Berlin/Essen. . Hunderte Wehrdienstleistende haben schon in den ersten vier Wochen nach dem Start der Freiwilligenarmee den Dienst quittiert. Experten fürchten ein Scheitern des Projektes.
Hunderte Wehrdienstleistende haben schon in den ersten vier Wochen nach dem Start der Freiwilligenarmee den Dienst quittiert. Nach einer Umfrage des Bundeswehrverbandes liegt die Quote der Aussteiger bei 13 Prozent und ist damit ungefähr so hoch wie in früheren Wehrpflichtzeiten.
Die Freiwilligen haben die Möglichkeit, innerhalb der ersten sechs Monate ihrer Dienstzeit praktisch von heute auf morgen zu kündigen. Experten fürchten sogar ein Scheitern des Projektes.
„Wenn die Regierung nicht nachsteuert, wird der Bundeswehrdienst in ein bis zwei Jahren scheitern“, sagte der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold. Er forderte, den Dienst durch Bonuspunkte für Studienplätze oder Praktikabescheinigungen attraktiver zu machen. Arnold reagierte auf Zahlen des Bundeswehrverbands, wonach 13 Prozent der Freiwilligen seit dem Start des Angebots am 1. Juli wieder ausgeschieden sind. Er kritisiert besonders die Werbung der Bundeswehr: „Die war nicht ehrlich. Es wurde suggeriert: Komm zum Bund, dann stehen dir alle Türen offen. Das war Werbung für Technikbegeisterte, doch nicht jeder wird Tornadopilot.“
Auch aus der Union kommt Kritik: „Es zeigt, dass bei den Freiwilligen Defizite vorhanden sind über das, was sie erwartet. Die Bundeswehr hat Werbespots geschaltet, mit denen ich auch nicht immer glücklich war. Sie tut gut daran, die Aufklärungs- und Informationsarbeit zu verstärken“, sagte der verteidigungspolitische Sprecher Ernst-Reinhard Beck (CDU). Er hält aber die unerwartet hohe Zahl der Abbrecher für eine „normale Anlaufschwierigkeit“.
„Wir brauchen die Besten, nicht die Schlechtesten“
Laut Bundeswehrverband quittieren heute mit 13 Prozent ungefähr so viele Freiwillige den Dienst wie zuvor die Soldaten zu Wehrpflichtzeiten. Aus unterschiedlichen Gründen, wie Verbands-Sprecher Jan Meyer sagt: „Manche kommen nicht damit klar, um fünf Uhr morgens aufstehen zu müssen. Andere finden kurz nach Dienstantritt eine Lehrstelle oder einen Studienplatz. Oder ein Bundeswehrarzt attestiert mangelnde Tauglichkeit.“ Der Verband warnt davor, die Bewerbung bei der Bundeswehr weiter zu erleichtern: „Das wäre bedenklich. Die Bundeswehr steht im Wettbewerb mit großen Unternehmen um Fachkräfte. Wir brauchen die Besten und nicht die Schlechtesten“, so Meyer.
Die Bundeswehr erklärte, sie habe keine belastbaren Zahlen über die Abbrecher. Wenn die Quote bei 13 Prozent läge, dann wäre das kein Problem. „Wir befürchten keine Engpässe. Laut Verteidigungsministerium brauchen wir jährlich 4000 Freiwillige“, sagte Bundeswehr-Sprecher Kai Schlolaut. Am 1. Juli hatten 3419 Freiwillige ihren Dienst begonnen. Die nächsten folgen Anfang Oktober.