Sprockhövel. Vom Angstraum in Sprockhövel zu einem bel(i)ebten Treffpunkt: Das sind die Pläne der evangelischen Gemeinde für den Herzkamper Friedhof.

Es gab Zeiten, da haben Menschen in Herzkamp den Friedhof der Kirchengemeinde als Angstraum empfunden. Dichtes Gebüsch und Baumkronen, die kaum Licht auf Gräberfelder und Wege zuließen. Das darf nicht sein, sagt Pfarrer Ortwin Pfläging. Der Friedhof soll kein schummriger Ort sein, den die Menschen meiden und einen großen Bogen darum machen. „Er soll wieder ins Dorf geholt werden“, gibt Pfläging die Meinung des Presbyteriums wieder. Und dafür wird einiges getan, unterstützt durch die westfälische Landeskirche und mit Bundesförderung.

Vision ist eine ökologisch wertvolle Parkanlage

Es wird an vielen Stellen angesetzt, um den Friedhof zu einem Ort zu machen, wo Trauernde nicht nur auf andere Hinterbliebene treffen, sondern wo wie in einer schönen Parkanlage Leben verschiedener Generationen stattfindet, wo unter ökologischen Gesichtspunkten heimische Pflanzen und Bäume wachsen. Und wo Flächen, die nicht mehr für Gräber genutzt werden und zu Magerwiesen werden, auf denen sich Blühpflanzen den Insekten anbieten.

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Bio-Diversitäts-Check wurde bezahlt

Mit Fördergeld des Bundes wurde ein Bio-Diversitäts-Check bezahlt, bei dem der Friedhof genau unter die Lupe genommen wurde. „Im Ergebnis wurde die Anlage von Blühflächen empfohlen, ebenso die Beseitigung von Kiesgräbern, ein Verzicht auf Torf“, berichtet Pfarrer Pfläging. Ökologisch wertvoll eben – dazu gehört, die Linden auf dem Areal so zu schneiden, dass sie wieder kraftvoll wachsen können. Baum- und Strauchschnitt soll nicht abtransportiert, sondern so gehäuft werden, dass Kleintiere dort Unterschlupf finden, so genannte Benjes-Hecken werden angelegt. „Unser Friedhof soll ein Ort sein, wo sich Feldhasen, Igel, Marder und Eichhörnchen zu Hause fühlen“, sagt Pfläging.

Sieben Konfirmandinnen haben diese Woche die Nistkästen auf dem Friedhof in Herzkamp gereinigt und so vorbereitet für die nächste Vogelbrut.
Sieben Konfirmandinnen haben diese Woche die Nistkästen auf dem Friedhof in Herzkamp gereinigt und so vorbereitet für die nächste Vogelbrut. © WAZ | Matthias Spruck

Konfirmanden auf der Leiter

Am vergangenen Dienstag haben Pflägings Konfirmandinnen und Konfirmanden eine lange Leiter genommen und die Nistkästen auf dem Gelände aufgesucht, die ihre Vorgänger im vergangenen Jahr an Bäumen auf dem Friedhof aufgehängt haben. Sieben Mädchen und ein Junge kletterten in luftige Höhen und nahmen die Kästen ab. „Wir schauen, ob sie sauber sind oder für die nächste Generation von Jungvögeln erst gereinigt werden müssen“, erläuterte Sophie.

Pfarrer zählt 28 Vogelarten

Manche waren leer, andere noch mit vergammeltem Stroh gefüllt, das die Konfis entfernten und die Kästen von Milben und anderen Schädlingen befreiten. „Rund die Hälfte der Kästen wiesen noch Spuren der gefiederten Bewohner auf“, resümierte Valerie. Vom angrenzenden Pfarrhaus aus hat Ortwin Pfläging 28 Vogelarten gezählt, die auf dem Friedhof heimisch sind.

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Ehrenamtliches Engagement wichtig

Das Umgestaltungsprojekt soll, so der Förderer Bund, der immerhin 8000 Euro für den Friedhof Herzkamp bewilligt hat (die Gemeinde muss hierzu einen Eigenanteil aufbringen), auch die ehrenamtliche Arbeit auf dem Friedhof stärken. Auf diese Weise wird auch der Friedhofsgärtner Frenzel entlastet, es werden ihm für die zusätzliche Aufgaben ehrenamtliche Kräfte eines Teams aus der Gemeinde zur Seite gestellt.

Bestattungskultur hat sich verändert

Entgegen kommt den ehrgeizigen Umwandlungsplänen der Gemeinde, dass auch die Bestattungskultur insgesamt in Änderung begriffen ist. „Klassische Sargbestattungen sind rückläufig, Urnengrabfelder werden immer häufiger nachgefragt“, sagt Pfläging. Im Ergebnis entstehen auf dem ältesten Friedhof Sprockhövels immer mehr und größere Freiflächen, die bewusst nicht mehr belegt werden. „Das eröffnet uns die Möglichkeit, Raum zu schaffen auch für Veranstaltungen wie Konzerte, wie sie bislang schon unser Posaunenchor zu Ostern und am Ewigkeitssonntag anbietet.“

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