Innenstadt. . Jahrzehntelang bezauberte ein Glockenspiel Besucher der Oberhausener Marktstraße. Nach dem Verkauf des Hauses verschwand es.
Die Frage, wie man der Oberhausener Innenstadt neues Leben einhauchen und sie für Besucher attraktiver machen kann, wird seit Jahren intensiv diskutiert. Für Kunden hat die City individuelle Geschäfte verloren – und auch Kleinode sind verschwunden. Ein Beispiel ist das Glockenspiel, das vor Jahrzehnten am ehemaligen Balke-Haus an der Marktstraße 69 die Menschen zum Anhalten und Zuhören veranlasste.
Gerd Lepges, seit jeher an der Marktstraße daheim, erinnert sich noch gut, obwohl das Glockenspiel schon Mitte der 80er Jahre verschwunden ist: „Na klar, das war immer schön. Und das war schon da, als ich geboren wurde – also schon vor 65 Jahren.“
Glocken im Krieg eingeschmolzen
Marlies Balke weiß mehr darüber. Sie ist die Ehefrau von Klaus Balke, dem letzten Spross der Uhrmacher-Familie, die das Haus samt Glockenspiel bis Mitte der 80er Jahre besaß. „Das Glockenspiel ertönte erstmals am 5. Oktober 1929. Der Urgroßvater meines Mannes, Georg Balke, hatte wohl die Idee dazu. Es wurde schnell zum Erkennungszeichen des Geschäftes.“
Im ersten Stock des Uhren Balke-Gebäudes zierten große Glocken ein Fenster. Rechts und links befanden sich kleine Figuren, unter anderem eine Katze. Doch dann kam der Zweite Weltkrieg und mit ihm verschwand das Glockenspiel zum ersten Mal. „Es war aus Eisen und galt damit als kriegswichtiges Material. Es wurde beschlagnahmt und eingeschmolzen“, erinnert sich Marlies Balke. Doch so sollte das Haus nicht so bleiben; nach dem Krieg ließ die Familie das Glockenspiel wieder aufbauen. Es spielte das Lied „Üb’ immer Treu und Redlichkeit“. Es gab noch viel mehr Lieder. Passend zur Jahreszeit und zu besonderen Feiertagen wie Weihnachten seien andere Weisen aufgelegt worden, sagt Balke: „Im Geschäft stand ein Kasten, in den wurden die Walzen mit den jeweiligen Liedern eingelegt und die Melodie von dort auf das Glockenspiel übertragen.“
Das Schicksal der Glocken und Figuren
Seine Glanzzeit erlebte das Glockenspiel um 1966, als es auf 16 Glocken aufgestockt wurde und auch zwei neue Figuren erhielt: An den Seiten des Fensters standen fortan ein Bergmann und ein Hüttenarbeiter.
Die Premiere des erweiterten Glockenspiels wurde am 8. Oktober 1966 gefeiert. Marlies Balke: „Es kamen hunderte Menschen, um das mitzuerleben. Überhaupt übte das Spiel immer eine große Anziehungskraft auf die Menschen aus. Auch auf mich.“ In den Folgejahren erklang das Glockenspiel um 11, 12, 16 und 17 Uhr mit volkstümlichen und besinnlichen Weisen.
Nach dem Besitzerwechsel dann verschwand das Kleinod sang- und klanglos; das Schicksal der Glocken und Figuren kennt auch Marlies Balke nicht.