Sprockhövel. Der ehemalige Lehrer aus Sprockhövel wird für seine Verdienste um das Plattdeutsche und die Pflege der Städtepartnerschaft zu South Kirkby geehrt.
Der Heimatpreis, das ist wie der Nobelpreis für den Sprockhöveler. So hat es ein Bekannter formuliert, als bekannt wurde, dass in diesem Jahr Hans-Gert Burggräfe diese Würdigung erfährt. Die Jury hat in der Tat eine gute Wahl getroffen, denn es gibt wohl kaum jemanden in der Stadt, der mehr verwachsen ist mit seiner Scholle als der 77-Jährige.
Leben mit dem Heimatbegriff
Der pensionierte Schulmeister kann viel mit dem Begriff Heimat, der lange durch dunkle Phasen deutscher Geschichte belastet schien, anfangen. „Er umschreibt das Gefühl, das ich mit Sprockhövel verbinde – außer der Tatsache, dass ich schon immer hier gelebt habe“, sagt Burggräfe. Heimat, das ist der evangelische Kirchenchor in der Zwiebelturmkirchengemeinde, dem er seit einem halben Jahrhundert angehört und dessen Vorsitzender Burggräfe ist. Heimat, das ist auch der Heimat-und Geschichtsverein, dessen Mitglied er ist und der ihn der Preisjury vorgeschlagen hat. Hans-Gert Burggräfe bekommt die Auszeichnung für seinen Einsatz zur Pflege der plattdeutschen Sprache.
Als Kind alles verstanden
Die Mundart ist ein sehr lokales Merkmal, in Sprockhövel klingt sie in Nieder- und Obersprockhövel, wo Hans-Gert Burggräfe her stammt, durchaus etwas anders als in Haßlinghausen oder Hiddinghausen, wo der Preisträger mit seiner Familie seit über 40 Jahren wohnt. Westfälisch ist zwar die sprachliche Grundierung und somit deutlich anders als im benachbarten Wuppertal oder in den angrenzenden Ruhrgebietsstädten. Burggräfe erinnert sich an seine Kindertage auf dem Kleinbeck-Hof, wo ausschließlich Platt gesprochen wurde. „Ich hab damals alles verstanden, aber sprechen konnte ich es nicht.“ Das Sprockhöveler Platt gebe es nicht, das stört aber bei den regelmäßig stattfindenden plattdeutschen Runden in der Heimatstube nicht, sagt Burggräfe.
Mentor Otto Vorberg
Seine Liebe zur Mundart geht auf den Kontakt zum Sprockhöveler Heimatdichter Otto Vorberg zurück. Der hat Bücher auf Sprockhöveler Platt geschrieben mit den launigen Titeln wie etwa „Durch Kapps un Tabak“, eine Sammlung von kurzweiligen Histörchen, in Mundart übersetzten Liedern, aufgelockert durch hübsche Zeichnungen. „Hierüber habe ich die Sprache gelernt“, sagt der ehemalige Gesamtschullehrer. Vorberg erkannte wohl bald, mit wie viel Feuereifer der junge Burggräfe lernte. Am Sterbebett sprach Vorberg sein Vermächtnis: „Dann maus du dat widdermaken“, Burggräfe sollte federführend das Sprockhöveler Platt weitertragen, „das ist mir seither eine große Freude und keineswegs eine lästige Pflicht.“
Corona verhindert Mundartabende
Seit letztem Jahr finden die gern besuchten plattdeutschen Abende pandemiebedingt nicht mehr statt. „Für Freitag hatte ich das Programm schon fertig, auch die 93-jährige Hilde Sirrenberg hätte etwas beigetragen“, bedauert Hans-Gert Burggräfe die kurzfristige Absage. Er selbst trägt gerne vor Publikum plattdeutsche Geschichten vor, auch Witze überträgt er gerne mal in platter Übersetzung vor.
Vorsitzender des Freundschaftskreises
Burggräfe wird auch für sein Engagement als Vorsitzender des Internationalen Freundschaftskreises Sprockhövel geehrt. Gleich nach der Besiegelung der Städtepartnerschaft mit dem englischen South Kirkby 1981 hatte er den Verein gegründet. Seither sind regelmäßig Bürgerinnen und Bürger, früher auch Ratsmitglieder auf die Insel gereist und haben Besuch von dort in Sprockhövel beherbergt.
Der Nachwuchs fehlt
So sehr sich Hans-Gert Burggräfe für Plattdeutsch und die Städtepartnerschaften zu South Kirkby und Oelsnitz engagiert, so macht ihm doch zu schaffen, dass in beiden Bereichen der Nachwuchs fehlt.
„Es gibt schlicht keine jungen Leute, die die Sprache ihrer Vorfahren erlernen und pflegen wollen“, sagt er. Auch die Freunde über die Völkerverständigung mit South Kirkby habe stark nachgelassen. Er begrüßt eine Initiative von Bürgermeisterin Sabine Noll, eine Kontaktaufnahme der Stadtoberhäupter wieder in Gang zu setzen.