Sprockhövel. Vier Jahre Fusion der evangelischen Kirchengemeinde Bredenscheid-Sprockhövel. Das Zusammenwachsen schreite gut voran, sagt Pfarrerin Rienermann.

Eine Fusion löst immer Ängste bei Menschen aus, die eigene Identität aufgeben zu müssen, geschluckt und überrannt zu werden. Nicht anders war es vor einigen Jahren, als die beiden Kirchengemeinden Bredenscheid und Sprockhövel zusammengelegt wurden. „Jetzt ist schon deutlich mehr Entspannung angesagt“, freut sich Pfarrerin Heike Rienermann. Auch sie habe es unterschätzt, wie lange es doch dauert, bis die Gemeinden, die völlig anders aufgestellt sind, zusammenwachsen.

Große und kleine Gemeinde ergänzen sich

„Es braucht einfach Zeit. Viel Zeit“, sagt Pfarrerin Rienermann, die 2015 auch eine Zeit lang Stellvertreterin des Superintendenten war. „Ich habe lernen müssen, langsamer zu laufen.“ Vor allem bei der kleineren Gemeinde Bredenscheid waren schon große Ängste da, als kleinerer Partner überrollt zu werden. Aber genau das habe man versucht zu vermeiden und bewusst daran gearbeitet, dass sich niemand übervorteilt fühlt. Es gebe viel, das eben auch ergänzend funktioniert. Es konnte nicht alles beibehalten werden, aber es wurde immer versucht, dass jede Gemeinde sich mit dem einbringt, was gelebt und geliebt wird. Das sind die Chöre, die Konfirmandentreffen, Feste zum Erntedank und zum 1. Advent, die Jubelkonfirmanden und der Neujahrsempfang.

Pfarrerteam teilt sich die Aufgaben

Das Pfarrteam, Arne Stolorz, Martin und Marianne Funda und eben Heike Rienermann haben sich die Aufgaben aufgeteilt. Jeder ist natürlich gleichermaßen Ansprechpartner, aber jeder hat auch inhaltlich und räumlich sein eigenes Arbeitsfeld. Arne Stolorz hat in Niedersprockhövel den Schwerpunkt Arbeit mit Senioren, Martin Funda kümmert sich in Bredenscheid-Stüter um die Arbeit mit Kindern und Kindergärten, Marianne Funda betreut in Niedersprockhövel Senioren- und Frauengruppen und sie selbst mache in Ober- und Niedersprockhövel die Konfirmanden-, Jugend- und Geflüchtetenarbeit.

Wichtiger Beitrag zur Fusion durch den Kirchenmusiker

Ropudani Simanjuntak ist Kirchenmusiker der evangelischen Kirchengemeinde Bredenscheid-Sprockhövel – hier bei einem Konzert in der Zwibelturmkirche.
Ropudani Simanjuntak ist Kirchenmusiker der evangelischen Kirchengemeinde Bredenscheid-Sprockhövel – hier bei einem Konzert in der Zwibelturmkirche. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

„Vor allem auch mit dem neuen Kirchenmusiker, den wir eingestellt haben, wachsen die Gemeinden zusammen. Dani Simanjuntak versteht es ausgezeichnet, eine hervorragende Schnittmenge bei den Chören herzustellen, aber das bezirksspezifische Profil beizubehalten“, schwärmt Heike Rienermann vom Talent des Indonesiers. Mittlerweile sei es eine Großgemeinde mit Vielfalt. Bredenscheid zum Beispiel habe immer eine familiäre Struktur gehabt und das solle auch so bleiben. Zum Thema Symbiosen: „Wer sonntags Dienst hat, macht dann die beiden Gottesdienste in Bredenscheid und in Sprockhövel“, erklärt Heike Rienermann. Grundsätzlich verharre man nicht im Stillstand, sagt die Pfarrerin. „Wir haben uns ein Leitbild verfasst, es wird ein Logo für Briefköpfe entwickelt. Im vergangenen Jahr wurde gemeinsam ein Konzeptpapier erstellt, das gut beschreibt, wo die Gesamtgemeinde mit ihrer Schnittmenge agiert und wo die bezirksspezifischen Unterschiede geachtet und bewahrt bleiben. Denn die Ränder an der Schnittmenge sollen durchaus weiter ihre Eigenarten und gewachsenen Strukturen beibehalten. Niemand soll seine Identität aufgeben müssen.

Respekt für unterschiedliche Traditionen

Für beide Gemeinden gelte: Sie fühlen sich vom Evangelium und von Gott getragen. Sie orientieren sich an der Bibel und am Menschen. Sie bilden Profile an den Standorten für die Gesamtgemeinde aus. Sie respektieren unterschiedliche Traditionen. Für alle gilt, dass sie sich besonders um alte Menschen, Kinder und Jugendliche kümmern. Es gibt viele musikalische Gruppen und gemeinsame Konzerte. Alle setzen sich besonders für Geflüchtete und Menschen in Palästina ein. Es wird gerne in Gemeinschaft gegessen und gefeiert.

Familiäres Bredenscheid, gutbürgerliches Milieu in Sprockhövel

Aber auch die kulturellen Unterschiede wurden schriftlich festgehalten: Für Sprockhövel gilt zum Beispiel das Selbstverständnis, dass es eine Großgemeinde mit Vielfalt und einem gutbürgerlichem Milieu ist. Für Bredenscheid ist das Selbstverständnis, dass es eine Kleingemeinde mit familiärer Struktur ist und eine Verbundenheit mit der Landwirtschaft aufweist.„Wir alle haben uns sehr viel Mühe gemacht, sowohl die Gemeinsamkeiten, als auch die besonderen Strukturen aufzuzeigen, so dass wir eine Grundlage haben, an der sich alle Gemeindemitglieder orientieren können und sich auch darin wiederfinden“ erklärt Pfarrerin Heike Rienermann. Das Zusammenwachsen braucht Zeit, ist aber auf einem guten Weg.

INFO

Nach einem langen Diskussionsprozess wurde im Frühjahr dieses Jahres das Leitbild der Evangelischen Kirchengemeinde Bredenscheid-Sprockhövel veröffentlicht. Es gibt zum Beispiel ein gemeinsames Presbyterium, zwei Orgelstellen, die sich die Dienste bezirksübergreifend teilen, zentrale Gottesdienste an den Feiertagen.

„So mischen wir uns ein, lieben die Vielfalt, machen Musik, bruzzeln was Scharfes, geben Asyl, haben Honigbienen, glauben an Gott“, heißt es. Zum Schluss steht der Satz: Der Herr ist unser Hirte – uns wird nichts mangeln (nach Psalm 23). „Wir nehmen auch Wölfe...“