Neviges. Am Samstag stand die traditionelle Tiersegnung vor dem Mariendom an. Und es gab wieder viele gute Gründe, dass Tierbesitzer herbeiströmten.
Es ist der erste Samstag nach dem Franziskusfest und die Kirchenglocken läuten den Beginn des Gottesdiensts ein. Doch heute sollen keine Lobgesänge durch den Mariendom schallen, und auch die vielen Sitzreihen im Gotteshaus bleiben leer. Stattdessen ist der Platz vor dem Dom von lautem Hundegebell erfüllt, als sich Tiere und Herrchen um den dort errichteten Altar versammeln. Auf Auswärtige mag dieses Szenario höchst befremdlich wirken – doch die Nevigeser haben gute Gründe, dorthin zu gehen.
„Mensch und Tier sind beide Geschöpfe Gottes und erfahren seine Zuwendung“
So kennen die Ortsansässigen diese Tradition schon seit Langem und kommen immer wieder in großer Zahl zu ihrer Tiersegnung. Da herrscht auch eine unbeschwerte Stimmung an den Bankreihen unter den Bäumen, als sich die Tierbesitzer untereinander austauschen. Dann eröffnet Bruder Wolfgang Strotmeier den Gottesdienst und die Gespräche verstummen. „Mensch und Tier sind beide Geschöpfe Gottes und erfahren seine Zuwendung“, predigt der Bruder und geht dann auf die besondere Verbindung seines Ordensgründers zu den Tieren ein. So erzähle eine Legende davon, wie Franziskus einer Vogelschar begegnete, ihnen das Wort Gottes verkündete und sie segnete. „Das war keine liebenswerte kleine Marotte von ihm“, versichert Bruder Wolfgang, sondern ein Zeichen von Gottes Zuwendung für jeden Teil seiner Schöpfung.
Obwohl dieser Gottesdienst am Mariendom allen Tieren offensteht, sind doch die Hunde am stärksten vertreten – aber die eine oder andere Katze lugt ebenfalls einmal aus ihrem Körbchen. Auch Sabrina Göllnitz hat heute ihren treuen Vierbeiner mitgebracht. Ihre Hündin ist seit neun Jahren nahezu ununterbrochen mit dabei und scheut auch eine längere Anreise nicht. „Besonders wichtig ist mir bei der Segnung natürlich der Schutz der Tiere“, erzählt sie und lacht, „bis jetzt scheint es auch ziemlich gut gewirkt zu haben.“ Doch einige Besucher haben auch traurige Geschichten zu erzählen, die oft vom Verlust eines ihrer vierbeinigen Freunde handeln.
Entstanden ist die Tiersegnung bereits vor vielen Jahren
„Entstanden ist die Tiersegnung vor vielen Jahren durch Pater Roland Bramkamp“, weiß Bruder Peter Fobes zu berichten. Damals kamen hin und wieder Menschen auf ihn zu, die sich eine Segnung ihrer Haustiere wünschten. Im Dom war das allerdings nicht möglich, da dieser für Tiere unzugänglich ist.
Auch ein Kreuz kommt zum Einsatz
Die Tiersegnung findet in jedem Jahr am Samstag nach dem Franziskusfest statt. Wie und ob diese Tradition nach dem Fortgang der Franziskaner fortgesetzt werden soll, ist noch unklar.
Bei der Segnung kommt auch ein Kreuz, das eine exakte Nachbildung des Kreuzes des Franziskus ist, zum Einsatz.
Daher beschloss der Pater, die Leute um sich zu sammeln und draußen vor dem Dom eine solche Segnung auszuführen. „Diese Tradition hat sich über die Jahre hinweg gehalten“, erzählt Bruder Peter Fobes, und sie passe ja auch ganz wunderbar zur Legende des heiligen Franziskus.
Nach dem Gottesdienst bleiben die Besucher noch etwas zusammen
Nachdem Bruder Wolfgang durch die Reihen vor dem Wallfahrtsdom gegangen ist und die Tiere gesegnet hat, bleiben die Besucher noch ein wenig zusammen, um sich zu unterhalten. „Die Hunde sind genauso Lebewesen wie wir“, verkündet Christel Schwenke voller Überzeugung, „darum verdienen sie Gottes Segen und dass man sie mit Respekt behandelt.“ Vom Segen verspreche sie sich nicht nur Gesundheit für ihr Tier, sondern es sei auch immer eine gute Erinnerung an sich selbst: „Ich möchte eben nicht vergessen, dass wir ihnen mit Achtung und Liebe begegnen sollen.“
Bruder Peter Fobes glaubt auch an eine tiefere Beziehung von Mensch und Tier. „Ein Tier merkt, wenn sein Herrchen krank ist und leidet“, erzählt er, „Aber auch der Mensch verspürt diese Verbindung und nimmt etwas davon mit, wenn sein Tier gesegnet wird.“