Kreis Mettmann. Neanderthal Museum in Mettmann und Blinden- und Sehbehindertenverein entwickeln ein inklusives App-Game. Infrastruktur wird auch überarbeitet.

„Ein Museum geht immer auf Sehen und Lesen“, sagt die Archäologin Anna Riethus. Dadurch blieben Menschen außen vor, die das gar nicht oder aber lediglich eingeschränkt könnten. Das weltbekannte Neanderthal Museum in Mettmann hat sich auf den Weg gemacht, dieses Manko ganz entscheidend und nachhaltig zu beseitigen. Der Schlüssel dazu ist das inklusive App-Game „NMsee“. Ende 2020, Anfang 2021 soll’s damit richtig losgehen.

Gelobt für das innovative Konzept

Ein durchgehendes Bodenleitsystem wird ab dem kommenden Jahr das gesamte Museum durchziehen.
Ein durchgehendes Bodenleitsystem wird ab dem kommenden Jahr das gesamte Museum durchziehen. © Lars Langemeier

Der Name steht für „Neanderthal Museum sehen“. Das zugehörige Forschungsprojekt selben Namens läuft in Kooperation mit dem Blinden- und Sehbehindertenverband Nordrhein und ist heuer bereits prämiert worden. Der touristische Dachverband „Tourismus NRW“ hat es bei seinem Wettbewerb für das innovative Konzept ausgezeichnet. Maßgeblich unterstützt wird das Projekt von der Kämpgen-Stiftung und der Stiftung Wohlfahrtspflege NRW für die App sowie seitens des Landschaftsverbandes Rheinland und der NRW-Stiftung in Sachen Infrastruktur.

110.000 Euro werden investiert

Die soll Projektleiterin Riethus zufolge bereits im kommenden Jahr für etwa 110.000 Euro in dem im klassischen Sinne barrierefreien Haus mit seiner stufenlosen Ausstellung nahe der legendären Fundstätte geschaffen werden. Mit einem Bodenleitsystem, neuen taktilen Exponaten, ebenfalls zu ertastenden Orientierungsplänen, taktilen Schildern mit Braille-Schrift – sowohl als Erklärungen als auch als Wegweiser.

Eine spiel- und hörbare Tour

Anna Riethus (27) ist Archäologin und hat die wissenschaftliche Projektleitung.
Anna Riethus (27) ist Archäologin und hat die wissenschaftliche Projektleitung. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Ein bisschen teurer, nämlich knapp 300.000 Euro, kommt das App-Game fürs Smartphone. „Das ist kein klassischer Museumsführer“, erklärt Anna Riethus, „sondern ein Hörerlebnis wie ein spielbares Hörbuch.“ Man gehe durch die Ausstellung, treffe auf Hotspots und könne angreifen. Die App werde für IOS und Android zur Verfügung stehen und solle jedem Besucher einen Mehrwert geben. Zumal Sehen und Hören auch für andere Menschen schwierig sein könnten. Das neuartige Spiel kombiniere Sound, tastbare Exponate, ein taktiles Leitsystem und eine mobile Indoor-Navigation zu einer spiel- und hörbaren Tour durch die Ausstellung.

Die Expertin verspricht „hochqualitative Infos und eine sichere, selbstständige Orientierung“, die man mit einer bekannten, einfach zu nutzenden Technologie erhalte. Die App sei so konzipiert, dass man aufbauen könne. Z. B. für Hörbehinderungen oder mehrsprachig bzw. auch ein leichter verständliches Deutsch.

Auch attraktiv für jüngere Jahrgänge

Das Forschungsprojekt ist vom touristischen Dachverband „Tourismus NRW“ für sein innovatives Konzept ausgezeichnet worden.
Das Forschungsprojekt ist vom touristischen Dachverband „Tourismus NRW“ für sein innovatives Konzept ausgezeichnet worden. © Kreis Mettmann

„Das baut Barrieren ab und ist für alle“, bekräftigt Dr. Bärbel Auffermann. „Wir wollen ein wirklich offenes Haus sein.“ Zudem verbinde sie damit die Hoffnung, so die Museumsdirektorin weiter, damit mehr junge Menschen und Jugendliche anzusprechen. Das Projekt sei eine sehr schöne runde Sache und habe sich in kürzester Zeit hervorragend gefügt, lobte sie am Mittwoch während der Sitzung des Projektbeirates. Und es werde von Anna Riethus klasse gemanagt.

Das teure Programmieren steht noch an

Die 27-Jährige ist aus Österreich ins Neandertal gekommen, als die Dauerausstellung – noch unter der Ägide von Prof. Dr. Gerd-Christian Weniger – in 2016 ihr großes Update verpasst bekam, und arbeitete zunächst im Ausstellungsmanagement. Zum Start habe es in diesem Jahr mehrere Workshops mit Menschen mit Sehbehinderungen gegeben, sei gemeinsam das Game-Design als Prototyp entwickelt worden, bevor es ans teure Programmieren gehe.

Tester zwecks Entwicklung und Verbesserungen

Was Anna Riethus jetzt ganz dringend für die Entwicklung und Verbesserung des Spiels sucht: Tester – und zwar Sehbehinderte, Blinde und Sehende, „weil am Schluss etwas wirklich Inklusives herauskommen soll“.

Ausflug in die Welt der Gladiatoren

Die aktuelle Sonderausstellung im Neanderthal Museum gibt einen Einblick in die Welt römischer Kampfarenen und ihrer Helden. Wie und wann entwickelte sich die Gruppe der Gladiatorenkämpfer? Wer konnte überhaupt Gladiator werden und wie lebten sie damals?

Die Schau „Gladiatoren – Helden der Arena“ in Kooperation mit „Expona“ ist noch bis zum 3. Mai 2020 zu sehen. Dazu gibt es ein umfangreiches Programm.

Die Tester, insgesamt werden etwa 50 bis 60 Probanden benötigt, spielen erst das Spiel und müssen bis zu vier Ausflüge ins Neandertal einplanen. Kontakt: 02104 9797-18, E-Mail an anna.riethus@bsv-nordrhein.de.