Neviges. Die Ermittlungen der 20-köpfigen Mordkommission "Tönisheider", die nach dem Peiniger der neunjährigen Kassandra fahndet, dulden keine Pause. Am Donnerstagvormittag verteilten Polizisten in der Nevigeser Fußgängerzone Handzettel und suchten das Gespräch mit den Passanten.
Wochenmarkt in Neviges. „Wenn die Bevölkerung irgendwie dazu beitragen kann, den Täter zu finden, möchte ich dabei sein”. Die Rentnerin Edeltraut Wilkesmann war am Abend des 14. September nicht in der Nähe des Ortes, wo die grausame Gewalttat geschah, deren Opfer die neunjährige Kassandra war. Aber Edeltraut Wilkesmann lebt wie viele andere Menschen in Neviges und Umgebung seit nunmehr drei Wochen in einer Art Ausnahmezustand.
Nicht nur die Ermittlungsbehörden fragen: Wer hat das Mädchen derart brutal misshandelt – „dieser Unmensch muss doch irgendwo unter uns sein!” Steffi Baum, selbst Mutter kleiner Kinder aus Wuppertal, drückt ihre Gefühle so aus: „Diese Hilflosigkeit, diese Tatenlosigkeit machen mich richtig fertig!” Die Anspannung bei den Menschen ist deutlich zu spüren, und jede sichtbare Aktion zur Aufklärung der Straftat ist bei der Bevölkerung hoch willkommen.
"Präsent sein, das ist entscheidend"
So wie der Einsatz der Polizei während des Wochenmarktes. Am späten Vormittag mischten sich rund 20 Beamte der Mordkommission, der Velberter Einsatzbereitschaft und Bezirksbeamte unter die Marktbesucher und verteilten Handzettel, riefen noch einmal die Umstände der Straftat in Erinnerung, beschrieben das neunjährige Opfer. Aktueller Hintergrund: Ein Zeuge hatte gegenüber der Mordkommission „Tönisheider” eine Beobachtung mitgeteilt, wonach er am Abend der Tat einen Mann und ein Mädchen gesehen hatte, auf das die Beschreibung Kassandras passt. Beide sollen durch eine schmale Gasse zwischen den Häusern Elberfelder Straße 35 und 42 – Buchhandlung Rüger und Gemüse Gille – gegangen sein. Auch gestern betonte die Polizei gegenüber nachfragenden Passanten, dass es sich bei diesem Mädchen nicht zwangsläufig um das Opfer Kassandra gehandelt haben muss.
Auch Hans Bernhardt hat einen Fahndungszettel von den Polizei bekommen. Der 48-Jährige, mit prall gefüllter Baumwolltasche unterwegs, lobt den Polizeieinsatz. „Präsent sein, das ist entscheidend”, findet er. Und auch dem großen Medieneecho kann er nur Positives abgewinnen: Vielleicht könne man mit diesem massiven Auftreten dazu beitragen, den Täter mürbe zu machen.
Polizei wertet Webcam-Bilder aus
„Ich habe eine Beamtin gefragt, ob es schon greifbare Fahndungserfolge gebe”, berichtet Petra Oblong. Der Schülerin, vier Jahre älter als Kassandra, geht die Straftat nicht mehr aus dem Kopf. Oft habe sie sich ertappt, „einfach mal zu der Turnhalle zu gehen”, um den Tatort selbst einmal in Augenschein zu nehmen. „So lange der Täter nicht gefasst ist, finde ich einfach keine Ruhe”, sagt sie. Bis dahin verfolgt sie die Berichterstattung. Als sie den Hinweis auf die Handzettel-Aktion der Polizei in der WAZ gelesen habe, war klar, dass sie hierhin kommen wollte.
Zurzeit wertet die Polizei Bilder aus, die eine so genannte Webcam vom Dach eines Hauses herab von der Fußgängerzone gemacht hat. „Die Bilder dieses Apparates dienen dem Besitzer nicht als Überwachung der Elberfelder Straße, sondern touristischen Zwecken”, sagt Polizeisprecher Frank Sobotta. Ob die Kamera Bildmaterial zur Aufklärung des Verbrechens liefern kann, ist absolut ungewiss. Der Gesundheitszustand des Opfers verbessert sich zwar nach Polizeiangaben, vernehmungsfähig ist das Kind jedoch immer noch nicht. Auch die Suche nach dem verschwundenen Schuh des Opfers blieb bislang erfolglos.