Oberhausen. . Elfriede Bultink kam 1963 nach Sterkrade, um bei ihrer Schwester zu kellnern. Sie blieb, übernahm die Kneipe „Im Krug“ mit bald mit vielen Stammgästen. Nun ist Schluss

Viel erzählen mag Elfriede Bultink eigentlich nicht. Die 74-Jährige sitzt im Schaufenster ihres Ladenlokals an einem Holztisch, legt ihren Arm auf die gemusterte Decke und dreht sich etwas von ihrem Gegenüber weg. Lang sei es am Vorabend gewesen, sagt Bultink – der Anlass dazu war alles andere als erfreulich: Von zwei Uhr mittags bis Mitternacht seien Leute gekommen, Gäste, Freunde und Bekannte. Sie alle wollten sich verabschieden von Elfriede Bultink.

Über 50 Jahre lang hat sie die Kneipe „Im Krug“ in Sterkrade geführt. Am Dienstagabend hat die Gaststätte geschlossen. Für viele Menschen im Stadtteil war das kleine Lokal mit Gardinen in den Fenstern, Fliesenboden und hölzerner Theke ein Treffpunkt im Viertel. Elfriede Bultink sei mit ihrer Kneipe ein Urgestein gewesen, heißt es anerkennend über die 74 Jahre alte Wirtin.

Ihren Betrieb eingestellt hat sie derweil nicht wegen ihres Alters. Der Eigentümer des Gebäudes, in dessen Erdgeschoss die einräumige Kneipe 1960 eröffnet worden war, hat gewechselt. Der neue Inhaber wolle den Raum selbst nutzen, wohl für ein Büro, heißt es im Krug. „Sonst hätte ich mit meinen Gästen weitergemacht“, meint Bultink. Auch wenn ihre Arbeit schwieriger geworden sei: Das gesetzlich verordnete Rauchverbot etwa, sagt die Wirtin, „hat uns Kneipen das Genick gebrochen“.

Jede dritte Kneipe geschlossen

Striktere Gesetze, aber auch die veränderte Nachfrage der Kunden erschwerten das Kneipengeschäft, sagt auch ein Sprecher des Gaststättenverbands Dehoga NRW. Statt auf ein Feierabendbier trifft man sich heute in Bars oder Bistros. NRW-weit wurde laut Bundesstatistikamt zwischen 2000 und 2010 knapp jeder dritte Schankbetrieb geschlossen, bis 2014 waren es weitere 1000. In Oberhausen gibt es rund 90 Schankbetriebe.

Für Elfriede Bultink war das Gaststättengewerbe sogar der Grund, überhaupt nach Oberhausen zu kommen. 1963 reiste sie aus Cloppenburg an, weil sie ihrer Schwester helfen wollte. Deren Mann war tödlich verunglückt. Die einst gemeinsam mit ihm betriebene Kneipe konnte die Schwester alleine nicht führen. „Also bin ich hergekommen, habe drei Jahre lang gekellnert und die Kneipe dann übernommen.“ Bultink heiratete in Oberhausen, bekam einen Sohn und führte die Gaststätte nahe dem Sterkrader Zentrum. Früher habe sie täglich ab 10 Uhr und oft bis spät nachts geöffnet, Schichtarbeiter der Zeche gehörten zu ihren Kunden. Zuletzt hatte die Kneipe an zwei Tagen in der Woche zu.

„So, jetzt ist es genug“, sagt die Wirtin plötzlich und steht von dem Holztisch am Fenster auf. Noch ist vieles ein- und zusammenzuräumen – eine lange Tradition in Sterkrade geht zu Ende.