Sprockhövel/Düsseldorf. .
Während die Sozialverbände den Wegfall der Zivis beklagen, hat die Bundeswehr trotz Abschaffung der Wehrpflicht kaum Nachwuchsprobleme. Jenny (19) aus Sprockhövel beginnt an Januar ihre Ausbildung zur ABC-Abwehrsoldatin.
Während Sozialverbände mit dem Wegfall der Wehrpflicht und des Ersatzdienstes schon jetzt über die Lücke klagen, die die fehlenden Zivildienstleistenden hinterlassen, scheint die breit angelegte Nachwuchskampagne der Bundeswehr zu fruchten. 200 Bewerber standen allein im Juli beim Kreiswehrersatzamt in Düsseldorf auf der Matte, um sich für den 23-monatigen Freiwilligendienst zu qualifizieren. 90 von ihnen wurden als geeignet eingestuft, fünf Prozent davon sind Frauen.
Jenny B. aus Sprockhövel reicht dieser Freiwilligendienst nicht - sie hat sich nach dem Fach-Abitur gleich für neun Jahre als Soldatin auf Zeit verpflichten lassen. Die 19-Jährige absolvierte Anfang Juli die Eignungsprüfung, wurde beim Psychologie-Test geprüft und strampelte sich bei 30 Grad im Schatten auf dem Ergometer ab. „Ein Anwärter hat sich beim Fahren übergeben. Hätte er nicht durchgehalten, wäre er durchgefallen. Die Prüfung war schon nicht ganz ohne“, erinnert sie sich.
„Ich freue mich darauf, mich schmutzig zu machen“
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Doch auf den Test hat sich die 19-Jährige lange vorbereitet. „Ich will zur Bundeswehr, seitdem ich 14 bin“, sagt die zierliche junge Frau. Ihre Nägel hat sie rot lackiert, die Haare blondiert. Doch hinter der hübschen Fassade steckt eine echte Kämpfernatur. „Ich freue mich darauf, mich schmutzig zu machen“, sagt sie. Seit zwei Jahren mischt sie bei der Freiwilligen Feuerwehr mit, hat dort erste Kenntnisse in der Gefahrenabwehr gesammelt. Darüber hinaus powert sie sich seit einem Jahr in einem Essener Boxstudio aus, manchmal bis zu fünf Mal in der Woche. Zur Verbesserung ihrer Ausdauer geht Jenny noch laufen, am liebsten durch die heimischen Felder in Sprockhövel.
„Ich bin sehr ländlich aufgewachsen. Dadurch hatte ich schon immer einen Draht zur Natur und einen großen Freiheitsdrang“, sagt die selbstbewusste Bundeswehr-Anwärterin zu ihren Beweggründen. Nach ihrer Grundausbildung in Idar-Oberstein ab Januar folgt eine Ausbildung als Biologie-Laborantin in Höxter. Damit kann sie in der ABC-Abwehr eingesetzt werden. In Afghanistan etwa würde sie eher in der Wasseraufbereitung als an vorderster Front eingesetzt. „Die Ausbildung bei der Bundeswehr ist viel praktischer ausgelegt als auf dem freien Markt. Dafür habe ich aber auch ein Jahr weniger Zeit, muss mehr lernen“, erklärt Jenny.
„In der Schule habe ich vor allem von den Jungs viele dumme Sprüche eingesteckt“
Und wie reagiert ihr Umfeld? „In der Schule habe ich vor allem von den Jungs viele dumme Sprüche eingesteckt. Meine Eltern waren auch nicht begeistert und sind besorgt, haben mich aber immer unterstützt“, sagt Jenny. Dass ein Bürojob nichts für sie ist, stellte sie bei einem Praktikum in einer Firma für Webdesign fest. „Ich kann gut zeichnen. Alle haben gesagt, dass ich etwas daraus machen muss. Als ich aber den ganzen Tag vor dem Rechner saß, dachte ich, ich muss sterben“, sagt sie.
Nun also macht sie das, was sie schon immer gemacht hat - mit dem Kopf durch die Wand gehen. Und vielleicht gehört sie als junge Frau damit nicht mehr lange zu einer Minderheit. Ab Oktober will die Bundeswehr alle 17-jährigen Mädchen per Post anschreiben und für die Möglichkeiten beim Bund werben, sagt eine Sprecherin des Kreiswehrersatzamts. Von der Abschaffung der Wehrpflicht hält Jenny übrigens nichts: „Vielen Leuten in meinem Alter würde es gut tun, wenn sie sich irgendwo verpflichtend Gedanken über ihre Zukunft machen müssten.“