Sprockhövel. Ein Thema, das Sprockhövel 2023 bewegen wird: In Herzkamp wird weiter um den Neubau eines Gemeindehauses gerungen. Hier der Kampf um Argumente.

Die Ausgangssituation ist die: Die Kirchengemeinde Herzkamp möchte auf ihrem Grundstück unmittelbar an der Kirche ein neues Gemeindehaus bauen. Ein erster Versuch vor mehr als zehn Jahren scheiterte an heftiger Kritik durch einige Menschen aus dem Ortsteil, und auch der zweite Versuch seit 2021 wird wieder von einem Teil der Bewohnerinnen und Bewohner Herzkamps nach Kräften torpediert.

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Unterschriftenliste an die Bürgermeisterin

Eine Unterschriftenliste gegen das Vorhaben wurde bei Bürgermeisterin Sabine Noll eingereicht, und die Stadtverwaltung sah es als ihre Aufgabe, zwischen den beiden Parteien zu vermitteln. Pfarrer Ortwin Pfläging beruft sich unter anderem auf eine Gemeindekonzeption, die bei den Gemeindehäusern die Standorte Haßlinghausen und Herzkamp vorsieht. Bei einer Bürgeranhörung im vergangenen November konnten die anwesenden Bürgerinnen und Bürger noch einmal erleben, was die Gegner des Projekts empfinden: Sie betonten, wie wichtig ihnen die Erhaltung des „Dorfcharakters“ Herzkamps ist. Da sei ein Neubau an so exponierter Stelle an der Kirche nicht hinnehmbar.

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Konflikt nur zeitlich verlagert

Zurzeit ist Ruhe eingekehrt, eine Bauvoranfrage wurde zurückgezogen, auch um die Gemüter zu beruhigen und keinen Riss durch die Bürgerschaft von Herzkamp entstehen zu lassen. Doch der Konflikt ist nur zeitlich verlagert, die Fronten bleiben verhärtet. Pfarrer Ortwin Pfläging auf der einen Seite und Hans Martin Fickel von der Initiative gegen den Gemeindehausneubau breiten hier noch einmal die wesentlichen Argumente für und wider das Haus an der Kirche aus.

PROvon Pfarrer Ortwin Pfläging

Schon seit zwölf Jahren setzt sich die Evangelische Kirchengemeinde Haßlinghausen-Herzkamp-Silschede dafür ein, dass an der Kirche Herzkamp Räume entstehen, die einem zeitgemäßen Gemeindeleben entsprechen. Dazu gehören barrierefreie, energiesparende und variable Räumlichkeiten. Kinder-, Jugend- und Altenarbeit, generationsübergreifende Aktivitäten, kulturelle und musikalische Betätigungsfelder für alle Altersstufen brauchen ein angemessenes Zuhause, das nur durch einen Neubau erreicht werden kann. Die Kirchengemeinde muss sich in ihrem Kern, dem Gottesdienst, weiterentwickeln. Die Gottesdienste werden in Zukunft stärker von Ehrenamtlichen gestaltet werden. Sie bedürfen andere Vor- und Nachbereitungsräume als das Amtszimmer im Pfarrhaus. In Zeiten, wo die sozialen, klimatischen und persönliche Herausforderungen immer schneller, umfassender und verflochtener anwachsen, wird es für die evangelische Kirche noch notwendiger, entsprechende Fragen und Antworten gemeinsam zu finden und sich dabei auf Gottes Wort zu besinnen. Auch dazu braucht es neue Räume. Aus dem großen geplanten Gemeindehaus wird ein kleinerer Anbau, der mit der Kirche verbunden sein wird und neue Chancen für die Gemeinde ermöglicht. Die Zukunft der Gemeinde hängt entschieden davon ab, ob sie diese Chancen erkennt und ergreifen kann und darf.

CONTRAvon Hans Martin Fickel

Es gibt verschiedene Gesichtspunkte, warum unsere Initiative gegen den Neubau ist. Städtebaulich passt das Bauvorhaben nicht in die Landschaft wegen des Alleinstellungsmerkmals der denkmalgeschützten Kirche. Es gibt ein erhaltungswürdiges Gemeindehaus 250 Meter oberhalb der Kirche sowie ein neues Gemeindehaus in Haßlinghausen. Der vor einigen Jahren erneuerte, einzige Spielplatz im Dorf wird deutlich verkleinert. Die ökologische Bilanz des Neubaus steht in keinem Verhältnis zum Nutzen; ein intakter Lebensraum vieler art- und besonders geschützter Tiere (Fledermäuse, Igel, Maulwürfe) wird zerstört. Folge der Bebauung ist die Versiegelung der dringend benötigten Versickerungsfläche. Andernorts werden Grünflächen durch Rückbau geschaffen, hier soll die letzte Grünfläche vernichtet werden. Die große Mehrheit der Dorfgemeinschaft lehnt das Bauvorhaben ab. Laut der Stadt Sprockhövel ist die Anzahl der Gemeindemitglieder in Herzkamp in den letzten 15 Jahren um 35 Prozent gesunken. Andererseits betont die Kirche selbst in jeder Ausgabe ihrer Zeitung „Der Schwan“ ihre Finanznot. Mit viel geringeren Mitteln kann das bestehende Gemeindehaus saniert werden. Eine zusätzliche Dorfbegegnungsstätte bzw. ein Veranstaltungsort ist überflüssig; der Schützenverein wird sein Schützenheim in nächster Zeit dahingehend renovieren, die Bauanträge sind bei der Stadt schon gestellt.

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