Sprockhövel. Eine Studie stellt der Stadtbücherei Sprockhövel schlechte Noten aus. Der Gutachter begrüßt aber eine Integration in eine Multifunktionshalle.
Um die Möglichkeiten zur Weiterentwicklung der Stadtbücherei einschätzen zu können, hatte der Stadtrat im vergangenen Jahr 10.000 Euro für ein professionelles Gutachten bereitgestellt. Der beauftragte Bibliothekswissenschaftler Konrad Umlauf aus Berlin kommt jetzt darin zum wenig schmeichelhaften Schluss: Die Sprockhöveler Bücherei habe „zum Sterben zu viel, zum Leben zu wenig“.
Einrichtung sei unterfinanziert
Gute Laune machte die Beschäftigung mit dem 30-seitigen Gutachten im Kulturausschuss nicht. Prinzipiell, schreibt Umlauf, seien die Ressourcen der Bücherei für die Größe Sprockhövels als Mittelzentrum (20.000 bis 30.000 Einwohner) viel zu knapp bemessen. Konkret fordert der Emeritus der Humboldt-Universität, die laufenden Ausgaben von 169.000 Euro auf 238.000 Euro zu erhöhen, eine zusätzliche Vollzeitstelle einzurichten und auch die Publikumsfläche an beiden Standorten um fast die Hälfte zu vergrößern.
Große Leistung von Haupt- und Ehrenamtlern
Bodo Middeldorf, der im Rahmen seiner Bürgerveranstaltungen vergangene Woche beim Büchereistandort Haßlinghausen vorbeigeschaut hatte, wurde von der Büchereileitung darüber informiert, dass aufgrund der Haushaltssperre der Förderverein Lesezeichen mit 700 Euro eingesprungen sei, um dringend notwendige neue Medien erwerben zu können. „Die Situation in unserer Einrichtung kann überhaupt nur durch das große Engagement der Haupt- und der Ehrenamtlichen erträglich gestaltet werden“, sagte der FDP-Politiker. Der Gutachter hatte zudem moniert, dass die dünne Personaldecke und die Tatsache, dass Sprockhövels Bürger viel Kaufkraft haben, die Besucherfrequenz in der öffentlichen Einrichtung niedrig halten – drei bis fünfmal so viel Ausleihen wie aufgeführt wären normal, so Umlauf. „Die Leute kaufen sich die Bücher lieber selbst, als lange auf eine Neuerscheinung zu warten“, folgerte Middeldorf.
Multifunktionsgebäude kann erst in Jahren gebaut werden
Als überaus positiv hatte Professor Umlauf dagegen die Überlegungen der Stadt herausgestellt, die Bücherei im Rahmen des Integrierten Handlungskonzeptes für Haßlinghausen fit für die Zukunft zu machen. Dabei soll es um eine neue Begegnungsstätte gehen, die am Platz der heutigen Dreifachsporthalle neben der Gesamtschule entstehen soll. Im Ausschuss machte Ralph Holtze, Leiter der ZGS, deutlich, dass bis zur Umsetzung eines dort geplanten Multifunktionsgebäudes mit Bücherei, Café und Begegnungszentrum für die Bürger noch etwa gut drei Jahre ins Land gehen können, zumal wegen der Sanierung der Gesamtschule die Fläche der jetzigen Halle für Container genutzt werden muss.
Grüne kritisieren Abwesenheit des Gutachters
Die Grünen kritisierten, dass der Verfasser des Gutachtens zur Beantwortung von Fragen nicht selbst gekommen sei, die CDU votierte dafür, alle Planungen für eine künftige Bücherei dem im nächsten Jahr zu wählenden Stadtrat zu überantworten. Mit den Stimmen von SPD, FDP und WfS wurde die Verwaltung beauftragt, die vorliegende Studie als Grundlage für ein zukunftsweisendes Entwicklungskonzept der Stadtbücherei in einer Multifunktionshalle zu nutzen.