Velbert. . Während andernorts laut über Enteignungen spekuliert wird, ist der Wohnungsmarkt in Velbert noch relativ entspannt. Aber es gibt auch Probleme.

Die Diskussion um fehlende Wohnungen hat in den letzten Tagen zugelegt, in Berlin etwa denkt die Opposition laut über Enteignungen von Wohngesellschaften nach. Hintergrund der hitzigen Debatte sind steigende Mieten – vor allem in den Großstädten – und damit verbunden fehlende, bezahlbare Wohnungen. Doch wie sieht es eigentlich auf dem Velberter Wohnungsmarkt aus?

„Ich kann klar sagen, dass es hier in Velbert bei den Mietwohnungen nicht so schlimm ist, wie in den sieben großen deutschen Städten“, schätzt Tim Kartheuser, Geschäftsführer von Kartheuser Immobilien, die Mietsituation in der Schlossstadt ein. Das liege vor allem daran, dass das Mitniveau in Velbert „natürlich“ ein ganz anderes sei, als beispielsweise im Essener Süden oder in Ratingen.

Mietpreise in Velbert sind leicht gesunken

Der Unterschied im Mietniveau spiegelt sich auch im Preis pro Quadratmeter nieder. Der liegt bei Velberter Mietwohnungen – laut aktuellem Mietspiegel – bei durchschnittlich 6,50 Euro pro Quadratmeter. 2017 war der Preis mit 6,80 Euro sogar noch ein wenig höher. Zum Vergleich: In Ratingen kostete der Quadratmeter 2017 durchschnittlich 8,20 Euro. „Natürlich pendeln die Preise immer wieder hin und her, aber so prekär wie in den Großstädten ist die Situation hier nicht“, so Kartheuser. Grundsätzlich könne man sagen: „Bei uns herrscht eine vernünftige Nachfrage, der man aber durchaus noch vernünftig gerecht werden kann.“

„Wohnungsnot gibt es in Velbert nicht“

„Die Situation bei uns ist nicht vergleichbar etwa mit der Rheinschiene“, sagt auch Jürgen Hübinger, Vorsitzender des Mietervereins Velbert und Umgebung. „Zwar ziehen auch hier die Mieten etwas an, es bleibt aber alles im Rahmen.“ Mit der Zeit finde jeder eine Wohnung, „vielleicht nur nicht immer die, die man sich wünscht.“ Gerade Familien mit mehr als zwei Kindern hätten Probleme – „wenn sie für jedes Kind ein eigenes Zimmer haben möchten“, sagt Hübinger. Trotzdem: „Wohnungsnot gibt es in Velbert nicht.“

Probleme gebe es mit den großen Gesellschaften, etwa Grand City Property oder Bragg Capital. „Aber da geht es eher um explodierende Nebenkosten, das ist eine ganz andere Geschichte“, sagt Hübinger.

Bei der BGN wird die aktuelle Diskussion verfolgt

Eine der großen Velberter Wohnungsgesellschaften ist die Baugenossenschaft Niederberg (BGN). Auch hier verfolgt man die Diskussion aufmerksam. „Aber ich denke, wir haben uns in den vergangenen Jahren einen guten Ruf erarbeitet. Und wir werden auch nicht als Miethai wahrgenommen“, sagt Dominic Johannknecht. „Wir können mit Fug und Recht behaupten“, fährt der Leiter der Miet- und WEG-Verwaltung/Prokurist der BGN, fort, „dass unsere Preise in Ordnung sind.“ Zwar liege der Quadratmeterpreis in den Neubauten teilweise bei 8 Euro, „wir haben aber auch Objekte, da kostet der Quadratmeter 3 Euro.“

Diese Wohnungen in Velbert-Mitte gehören der BGN. Die Wohnungsgesellschaft versucht einen breiten Mix an Wohnungen bereitzustellen.
Diese Wohnungen in Velbert-Mitte gehören der BGN. Die Wohnungsgesellschaft versucht einen breiten Mix an Wohnungen bereitzustellen. © Uwe Möller

Kaum Leerstand

Insgesamt versuche die BGN „das ganze Spektrum abzudecken, das es in Velbert gibt.“ Der größte Teil der Wohnungen habe 2,5 oder 3,5 Räume „und über die Wohnsituation können wir uns in den letzten Jahren nicht beschweren“, sagt Johannknecht. Es gebe kaum Leerstand. Und wenn Mieter kündigen, seien die Wohnungen recht schnell wieder vergeben.

