Velbert. Trick-Betrüger gaben sich auf dem Obi-Parkplatz in Velbert als taubstumm aus und versuchten, Spenden zu sammeln. Die Polizei warnt vor massivem Betteln und Bedrängen.
Samstagmittag auf dem Obi-Parkplatz: Eine Velberterin hatte ein paar Kleinigkeiten besorgt, wollte wieder nach Hause fahren. „Mein Auto stand keine 20 Meter vom Ausgang entfernt, ich hatte die Türe schon geöffnet und wollte einsteigen“, erinnert sich die WAZ-Leserin (Name der Redaktion bekannt). In diesem Moment sei ein Mann aufgetaucht: „Er hatte ein Klemmbrett in der Hand und zeigte immer wieder auf seinen Mund, wollte mir so erklären, dass er stumm ist.“ Auf dem Papier, das am Klemmbrett befestigt war, erkannte die Frau drei Unterschriften und die Beträge von Spendensummen. Dazu eine Fotokopie einer Bescheinigung der Behinderung.
Das Einsteigen ins Auto verhindert
Dass er tatsächlich stumm sei, habe die Velberterin jedoch keinen Moment lang geglaubt, ihr sei sein Verhalten suspekt gewesen. „Er hat die Fingerspitzen aneinandergerieben, um mir zu zeigen, dass er von mir Geld haben möchte.“ Die Velberterin wollte daraufhin in ihr Auto steigen, sie fühlte sich bedrängt von dem Bettler. Ein weiterer Mann habe auf einmal hinter ihr gestanden, das Einsteigen verhindert. „Ich konnte seine Jacke in meinem Rücken spüren und habe ihm einfach auf den Fuß getreten. Da ist er zurückgewichen und ich konnte endlich fahren.“ Anschließend habe sie sofort die Polizei gerufen. „Eigentlich habe ich keine Angst. Aber die Situation hat mich wirklich bedrückt.“
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„Die Dame hat absolut richtig gehandelt“, sagt Nicole Rehmann von der Kreispolizei. „Diese Masche ist sehr verbreitet und wir warnen immer wieder davor.“ Die Klemmbrett-Masche, das massive Betteln und Bedrängen, werde – wie viele Trick-Betrügereien – vor allem bei Senioren probiert: „Die vermeintliche körperliche Schwäche und die erhoffte Hilfsbereitschaft locken die Täter“, so Rehmann. Und die nutzen das Klemmbrett oft als Ablenkungsmanöver, seien in der Regel zu Zweit unterwegs; einer lenke ab, der andere stehle bei günstiger Gelegenheit. „Ich hatte keine Tasche dabei und mein Portemonnaie war in der Jacke. Zum Glück, sonst wäre vielleicht etwas weggekommen“, vermutet die Leserin. In der Regel falle der Betrug durch die Ablenkung auch erst viel später auf, sagt Nicole Rehmann: „Um Einzeltäter handelt es sich dabei nicht, dahinter stecken Gruppenstrukturen und diese Gruppen ziehen von Stadt zu Stadt.“
Zeugen direkt ansprechen
Spendensammeln auf der Straße sei jedoch nicht durchweg unseriös, betont Rehmann. Viele Vereine sammeln etwa Geld oder Unterschriften für einen guten Zweck. „Ich möchte keinen vom Spenden abhalten, aber die Bereitschaft, Gutes zu tun, ist für solche Täter verlockend.“ Zur Vorsicht sollten sich alle, die Spenden wollen, den Ausweis der Hilfsorganisation zeigen lassen, im Zweifel mit der Organisation Rücksprache halten.
„Wer sich trotzdem bedrängt fühlt, sollte auf sich aufmerksam machen“, sagt auch Udo Wilke von der Kriminalprävention. „Sprechen Sie die Menschen in Ihrer Umgebung direkt an“, rät er. „Der ,Hilfe’-Ruf ist häufig abgenutzt, da reagieren nur wenige.“ Besser sei beispielsweise: „Sie, mit dem blauen Anorak, helfen Sie mir!“ Und natürlich: „Die 110 wählen“.
„Nicht auf einen Kampf einlassen"
Sollte der Verdächtige entkommen sein, bevor Hilfe eintrifft, erweist sich normalerweise eine detaillierte Personenbeschreibung als hilfreich, sagt Polizeisprecherin Nicole Rehmann: „Auf keinen Fall darf man sich selbst in Gefahr bringen und sich zum Beispiel auf einen Kampf einlassen“, warnt die Polizistin.
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Die WAZ-Leserin musste und konnte sich wehren, andere Kunden des Baumarktes hätten die Situation nicht beobachten können: „Da ist so viel los zwischen den Autos, es ist schwierig, etwas zu bemerken.“ In Zukunft wolle sie mehr aufpassen „und ich möchte andere sensibilisieren, auch vorsichtig zu sein.“
In der Stadt sei vor allem am Bankautomaten Vorsicht geboten, warnt die Polizei. Gerade auf Senioren, die am Monatsanfang ihre Rente abheben, warten die Täter. Auch beliebt: der Glas-Wasser-, der Zettel- oder der Enkel-Trick. Die Polizei rät dazu, unter keinen Umständen Fremde in die Wohnung zu lassen.