Kreis Mettmann. Im Notfall, z. B. beim Herzstillstand, zählt jede Minute. Kreis Mettmann baut ein Netz aus mobilen Rettern auf. Ein wichtiger Baustein fehlt noch

André van Thuyl ist von seinem Schwager zum Mitkommen animiert worden: „Ich finde die Kernidee wirklich gut“, sagt der Velberter (26), „wertvolle Minuten qualifiziert zu überbrücken.“ Er ist bei der Bochumer Feuerwehr angestellt. Und gehört an diesem Abend zu insgesamt 13 Teilnehmern, die nun bei einem weiteren Kurs des Kreises Mettmann „Mobile Retter“ mitmachen. Er ist seit längerem wieder der erste dieses bereits gen Ende 2019 gestarteten Projektes, das aufgrund der Corona-Pandemie jetzt endlich eine längere Zwangspause hinter sich gelassen hat.

Schulungsraum im alten Kino

Und weiter geht’s. Rund dreieinhalb Stunden dauern Einweisung und Kontrolle. Das Bild zeigt David Ginster, Uwe Brückner und John Bastian Etti (v. li.) bei der Schulung.
Und weiter geht’s. Rund dreieinhalb Stunden dauern Einweisung und Kontrolle. Das Bild zeigt David Ginster, Uwe Brückner und John Bastian Etti (v. li.) bei der Schulung. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

John Bastian Etti ist zu diesem Zweck in den Schulungsraum gegangen, den die kreiseigene Bildungsakademie für Gesundheits- und Sozialberufe des Kreises, die direkt am Mettmanner Jubiläumsplatz liegt, im nahe gelegenen alten Königshof-Kino hat. „Hier lassen sich einfach besser die notwendigen Abstände einhalten“, erklärt der Abteilungsleiter der Rettungsdienstschule der Akademie; er ist ausgebildeter Notfallsanitäter und Pflegepädagoge.

Schnittstelle steht noch nicht zur Verfügung

Losgehen solle das Ganze, sobald auch die „Schnittstelle“ wirklich genutzt werden könne, sagt Etti. Das sei wahrscheinlich gegen November/Dezember der Fall und zwar bei der Feuerwehr-Kreisleitstelle: „Die ist der Meldekopf.“ Bei dem System, das nicht zuletzt auf die Initiative von Arne Köster (Leiter des Rettungsdienstes im Neanderland) und Thorsten Schams (Kreisbrandmeister) zurückgehe, würden im Notfall über die 112 weiterhin Rettungswagen und Notarzt alarmiert und in Marsch gesetzt. Sie sollten binnen acht bis zwölf Minuten eintreffen.

Jede Minute zählt

App ist schon seit 2013 im Einsatz

Die App wurde im Kreis Gütersloh entwickelt und ist dort seit 2013 im Einsatz. Die Eintreffzeit der mobilen Retter lag dort im Durchschnitt bei etwa fünf Minuten; sie waren damit im Mittel doppelt so schnell wie der Rettungsdienst.

Bundesweit machen mehr als 20 Kreise und kreisfreie Städte bei dem Projekt mit. Bislang haben sich bereits über 16.000 mobile Retter registrieren lassen.

Parallel würden darüber hinaus künftig per Smartphone-App auch mobile Helfer alarmiert, wenn es zum Beispiel heiße „Bewusstlose Frau auf dem Offersplatz“. Und zwar – nach erfolgter Standort-Abfrage per GPS – in einer angestrebten Zeitspanne von möglichst rund vier Minuten, das entspreche in etwa einem Fußweg von 500 bis 1000 Metern. So bedeute nämlich ein Herzstillstand, erklärt der Ausbilder weiter, dass mangels Sauerstoff die Hirnzellen nach vier bis fünf Minuten abzusterben begönnen – mit nicht wieder gut zu machenden Schäden. Wohlgemerkt: Das System „Mobile Retter“ ist eine Ergänzung zum bestehenden System und ersetzt nicht den regulären Rettungsdienst. Vier bis fünf Minuten seien bei letzterem „utopisch, das ist Zufall, wenn wir das schaffen“.

Nur drücken und pusten

Nachdem zum Start zunächst sämtliche Führungskräfte der Feuerwehren im Neanderland geschult worden waren, sind bei der Ausbildung künftiger Lebensretter nunmehr so genannte vorqualifizierte Freiwillige mit einer „medizinischen Ausbildung“ (Etti) im Fokus wie etwa auch Rettungsschwimmer oder Pflegekräfte – „von der Arzthelferin bis zum Chefarzt“. Oder auch Heilpraktiker, so wie Uwe Brückner: „Man darf ja auch was zurückgeben, was man in der Ausbildung bekommen hat“, erklärt der 69-Jährige seine Beweggründe. Er hat in der Zeitung über die „Mobilen Retter“ gelesen. Für diese Zielgruppe reiche eine Einweisung nebst Kontrolle, komme man prima mit dreieinhalb Stunden hin, meint Etti, demzufolge der Kurs jetzt eigentlich wieder regelmäßig jeden Monat laufen soll. „Wir machen ja nur Drücken und Pusten“, umschreibt er die Technik der Herz-Lungen-Wiederbelebung.

Team für den Start steht bereit

Nach erfolgreich absolvierter Schulung wird die spezielle App freigeschaltet, bekommt der neue Retter einen Schlüsselanhänger mit Beatmungsmaske und Handschuhen. „Wir haben schon weit über 100 ausgebildet, die brauchen wir aber auch unbedingt für den Start“, resümiert der Leiter der Rettungsdienstschule. Damit das Netz kreisweit jedoch tatsächlich richtig eng werde, benötige man insgesamt 800 bis 1000, „das wäre ideal“.

Wer Fragen hat, kann sich per E-Mail an die Bevölkerungsschutzabteilung wenden: mobileretter@kreis-mettmann.de. Wer sich anmelden möchte oder Trainingstermine sucht, der geht im Netz auf www.mobile-retter.org.