„Wir bemühen uns, einen sehr gemischte Struktur in unsere Bestände zu bekommen“, erläutert Dominic Johannknecht. „Es ist unser Ansinnen, nicht nur Seniorenwohnungen anzubieten, sondern auch junge Mitglieder zu generieren.“ Das geschehe etwa über das Engagement in den Sportvereinen, über die Kinder von Mitgliedern und über Mund-zu-Mund-Propaganda.

Spürbare Preissteigerung beim Hauskauf

Bei Eigentumswohnungen oder -Häusern sähe die Lage aber anders aus, betont Immobilienfachmann Tim Kartheuser. „Das hat natürlich auch mit den niedrigen Baufinanzierungszinsen zu tun und dem vielgenannten Flucht in die Sachwerte.“ In Velbert herrsche momentan eine starke Nachfrage nach klassischen Einfamilienhäusern. „Hier gibt es auch eine spürbare Preissteigerung“, so der Immobilienkaufmann.

Zahl der Wohnungslosen steigt im Kreis Mettmann

Die Zahl der Wohnungslosen liegt auf einem erschreckend hohen Niveau. Zu dem Ergebnis kommt die Wohnungslosenhilfe der Caritas: „Nach unseren Erkenntnissen können wir bestätigen, dass in den letzten Jahren die Zahl der von Wohnungslosigkeit bedrohten und betroffenen Menschen auch in Mettmann stetig zugenommen hat“, sagt Klaus Gärtner, Fachdienstleiter der Caritas Mettmann für diesen Bereich.

Im Kreis stieg demnach die Anzahl der Wohnungslosen im Zeitraum zwischen 2014 und 2017 von 763 auf 1104 Personen an – ein Plus von 44,6 Prozent. Demnach kamen auf 10.000 Einwohner im Kreisgebiet 23 Wohnungslose.

Neuregelung der Kosten erforderlich

„Wir brauchen eine Politik, die für ausreichend bezahlbaren Wohnraum sorgt und Menschen dabei unterstützt, trotz steigender Mieten in ihren Wohnungen zu bleiben“, betont auch Thomas Rasch, Bereichsleiter im Caritasverband im Kreis Mettmann.

Die geplante Wohngeldreform sei ungenügend, wenn sie das Wohngeld erhöhe, aber keine Dynamisierung vorsehe. Dringend erforderlich sei eine Neuregelung der Kosten der Unterkunft bei der Grundsicherung, bei der die Festlegung der Unterstützungsleistungen auf Basis der tatsächlichen Verfügbarkeit bezahlbaren Wohnraums erfolgen muss.

Caritas hat Lösungsvorschläge erarbeitet

In Zusammenschluss mit der Katholischen Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe hat die Caritas „10 Taten gegen Wohnungsnot“ formuliert, um auf die Dringlichkeit des Problems aufmerksam zu machen – dazu zählen etwa die Forderungen, dass mindestens 30 Prozent aller Neubauwohnungen eine langfristige Sozialbindung brauchen; dass der Anteil des öffentlichen, gemeinnützigen und genossenschaftlichen Wohnungsbestandes in Ballungsräumen deutlich gesteigert werden muss oder dass private Immobilienunternehmen preisgünstigen Wohnraum zur Verfügung stellen müssen.

„Problem ist komplex, einfache Lösungen gibt es nicht“

Klar sei: „Das Problem ist komplex, einfache Lösungen gibt es nicht“, heißt es in der Mitteilung der Caritas. Deswegen unterstütze die Caritas im Kreis Mettmann das Bündnis „WeAct“ bei seiner Petition an NRW-Ministerpräsident Armin Laschet. Denn in vielen Städten und mittlerweile auch im Umland von NRW würden selbst für normalverdienende Mieter Wohnungen unbezahlbar. Immer mehr Haushalte überschritten die kritische Grenze von 30 Prozent des Haushalteinkommens für die Wohnkosten. Laut Wohnungsmarktbericht der NRW.BANK braucht NRW bis 2020 rund 400.000 neue und vor allem bezahlbare Wohnungen. Im Jahr 2018 wurden nach derzeitiger Schätzung gerade einmal rund 45.000 gebaut. Weitere Infos auf www.caritas-nrw.de.

>>MIETSPIEGEL WIRD REGELMÄßIG AKTUALISIERT

  • Der Mietspiegel ist eine Übersicht über die ortsübliche Miete und dient als Begründungsmittel für Mieterhöhungen. Er wird immer wieder aktualisiert und aufgestellt von Städten in Zusammenarbeit mit Mietern- und Vermieterbänden.
  • Für Velbert ist der aktuelle Mietspiegel gegen eine Gebühr von drei Euro beim Mieterverein Velbert zu bekommen.