Oberhausen-Sterkrade. . An der Jägerstraße hat die Stadtverwaltung Mehrfamilienhäuser genehmigt. Der Einspruch der Nachbarn war zwecklos. Und vor Gericht haben sie verloren.

Als Eigenheimbesitzer plötzlich Mehrfamilienhäuser hinter den Garten gesetzt zu bekommen? So ist es auch Albert Brinkmann an der Jägerstraße ergangen. Er fühlte sich an eigene Erfahrungen erinnert, als er in dieser Zeitung von Michael Fenger aus Klosterhardt las. Fenger hatte 2012 an der Harkort­straße in Klosterhardt ein Eigenheim gebaut.

Dabei hatte er auf die Zusage des Verkäufers seines Grundstücks vertraut, auch seine künftigen Nachbarn würden dort Ei­genheime bauen. Tatsächlich entstehen dort aber Mehrfamilienhäuser. Bei den Brinkmanns verwandelte sich früheres Kirchengelände in eine Mehrfamilienhaus-Siedlung.

Seit 1995 bewohnen sie dort an einer Sackgasse ihr Eigenheim. Ihr Garten grenzte 20 Jahre lang an den katholischen Kindergarten St. Pius, einen Flachbau. „2010 wurden uns Pläne vorgestellt, die von 1961 stammende Kirche zum Mittelpunkt eines Wohnparks für Jung und Alt umzugestalten“, berichten die Eheleute. Daraus wurde aber nichts. 2011 wurde dann bekannt, dass an Stelle der Kirche zwei Mehrfamilienhäuser vorne an der Försterstraße gebaut würden.

Keine Rücksicht auf die Nachbarn genommen

Das störte die Brinkmanns nicht, lagen diese Häuser doch weit entfernt. Als auch der Kindergarten aufgegeben wurde, wurden sie hellhörig. Auf Nachfrage erfuhren sie bei der Stadt, dass das gesamte Kirchengelände künftig mit sechs Mehrfamilienhäusern bebaut würde. „Architekt war der CDU-Landtagsabgeordnete Wilhelm Hausmann“, berichtet der Diplom-Ingenieur.

Mit dieser neuen Nachbarschaft aber konnten sich fast alle Anwohner der Sackgasse nicht anfreunden. Rücksicht wurde darauf nicht genommen. „Wir haben damals mit zehn anderen Nachbarn Einspruch eingelegt. Und der wurde abgewiesen“, erzählt der 62-Jährige. So blieb ihm nur die Klage vor dem Verwaltungsgericht. „Alle anderen Nachbarn hatten keine Rechtsschutzversicherung.“

An Sechs-Familien-Haus orientiert

Aber die Klage war vergeblich. „Es wird nur geprüft, ob nachbarschützende Vorschriften verletzt wurden“, sagt Albert Brinkmann. Das aber sei mit Abständen zur neuen Wohnbebauung von 17 Metern und zu deren Garagen von fünf Metern nicht der Fall. „Und bei der Frage, ob gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstoßen wurde, spielte die Geschossigkeit der Häuser keine Rolle.“ Die Stadt aber habe die Bedingung für die Baugenehmigungen, dass sich die neuen Häuser in die Umgebung einfügen müssen, an einem Sechs-Familien-Haus am Ende ihrer Sackgasse festgemacht. Ihre viel näher stehenden Eigenheime hätten keine Rolle gespielt. Überhaupt hätten die neuen Häuser nur gebaut werden können, weil das Gelände abgesenkt wurde.

„Wir haben jetzt vor und hinter unserem Haus eine Straße. Garagentore werden früh geöffnet und spät geschlossen. Und das nahe unserer Ruhezone“, schildern die Eheleute ihre Lage. Dagegen habe die Stadt argumentiert, der Kindergarten habe auch Lärm verursacht. „Aber der war erstens vor uns da. Und er war geschlossen, wenn nachmittags un­sere Freizeit begann, am Wochenende ja auch.“

Der ganz legale Trick bei den neuen Häusern bestehe darin, dass sie rechtlich zweieinhalbgeschossig seien, tatsächlich aber vier bewohnte Etagen hätten, gleich zwei davon im Satteldach.

Rechtlich möge das zulässig sein. Aber politisch sei es fragwürdig. Die Brinkmanns fragen sich genauso wie Michael Fenger in Klosterhardt, wieso die Stadt auch in ihrem Fall keinen Bebauungsplan aufgestellt hat.

Dann hätten die Nachbarn ihre Kritik in eine Bürgeranhörung und somit vor die zuständigen Kommunalpolitiker tragen können. Vielleicht wäre ein Kompromiss dabei herausgekommen. Aber Baugenehmigungen wie die an der Försterstraße mit 44 Wohnungen laufen in Oberhausen am Rat vorbei.

Wie der Rat der Stadt eingreifen kann

Besteht in ei­nem Gebiet kein Bebauungsplan, kann ein Gebäude in einem einfachen Verwaltungsakt genehmigt werden, wenn es sich in die nähere Umgebung einfügt. Zuständig dafür in Oberhausen: die Stadtverwaltung.

Besteht dagegen ein Bebauungsplan, muss sich die Bebauung an die vom Rat der Stadt erlassenen Vorgaben halten. Die wiederum durfte der Rat nur machen, wenn die Bürger vorher Gelegenheit hatten, ihre Anregungen und Bedenken dazu vorzubringen. Diese Belange mussten dann zusammen mit den öffentlichen Belangen und denen des Investors so abgewogen werden, dass ein Gericht das später nachprüfen kann.