le Puy-en-Velay, einem Ort in der Auvergne. Unterstützt wird Abbé Thomas von Abbé Ignace Duchatel (45). Der in Brüssel geborene Vikar arbeitete zunächst als Rechtsanwalt in Brüssel und ließ sich 2011 zum Priester weihen. Dritter im Bunde ist Kaplan Abbé Phil Dieckhoff (33). Der gebürtige Aachener wechselte nach seinem Jurastudium in Münster nach Paris, hier lernte er die Glaubensgemeinschaft St. Martin kennen. Nach seiner Priesterweihe ging er für zwei Jahre nach Südfrankreich und promoviert zurzeit im Fach Ökumene.