Velbert. Viele Kriterien müssen erfüllt sein, um von einer Demenz sprechen zu können. Der Velberter Facharzt Martin Lungwitz erläuterte die Hintergründe.

Bereits seit 13 Jahren arbeitet der Velberter Facharzt für Neurologie sowie Psychiatrie und Psychotherapie, Martin Lungwitz, im Velberter Demenznetzwerk mit. Im Rahmen der Seminarreihe „Begleitung und Betreuung von Menschen mit Alzheimer und anderen Demenzerkrankungen“ referierte er zu den Themen Grundkenntnisse, Krankheitsbilder, Diagnostik und Behandlung dementieller Erkrankungen.

Mediziner zeigt verschiedene Diagnosen auf

„Man hat doch alles richtig gemacht: Sport getrieben, gesund gelebt“, und dann erkrankt man doch. Nicht auf alle Fragen fand Lungwitz für die zwölf Teilnehmer und Teilnehmerinnen des Seminars Antworten. Der Mediziner zeigte verschiedene Diagnosen auf, erläuterte das Gehirn und seine Funktionen, definierte Demenz.

Eine Gedächtnisstörung mit Beeinträchtigung zumindest eines weiteren neuropsychologischen Teilbereiches, vorliegende Bewusstseinsklarheit in Abgrenzung zum Delirium, darüber hinaus alltagsrelevante Einschränkungen der Lebensführung und dies alles über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten.

Demenz ist nicht gleich Demenz

Martin Lungwitz berichtete ungeschönt über die Krankheit und den Verlauf.
Martin Lungwitz berichtete ungeschönt über die Krankheit und den Verlauf. © Editha Roetger

Liege das alles vor, spreche man von Demenz. Doch Demenz sei nicht Demenz. Man unterscheide auch zwischen leichten kognitiven Störungen und einer Demenz. Bei letzterer könnten unterschiedliche Ursachen vorliegen, beispielsweise der Konsum von Alkohol oder Medikamenten, Schädelhirntraumata, Schlaganfall, Hirnentzündung, aber auch Schlafapnoe oder familiäre Belastungen. Man untersuche die Patienten psychiatrisch, neurologisch und allgemein klinisch.

Verlauf der Krankheit ist schleichend

Martin Lungwitz ließ Tests rumgehen, mit deren Hilfe Anzeichen einer Demenz erfasst und eingeschätzt werden können. Vor allem Zahlen und Worte spielten bei dem einen eine Rolle, bei dem anderen drehte sich alles um Uhren. Auf klinischer Ebene gelte es, das Blutbild sowie den Gehalt von Elektrolyten, Kreatinin, Harnstoff, Vitamin B12, Folsäure, Blutzucker, die Schilddrüsen- und Leberwerte zu bestimmen.

Weiter ging es über EKG, PET und genetische Diagnostik zur Häufigkeitsverteilung unterschiedlicher Erkrankungen. Bei der Alzheimer-Erkrankung sei der Verlauf schleichend und durch fortgesetzten kognitiven Abbau gekennzeichnet, die mit 60 Prozent vor zehn Jahren noch die häufigste Diagnose ausmachten.

Ist es wirklich eine Demenz?

Letztlich wollen Patienten und Angehörige nur eines wissen: Ist es wirklich eine Demenz? Wenn ja, wie schwer ist sie und gibt es eine behandelbare Ursache? Falls nicht, kann die Degeneration verlangsamt werden? Impfstoffe gegen Alzheimer gebe es nicht, auch die letzten Versuche dazu wurden inzwischen eingestellt.

In einer kurzen Pause hatten dann die persönlichen Themen Vorrang. So tauschten sich die Teilnehmer untereinander aus und gaben sich wertvolle Tipps. Eine Teilnehmerin hatte aus Angst vor späteren hohen Kosten die Erhöhung der Pflegestufen nicht beantragt. Doch der Eigenanteil bliebe gleich hoch, auch wenn ihr Angehöriger letztlich doch in eine stationäre Einrichtung müsse.

Demenz bringt Verhaltensauffälligkeiten mit

Es gibt keine Heilung

Man kann nur ein wenig mit einem gesunden Leben vorsorgen: keinen Alkohol, viel Bewegung, sich gesund ernähren. Wurde eine Alzheimer- oder andere Demenzerkrankung festgestellt, gibt es kaum Behandlungsmöglichkeiten.

Das Wichtigste ist dann das subjektive Wohlbefinden. Man sollte versuchen, den Status zu halten und sich nicht steigern wollen. Jeder Verlauf ist unterschiedlich, es gibt keine Vorhersagen.

Dann ging es im gleichen Tempo weiter. „Man kann nur verlangsamen“, Martin Lungwitz verschönte nichts und wandte sich den Verhaltensauffälligkeiten bei Demenz zu: Unruhe, Aggressivität, wahnhafte Überzeugungen, Halluzinationen, Depression und Schlafstörungen.

Am Anfang würden zu 80 Prozent die Patient und zu 20 Prozent die Angehörigen behandelt. Mit fortschreitender Krankheit ändere sich das Verhältnis: „Hinterher ist es umgekehrt. Man bekommt es auf Dauer alleine nicht hin.“ Dann sei es das Beste, was man machen könne, den Dementen in die stationäre Obhut einer Einrichtung zu geben.

Hier werden die Patienten professionell bis zum Schluss begleitet. An einer Demenz selbst stirb man nicht, die häufigste Todesursache bei dieser Erkrankung ist die Lungenentzündung.