Velbert. . Fliegerbomben muss heute niemand mehr fürchten. Trotzdem braucht eine Stadt manchmal noch Alarm-Sirenen.

  • Nach dem Ende des Kalten Krieges hat der Bund den Kommunen die Sirenen überlassen
  • In Velbert nutzt die Feuerwehr noch die Alarmsirenen, sie sind nicht flächendeckend hörbar
  • Künftig sollen die Sirenen wieder für den Bevölkerungsschutz eingesetzt werden

In den 1980ern lebte man in Westdeutschland noch gefährlich. Mit dem Eisernen Vorhang vor der Nase und der aufgeheizten Weltlage im Nacken betrieb die Bundesrepublik ein Sirenen-Netz, um der Bevölkerung im Fall der Fälle „Katastrophenalarm“ oder gar „Luftalarm“ zu geben. Das ist längst vorbei. Das Sirenen-Netz aber gibt es noch. Der Bund übergab es nach dem Ende des Kalten Kriegs den Kommunen. Die gingen auch im Kreis Mettmann ganz unterschiedlich damit um; die Feuerwehr Velbert etwa machte weiter Gebrauch davon, um bei umfangreichen Einsatzlagen ihre freiwilligen Kollegen zu alarmieren.

Sirenen nicht überall hörbar

In lückenlosem Zustand ist das Netz indes nicht, teilt die Stadt auf WAZ-Anfrage mit. Es sei „nicht so flächendeckend vorhanden, dass eine Wahrnehmbarkeit in allen Bereichen des Stadtgebietes sichergestellt ist“, sagt Stadtsprecher Christian Frege. Die Stadt habe zwar damals alle Sirenen vom Bund übernommen, sie „teilweise gegen neue, elektronische Sirenen mit höherer Leistung ersetzt“ und das Auslöse-System auf Digitaltechnik umgestellt, so Frege. „Jedoch bestehen Lücken in der Ausleuchtung, da Standorte durch Abrisse oder Nutzungsänderungen von Gebäuden aufgegeben werden mussten.“

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Derzeit gibt es im Stadtgebiet 24 funktionierende Anlagen, um die Feuerwehr zu alarmieren. Der Kreis hat einen Gutachter beauftragt, der momentan einen Soll/Ist-Vergleich macht, erklärt Michael Beitelsmann, Sachgebietsleiter Bevölkerungsschutz beim Kreis. Ziel ist nach dem Anfang 2016 novellierten NRW-Gesetz über den Brandschutz, die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz ein annähernd flächendeckendes Sirenen-Netz, das in Zukunft nicht nur die Feuerwehr alarmieren, sondern auch wieder die Bevölkerung warnen können soll.

Neue Sirenen sind lauter und ausrichtbar

Es soll „planerisch sicher“ 90 Prozent der Bevölkerung mit einem Schalldruck von mindestens 70 Dezibel im Freien erreichen können. Das entspricht in etwa dem Schallpegel eines Rasenmähers. Da Sirenen neuen Typs wesentlich lauter und zudem ausrichtbar seien, sei es gut möglich, dass das topografisch zerklüftete Velbert künftig mit weniger als 24 Sirenen auskomme, sagt Beitelsmann. 207 790 Euro haben der Kreis und seine Städte vom Land für das neue Warnkonzept zur Verfügung. Der Kreis plant es, die Kommunen müssen es später gemeinsam mit diesem umsetzen. Wann es soweit ist, ist noch nicht abzusehen, solange die Begutachtung noch läuft.

Wofür braucht es die Sirenen noch, fragt sich vielleicht Mancher, der die Warn-App NINA auf seinem Smartphone hat. Mit der „Notfall-Informations und -Nachrichten-App“ bekommt man Katastrophen- und Unwetter-Warnungen aufs i- oder Android-Phone.

Warn-App sei nur eine Ergänzung

„Warnungen kann man den Erkenntnissen der Wissenschaft oft noch sehr gut mit Sirenen bewerkstelligen, gerade in der Nacht“, sagt Bevölkerungschützer Beitelsmann. Stadtsprecher Frege bezeichnet die Warn-App denn auch lediglich „als ideale Ergänzung zur Alarmierung über Sirenen“. Sie warne, „wenn Sirenensignale akustisch nicht wahrgenommen werden können“. Im Zweifel will sich die Stadt aber nicht darauf verlassen, dass das Datennetz für Handys im Katastrophenfall funktioniert, sagt Frege. Oder dass jeder Bürger immer ein Smartphone parat hat.

>>WAS DIE SIRENEN-TÖNE BEDEUTEN

Es gibt in NRW und den meisten anderen Bundesländern drei Sirenen-Töne. Zwei davon richten sich an die Bevölkerung, einer an die Feuerwehren.

Wenn der Heulton eine Minute lang immer wieder an- und abschwillt, ist er für die Bevölkerung. Er bedeutet: Radio oder Fernsehen einschalten und dort auf Durchsagen und Verhaltensregeln achten.

Die Stadt bittet dann ferner darum, die 112 und 110 nicht durch Nachfragen zu blockieren. Falls notwendig, richtet die Stadt ein Bürgertelefon ein, sagt Stadtsprecher Christian Frege. Auch der Kreis hat für Katastrophenfälle ein Bürgertelefon: 02104/99-3535

Drei Töne mit zwei kurzen Unterbrechungen in einer Minute sind eine Feuerwehr-Alarmierung. Ein einminütiger Ton ohne Unterbrechung bedeutet Entwarnung.