Sprockhövel. . Standort Niedersprockhövel verzeichnete 2017 rasanten Mitgliederschwund. Vorschlag der Verwaltung: Standesamt könnte dort einziehen .
In Sachen Bücherei will die Stadtverwaltung wohl künftig ihr Angebot auf den Standort Haßlinghausen konzentrieren und die Niedersprockhöveler Abteilung schließen. Dagegen richtet sich im Vorfeld der Kulturausschusssitzung am kommenden Montag (17.30 Uhr, Sitzungssaal im Rathaus Haßlinghausen) Protest vonseiten der grünen Ratsfraktion und des Fördervereins „Lesezeichen“.
„Lesezeichen“ kritisiert die Pläne
Hintergrund ist zunächst ein anderes Problem, das mit bedrucktem Papier nichts zu tun hat: Das Rathaus platzt aus allen Nähten, es fehlen Arbeitsplätze für die 130 dort arbeitenden Mitarbeiter und elf Auszubildende. Für viel Geld könnte am Rathausplatz baulich erweitert werden, weitaus günstiger käme dagegen als Ausweichmöglichkeit eine Unterbringung in den Räumen des Büchereistandorts Niedersprockhövel im Bürgerhaus. Der Verwaltungsvorschlag sieht vor, dort künftig lediglich freitags von 8 bis 12 Uhr ein „Umschlaglager“ bereit zu stellen, wo Ausgabe und Rücknahme von Büchern angeboten wird. Gut 175.000 Euro kosten die Büchereien pro Jahr, die Mitgliederzahlen sind von 1139 (2015), 1006 (2016) auf zuletzt 625 (2017) gesunken. In Niedersprockhövel waren das 288 aktive Büchereifreunde im vergangenen Jahr; besucht wurde die Einrichtung insgesamt 3680 Mal. Die Verwaltung kalkuliert bei jedem Aktiven unter dem Strich alle fünf Wochen eine Ausleihe und begründet so das Vorhaben, diesen Standort schließen zu können.
Doch kampflos wird das nicht ablaufen, für den Bücherei-Förderverein „Lesezeichen“ argumentiert Brigitte Hausherr gegen die Schließungspläne. Es sei eine „Ohrfeige für alle, die in der und für die Bücherei arbeiten“, schreibt sie. Auch die Begründung gesunkener Ausleihzahlen lässt sie nicht gelten, dafür trage die Stadt die Verantwortung: „ Es gibt keine eigene Leitung der Bücherei, die wurde von der Leiterin der Stadtbücherei Schwelm mit übernommen. Freigewordene Stellen wurden nicht ersetzt. Die viel zu enge Personaldecke führt zu Schließungszeiten wenn jemand krank wird oder Urlaub hat. Die Öffnungszeiten können nicht sicher gewährleistet werden und interessierte Leserinnen und Leser stehen mehrfach vor verschlossenen Türen“, kritisiert Brigitte Hausherr.
Das motiviere nicht, sich überhaupt noch auf den Weg zu machen, und zeige sich in den Ausleihzahlen. Die Bücherei, gibt Hausherr zu bedenken, sei auch eine sozial wichtige Einrichtung: „Sie bietet neben Literatur und digitalen Medien für die Freizeitgestaltung einen kostengünstigen und wohnortnahen Zugang zu Informationen, Bildung und Kultur.“ Sie unterstütze Schüler und die Bürger, die aus finanziellen Gründen nicht in der Lage sind, sich Bücher zu kaufen oder mit dem Auto oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln in einen anderen Stadtteil zu fahren, um dort Medien auszuleihen. Überdies bestehe durch die Fernleihe innerhalb weniger Tage die Möglichkeit, jede Fachliteratur zur Ausleihe zu besorgen.
Aus Sicht der Grünen werden den Fraktionen erneut vollendete Tatsachen vorgesetzt. Nachdem die letzte Sitzung mangels Tagesordnungspunkten ausgefallen ist, bekommen die Ausschussmitglieder vollkommen überraschend fertige Planungen der Umnutzung der Räumlichkeiten der Bücherei inklusive Zeichnungen vorgesetzt als Alternative zum Rathausneubau.
Man fühle sich überrumpelt, so der Grüne Alexander Karsten. Die Vorlage, die von der ZGS verfasst wurde, sei so erstellt, als wenn es keine Alternativen gäbe, moniert Karsten.