Oberhausen. Die Schwestern Doris und Ursula Kreienberg wuchsen in Oberhausen Königshardt im Schatten eines rund 150 Jahre alten Exemplars auf.

  • Die Königshardter Winterlinde ist eine stattliche Vertreterin des Baums des Jahres
  • Bis zu tausend Jahre alt können diese Bäume an günstigen Standorten werden
  • Die Bedingungen sind dafür jedoch an der asphaltierten Straße nicht optimal

Einsam steht sie auf der Nordseite der Hünenbergstraße, unweit des Hiesfelder Waldes. Im Wald selbst würde sie mit ihrer Pracht gar nicht auffallen – die Winterlinde vor Haus Nummer 269. Rund 150 Jahre alt ist das 21 Meter hohe Exemplar im Vorgarten der Schwestern Doris und Ursula Kreienberg. „Wir sind hier mit ihr aufgewachsen“, sagen sie. „Sie macht uns Freude, aber auch viel Arbeit. Aber wir möchten sie nicht missen.“

Die Winterlinde ist nicht nur Naturdenkmal, sondern auch eine stattliche Vertreterin des Baums des Jahres. Im Juni und Juli steht sie in ganzer Pracht: Sie blüht. Ihren Namen hat sie, weil sie zwei Wochen später als ihre Schwester, die Sommerlinde, blüht. Krone und Blätter sind herzförmig. Deshalb heißt sie auch „Baum der Liebe“.

Deutlich älter als die beiden Häuser in der Nähe

„Als Kind wollten wir raufklettern“, erzählen die Schwestern. Aber sie seien nicht weit gekommen. Stattliche 4,60 Meter misst der Stammumfang in Brusthöhe. Mit rund 150 Jahren ist die Winterlinde deutlich älter als die beiden Häuser in der Nähe. Das Haus der Urgroßeltern der Schwestern stammt aus der Zeit um 1900, das Elternhaus, das sie heute bewohnen, aus den 1970er Jahren.

Der Baum in ihrer Nähe ist gerade einmal aus dem Heranwachsendenalter heraus. Bis zu tausend Jahre alt können diese Bäume werden. Dann erreicht der Stamm gerne zehn Meter Umfang. Die Bedingungen dafür dürften hier aber nicht so gut sein. Seit Anfang der 1960er Jahre ist die Hünenbergstraße asphaltiert, „wegen der Busverbindung“, sagen die Schwestern. Doch zu guten Standortbedingungen gehört ein luft- und wasserdurchlässiger Boden. Hitze und Kälte erträgt die Winterlinde gut. Sonst würde man sie nicht von Westfrankreich bis nach Russland hinter dem Ural finden. Nur in Spanien, Schottland und Norwegen ist sie nicht heimisch.

Blütenduft zieht Bienen an

„Ein offener Schuppen stand davor. Auf der anderen Straßenseite gab es eine Milchbank“, erinnern sich die Schwestern. Im Hof habe es früher ein Backhaus gegeben. „Ein Großonkel hat es später als Werkstatt für Holzschuhe genutzt.“ Gesellige Anlässe, die die Winterlinde in alter Zeit oft zum Mittelpunkt von Dorfplätzen werden ließ, lassen sich an der Hünenbergstraße nicht ausmachen.

Was die Linde in unseren Breiten so beliebt macht, ist neben ihrer Schönheit der Duft ihrer Blüten. Sie ziehen Bienen an. So gilt sie auch als der Baum der Imker. „Stimmt. Im Garten standen früher Bienenstöcke“, erinnern sich die Schwestern Kreienberg. Und im Baum selbst würden sich im Sommer die Hummeln nur so tummeln.

Forstwirtschaftlich ist die Winterlinde uninteressant. Ein ausgewachsener Baum bringt nur 500 Euro. Das weiche Holz mache sie aber bei Schnitzern beliebt. Ob ihr Großonkel aus ihrem Holz Schuhe gefertigt hatte, wissen die Schwestern nicht. In Oberhausen sind nur zwei Winterlinden als Naturdenkmale ausgewiesen.