Düsseldorf. Nach Abschaffung der Wehrpflicht haben am Montag auch die ersten Freiwilligen aus Nordrhein-Westfalen ihren Dienst an der Waffe angetreten. Für die Bundeswehr beginnt damit nach 54 Jahren eine neue Ära.

Nach der Abschaffung der Wehrpflicht haben am Montag auch die ersten Freiwilligen aus NRW ihren Dienst bei der Bundeswehr angetreten. Nach Angaben der Wehrverwaltung West meldeten sich aus dem bevölkerungsreichsten Bundesland 701 junge Männer freiwillig zum Wehrdienst.

Die Grundausbildung ist künftig nicht mehr in jeder Kaserne möglich. In Nordrhein-Westfalen wird sie nur noch in der Westfalen-Kaserne Ahlen angeboten. Dort traten den Angaben zufolge 206 Rekruten ihren Dienst an. Davon waren 131 Freiwillige und 75 Soldaten auf Zeit. Insgesamt 3.419 freiwillig Wehrdienstleistenden rückten am Montag bundesweit in die Kasernen ein.

Für die Bundeswehr hat mit dem Ende der Wehrpflicht nach 54 Jahren eine neue Ära begonnen. Mit einem „Herzlich Willkommen“ begrüßte Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) in der Berliner Julius-Leber-Kaserne die neuen Rekruten, die sich durchschnittlich für 15 Monate verpflichtet haben. Zuletzt lag der Wehrdienst bei nur noch sechs Monaten. Unter den neuen freiwillig Wehrdienstleistenden sind 44 Frauen.

„Am Freitag hat die Bundeswehr aufgehört zu existieren als Wehrpflichtarmee“, erinnerte der Minister. Mehr als 8,4 Millionen Deutsche hätten in den vergangenen Jahrzehnten ihren Wehrdienst abgeleistet. Nun beginne für die Bundeswehr eine neue Phase. Nach der Wehrpflichtarmee komme nun eine Freiwilligenarmee.

Bundeswehr bleibt auch ohne Wehrpflicht in der Gesellschaft verankert

Ausdrücklich trat der Verteidigungsminister Befürchtungen entgegen, dass mit dem Umbau der Bundeswehr die enge Verbindung zur Gesellschaft verloren gehen könne. „Die Befürchtung habe ich nicht, dass die Bundeswehr nicht in der Mitte der Gesellschaft verankert bleibt“, sagte der Minister. Aber dieses Verhältnis sei zweiseitig. Auch die Gesellschaft müsse die Bundeswehr, die ihre Hand ausstrecke, als einen Teil von sich akzeptieren.

Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Ulrich Kirsch, rief unterdessen dazu auf, bei der Nachwuchsgewinnung auch klar auf die Gefahren der Arbeit aufmerksam machen. Man dürfe nicht nur „die schönen Seiten des Soldatenberufs“ zeigen, sondern müsse auch die Gefahren verdeutlichen, sagte Kirsch im Deutschlandfunk. Denn an die Soldaten würden hohe Anforderungen gestellt: Sie müssten in schwierigen Lagen und Einsatzgebieten richtig reagieren.

De Maizière betonte, genau um diese beiden Seiten von gelebter Kameradschaft und höchster Einsatzbereitschaft des Einzelnen - bis hin zum Einsatz des eigenen Lebens - gehe es auch in der neuen Kernbotschaft der Bundeswehr. Unter dem Motto „Wir. Dienen. Deutschland“ wollen die Streitkräfte künftig um den Nachwuchs werben. Es löst den bisherigen Slogan „Eine starke Truppe“ ab.

Die drei Kernwörter der „neuen Bundeswehr“ sind nach den Worten des Ministers im übrigen nicht von einer Werbeagentur ausgedacht worden, sondern in der Truppe selbst entstanden. 70 Prozent der Befragten hätten den Slogan für gut befunden, bei den jungen Leuten seien es sogar 79 Prozent. Das zeige, dass selbst das Wort „dienen“ bei den jungen Menschen ankomme. Zugleich mahnte de Maizière mit Blick auf eine gesellschaftliche Akzeptanz: „Dienen verdient Anerkennung.“

Deutsche Armee ist laut einer Studie besonders ineffizient

Überschattet wurde der Wehrpflicht-Wechsel von einer Studie der Europäischen Verteidigungsagentur EDA, wonach die Bundeswehr die ineffizienteste Armee der westlichen Allianz sei. Das hatte die „Wirtschaftswoche“ berichtet. Sowohl der Verteidigungsminister als auch Wehrexperten des Parlaments bezweifelten indes den Vergleich. „Es überrascht der Tenor nicht, das Ergebnis der Studie ist aber falsch“, sagte de Maizière unter Verweis auch auf den gerade begonnen Umbau der deutschen Streitkräfte.

Die Aussetzung der Wehrpflicht zum 1. Juli gehörte zur Reform der Bundeswehr, die in den kommenden Jahren von derzeit rund 230.000 auf bis zu 185.000 Soldaten verkleinert wird. Geplant sind 170.000 Zeit- und Berufssoldaten. Hinzu kommen sollen zwischen 5.000 und 15.000 Freiwillige, die sich zwischen sieben und 23 Monaten verpflichten können. (dapd)