Velbert. Es gibt in Velbert eine Mehrheit für die Fortführung der Hauptschule. Das zeigte sich jetzt im Fachausschuss. Der traf noch mehr Entscheidungen.

Totgeglaubte leben einfach länger: Erst Ende 2018 hat der Rat der Stadt Velbert die schrittweise Auflösung der Martin-Luther-King-Hauptschule (MLK) ab dem Schuljahr 2019/20 beschlossen. Das wird nunmehr zurückgedreht. Die Chancen für eine Fortführung aller bestehender Klassen an der Grünstraße sowie für die Aufnahme neuer Kinder zum Schuljahr 2021/22 stehen gut. Nachdem sowohl die CDU- als auch die SPD-Fraktion im Ausschuss für Schule und Bildung klar ihre Zustimmung angekündigt hatten, war absehbar: Die Maßnahme, von manchen auch als Rolle rückwärts bezeichnet, ist mehrheitsfähig.

Letzte Elternbefragung zitiert

Neun Ja- und fünf Nein-Voten ergab die Abstimmung über diesen Vorschlag der Verwaltung; das selbe Ergebnis gab’s am Mittwochabend auch für den Schritt, die Zügigkeit der Realschule Kastanienallee auf drei zu begrenzen bzw. festzulegen. Die ablehnende Haltung zur Hauptschule wurde in der Sitzung zumeist damit begründet, dass nicht zuletzt die Elternbefragung im Zusammenhang mit der Errichtung der zweiten städt. Gesamtschule am Standort Neviges doch wohl sehr klar gezeigt habe, dass diese Schulform nicht mehr gewollt sei.

Gesamtschule Neviges ausbauen

Die Realschule Kastanienallee – hier einmal aus der Vogelperspektive – wird zum August 2021 auf drei – statt bislang vier – Züge begrenzt.
Die Realschule Kastanienallee – hier einmal aus der Vogelperspektive – wird zum August 2021 auf drei – statt bislang vier – Züge begrenzt. © www.blossey.eu | Hans Blossey

A propos Gesamtschule: Sie soll möglichst flott so hergerichtet und ausgebaut werden, dass dort statt vier künftig sechs Züge mit deutlich mehr Plätzen unterrichtet werden können. Diesem Schritt liegt ein entsprechender SPD-Antrag zugrunde, der allerdings auch zur Marschrichtung der Verwaltung passt und den ausnahmslos alle Ausschuss-Mitglieder befürworteten.

Auf das Leben vorbereiten

„Wir freuen uns über die Wertschätzung, und dass gesehen wird, wie Hauptschule individuell auf jeden Schüler eingeht und ihn fördert“, kommentiert Barbara Kreimer die Entwicklung. „Wir bereiten bodenständig aufs Leben vor.“ Die Schulleiterin (seit November 2018) hat Gründonnerstag offiziell von dem Richtungswechsel erfahren und rund ums Osterfest erst einmal ihr Kollegium informiert. „Die meisten sind froh und möchten gerne weiter arbeiten“, beschrieb sie auf WAZ-Anfrage die Stimmung.

Praktische Begabungen sind gefragt

„Es ist Zeit für einen Kurswechsel. Unsere Gesellschaft braucht gerade jetzt die Menschen mit praktischen Begabungen – in der Industrie ebenso wie in der Dienstleistung“, meint Martin Sträßer. „Deshalb beglückwünsche ich die Verantwortlichen in Velbert für den Mut, die MLK-Hauptschule fortführen zu wollen“, setzt der CDU-Landtagsabgeordnete fort, der sich in Düsseldorf für ihren Erhalt stark gemacht hat.

Basis für ein Berufsleben

Das letzte Wort hat der Rat

Die abschließende Abstimmung über die Schulthemen erfolgt im Stadtrat. Der tagt am Dienstag, 26. Mai, um 16 Uhr im Historischen Bürgerhaus Langenberg und entscheidet u. a. auch über das Gewerbegebiet „Große Feld“. Zu der Sitzung ist wie gewohnt auch die Bürgerschaft eingeladen. Damit die aktuellen Abstands- und Hygieneregeln eingehalten werden können, beschränkt die Stadt jedoch den Zugang für Besuche r.

Interessierte Bürger müssen sich spätestens Montag, 25. Mai, bei Lisa Lapuente vom Büro des Bürgermeisters anmelden. Sie ist telefonisch unter 02051 26-2175 oder per E-Mail an lisa.lapuente@velbert.de zu erreichen. Besucher müssen sich zudem vor Eintritt in den Sitzungsraum im Eingangsbereich des Bürgerhauses registrieren lassen.

„Wir sollten alle konstruktiv daran mitarbeiten, die MLK-Hauptschule wieder zu neuem Leben zu erwecken und ihr ein ganz besonderes Profil zu geben. Auch die Velberter Wirtschaft könnte daran mitwirken.“ Sie suche händeringend Fachkräfte und könnte ein Zeichen dafür setzen, dass der Hauptschulabschluss weiter Basis für ein erfolgreiches Berufsleben sein könne.

Wiederaufnahme nur unter Bedingungen

Die Schulkonferenz an der Grünstraße zeigt sich übrigens davon überzeugt, dass eine Wiederaufnahme der MLK-Hauptschule „nur unter“ bestimmten „Rahmenbedingungen sinnvoll sein kann“ und hat dazu einen Zehn-Punkte-Katalog formuliert. „….die eigentlichen Hauptschüler, die unserer Schulform entsprechen, werden uns vorenthalten, während wir alle schwierigen Schülerinnen und Schüler mit äußerst belasteten und schwierigsten Lebensbiographien und dementsprechenden Handlungsweisen an unser System verschoben bekommen“ heißt es u. a. in der Stellungnahme des Gremiums.

Ausstattung reicht nicht

Und weiter im Text: „In einem System von nur noch 400 Schülerinnen und Schülern sind 75 davon mit einem ausgewiesenen sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf. Der Migrantenanteil ist immens hoch, die bulgarischen Jugendlichen Velberts finden sich zu 90 Prozent an unserer Schule. Die Ausstattung mit sonderpädagogischem und sozialpädagogischem Personal erscheint auf den ersten Blick von außen betrachtet gut. In der Praxis reicht sie lange nicht aus, weil so viele individuelle Probleme in kürzester Taktung kaum adäquat zu lösen sind.“

Ein doppeltes Ja

Die Schulgemeinde an der Kastanienallee ist sowohl für die Wiederaufnahme des Hauptschulbetriebs als auch für die Begrenzung der Zügigkeit in der eigenen Realschule.