Sprockhövel. Richard Rohnert ist neuer Leiter des IG Metall Bildungszentrums in Sprockhövel. Sein Haus macht die Teilnehmer fit für die moderne Arbeitswelt.

Richard Rohnert übernimmt die Leitung des IG Metall Bildungszentrums in Obersprockhövel in einer Zeit, wo die metallverarbeitende Industrie insbesondere im Automobilbereich vor erheblichen Herausforderungen steht. Was machen Betriebe, die bislang Verbrennungsmotoren bestücken, beim Anbruch des Elektromotorenzeitalters? Antworten suchen nicht nur Konzernlenker, sondern auch Betriebsräte.

13.630 Personen in einem Jahr geschult

„So viel Wandel war zuletzt, als vor vielen Jahren die Bergbauindustrie am Ende war“, sagt der Chef der Gewerkschaftsbildungseinrichtung. Seit dem vergangenen Frühjahr ist Rohnert in der obersten Funktion des Bildungszentrums – mit seinem Seminar- und seinem Hoteltrakt. Im vergangenen Jahr war es gleichsam eine Kleinstadt, die aus ganz Deutschland kommend an der Otto-Brenner-Straße geschult wurde, 13.630 Personen allein 2019. 502 Seminare wurden abgehalten, der Hotelbetrieb registrierte 34.269 Übernachtungen.

Erkenntnisse aus der Wissenschaft verarbeitet

Die organisierte Arbeitnehmerschaft in diesem Land erhält in den unterschiedlichsten Bereichen das nötige Know-how, die geistige Munition, in Sprockhövel. „Zusammen mit meinen Seminarleitern überlege ich, welche Themen aktuell brennen, um unser Angebot danach auszurichten. Aber wir bekommen auch Impulse für Weiterbildungen aus den Betrieben, und darauf reagieren wir natürlich auch“, betont Richard Rohnert. Dafür unterhält die Einrichtung enge Kontakte zur Wissenschaft, etwa zu einer Denkfabrik an der Ruhruni Bochum, um neueste Erkenntnisse in den Lernstoff der Seminare einarbeiten zu können.

Erhalt von Arbeitsplätzen ist ein Ziel

Da ist einerseits die klassische gewerkschaftliche Bildungsarbeit, um Betriebsräte für grundsätzliche Themen in ihren Unternehmen auf der Höhe zu halten: Altersteilzeit, Arbeitszeitkonten, Schichtplangestaltung, Arbeitsschutz und etliches mehr. Aber deutlich in der Vordergrund schieben sich auch Themen wie Digitalisierung und wie sich die Arbeitswelt vor diesem Hintergrund verändert. „Ein wichtiges Ziel, was Gewerkschaften im Prinzip und auch wir hier mit unseren Bildungsangeboten anstreben, ist der Erhalt von Arbeitsplätzen“, so der 56-Jährige.

Betriebsräte forcieren Veränderung im Betrieb

Auf dem Gelände der Bildungseinrichtung wurde ein Kräutergarten angelegt.
Auf dem Gelände der Bildungseinrichtung wurde ein Kräutergarten angelegt. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Wirtschaftsunternehmen stehen mit ihren Produktionen unter stetem Veränderungsdruck, neue Produkte müssen geplant, Flexibilität beim Blick auf die Märkte praktiziert werden. „Wir bilden unsere Leute als so genannte Veränderungspromotoren aus, die zurück in den Betrieben in der Lage sind, die nötigen Veränderungen voranzutreiben“, sagt Rohnert. Die IG Metall beobachtet, dass gerade die kleineren, inhabergeführten Betriebe ohne Forschungsabteilungen darauf angewiesen sind, dass die Gewerkschaft als Triebfeder für die Weiterentwicklung funktioniert. „Da suchen wir Antworten auf die Frage: Was wollen wir künftig produzieren?“, berichtet der gebürtige Saarländer. So sei die IG Metall ein unersetzlicher Partner, wenn es darum geht, in der Automobilindustrie oder auch bei den Werften „deutsche Ingenieurkunst im Lande zu halten“, so Rohnert.

Standort soll letztlich klimaneutral werden

Auch der Klimawandel ist im IG Metall Bildungszentrum präsent – in der Seminarlandschaft wie auch als Anforderung an den Standort in Sprockhövel. „Wir streben langfristig Klimaneutralität an“, sagt Rohnert. Kürzlich erst wurden auf dem Gelände der Einrichtung 25 Bäume gepflanzt, für sechs E-Bikes Ladestationen aufgebaut. Um Plastikflaschen überflüssig zu machen, können Seminarteilnehmer mit geschenktem Becher im Haus Wasser aus Zapfstationen bekommen. Der Papierverbrauch soll gesenkt, Probebohrungen zur Nutzung von Geothermie beim Heizen sind bereits durchgeführt worden. „In der Küche haben wir das Konzept geändert“, sagt Hotelchef Gerhard Wagenknecht. Weg von Convenience-Produkten, hin zu frischer regionaler Küche, wo der Jäger aus der Region auch frisches Wild bringt.

INFO

Die Küchenverantwortlichen im Bildungszentrum haben auf dem Gelände einen eigenen Kräutergarten angelegt.

Zudem halten Mitarbeiter 15 Bienenvölker, so dass im Gastronomiebetrieb hauseigener Honig angeboten werden kann.