Neviges. Das S.O.S-Team hat in seinem Gebrauchtwarenhaus nochmals das Angebot vergrößert. Nicht nur die Werkzeugabteilung ist neu.

Das Gebrauchtwaren-Kaufhaus des S.O.S-Teams e. V. überrascht immer wieder. Nicht nur durch das Sortiment, das immer weiter wächst. Die Mannschaft rund um Leiter Michael Adler und Ehefrau Juana schafft es, das riesige Angebot so in Szene zu setzen, dass ein Bummel durch die Räume richtig Spaß macht. Seit einer Woche werden auch wieder Spenden angenommen, nach der Corona-Zwangspause herrscht langsam Normal-Betrieb an der Bernsaustraße. Mund-Nasenschutz aufsetzen, Hände desinfizieren, und dann ab ins Einkaufsvergnügen.

Nähmaschinen sind zurzeit heiß begehrt

Es gibt Nevigeser, die sagen liebevoll: „Ist wie früher Gassmann, nur gebraucht.“ Und ja, hier gibt’s nichts, was es nicht gibt. So hängen im „Nähzimmer“ meterweise Stoffe, sortiert nach Farben und Material. „Da oben, das ist alles Wolle“, sagt Michael Adler und zeigt auf zahlreiche Kisten, die bis unters Dach reichen. Die unzähligen Reißverschlüsse an der Wand, „die hat meine Frau alle ausgemessen“, erzählt Adler weiter und nimmt einen weinroten vom Haken. „35 Zentimeter“ steht da auf dem winzigen Schild. Wer Stickgarn, Schnittmuster, Knöpfe oder ähnliches braucht: alles da – bis auf Nähmaschinen.

Einige entsorgten einfach ihren Schrott

Hier gibt’s noch viel zu tun: Gholam Ali Sabour registriert alle abgegebenen Bücher, bevor sie in der Bibliothek landen. Er verwaltet auch die Bücher-Telefonzellen am Busbahnhof.
Hier gibt’s noch viel zu tun: Gholam Ali Sabour registriert alle abgegebenen Bücher, bevor sie in der Bibliothek landen. Er verwaltet auch die Bücher-Telefonzellen am Busbahnhof. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

„Die sind im Moment alle weg, die Leute machen sich selbst Masken. Stoff gibt’s genug, wir haben nur nicht so viel Gummiband.“ Ja, die Corona-Krise hinterlässt auch hier ihre Spuren. Was Michael Adler erlebte, als er Mitte März den Betrieb schließen musste, ist unglaublich: „Die Leute hatten Zeit zum Aufräumen, aber wir nahmen natürlich keine Spenden an, es war ja geschlossen.“ Was einige nicht davon abhielt, ihren Kram einfach vor den Eingang zu kippen oder über den Zaun zu werfen. „Das war nur Schrott, hätten wir sowieso nicht genommen.“ Michael Adler musste schließlich einen Container bestellen. „Das hat uns einiges Geld gekostet.“

Neuer Boden für die Schuh-Abteilung

Als der städtische Wertstoff-Hof wieder öffnete, da nahm auch das S.O.S-Team wieder Spenden an. „Dann kamen auch wieder vernünftige Sachen, und dafür möchte ich mich hier ausdrücklich bedanken. Schön, dass die Leute so geduldig gewartet haben.“ Michael Adler und die zehn Festangestellten haben übrigens nicht die Hände in den Schoß gelegt während des Lockdowns: So liegt in der Schuh-Abteilung neues Laminat, und wer mal nicht in die gut sortierten Regale schaut, sondern auf den Boden, wird staunen: Eine Leiste aus blauen Leuchtdioden zeigt den Weg zu Pumps und schicken Sneakern, die man bequem auf dicken Ledersitzen anprobieren kann – eben wie im „richtigen“ Schuhgeschäft.

Große Auswahl an Elektro-Artikeln

Sperrmüllkarten und Gelbe Säcke

Der Verein „S.O.S.-Team e. V.“, Bernsaustraße 4 - 6, ist ein Träger, der im Auftrag des Jobcenters „ME-aktiv“ tätig ist und sich auf sozial orientiertes Arbeiten spezialisiert hat. Ziel ist es, die Teilnehmer für den ersten Arbeitsmarkt vorzubereiten. Beim S.O.S-Team sichten und sortieren die Teilnehmer das riesige Aufkommen an Spenden, das hier täglich landet..

Zurzeit gibt es zehn Festangestellte und zahlreiche Ehrenamtliche. Sämtliche Ware wird geprüft, bevor sie über den Verkaufstisch geht. Beim S.O.S-Team gibt’s auch Sperrmüllkarten, Grünflächenkarten, Abfallsäcke und Gelbe Säcke. Geöffnet: Montag bis Freitag von 9 bis 18 Uhr.

Neu ist auch das HiFi- und Elektro-Zimmer: Hier gibt’s Telefone, Brotback-Maschinen, Glätteisen gegen widerspenstige Locken, TV-Geräte in allen Größen, PC-Bildschirme – und kistenweise Farbpatronen für Tintenstrahl- und Laserdrucker. 2,50 Euro kostet ein Cannon-Exemplar, für eine HP-Patrone legt man 9,50 Euro hin. „Dafür bezahlen Sie im Handel locker 30 Euro“, weiß Adler und fügt hinzu, dass die Drucker-Patronen größtenteils aus Geschäftsaufgaben stammen.

Ein Eldorado für Leseratten

In der Schuh-Abteilung legte das Team während der Corona-Zwangspause einen neuen Boden.
In der Schuh-Abteilung legte das Team während der Corona-Zwangspause einen neuen Boden. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Auch Leseratten und Musikfreunde können sich hier nach Lust und Laune eindecken: Rund 6000 gut sortierte CD’s von Jazz bis Klassik und auch aktuelle Hörbücher stehen in den Regalen im Flur, alle fein säuberlich sortiert. Für die Schlager-Parade aus den 80er Jahren zahlt man 50 Cent, die Doppel-CD des Musicals „Les Miserables“ kostet einen Euro. Nebenan in der „Bücher-Auffang-Station“ hat Gholami Ali Sabour, einer der Festangestellten, alle Hände voll zu tun. Bis unter die Decke vollgestopft sind die Regale, die er noch sichten muss: Kinderbücher, Krimis, Liebesromane, Sachbücher – die Auswahl ist enorm. „Ich tippe den Titel ein und schaue auch sonst, ob die Bücher in Ordnung sind.“ Denn rechtsradikale Schriften und Pornos haben hier nichts zu suchen. Ist ein Buch registriert, wandert es in die Buchabteilung, hier finden sich mittlerweile rund 18.000 Titel.

Heimwerker-Abteilung ist im Aufbau

Wer Michael Adler kennt, der weiß: Der Mann ist immer für Neues zu haben. So baut er mit seinen Leuten gerade eine Abteilung für Heimwerker auf. Einen Fliesenschneider gibt’s schon, auch einen „Tapeten-Kleistermeister“, und Gartenfreunde können sich einen Streuwagen zum Austeilen von Dünger kaufen. „Raten Sie mal, was das hier ist“, sagt Michael Adler und schnappt sich zwei Metall-Tatzen. Das Ding ist ein praktischer Laub-Greifer. „Schon klasse, was die Leute so abgeben.“ Und klasse, wie sein Team all das liebevoll präsentiert.

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